Lindenfels. Die sich im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine abzeichnende Energiekrise beschäftigte die Lindenfelser Stadtverordnetenversammlung. SPD, Grüne und FDP formulierten einen Prüfantrag an den Magistrat zur Erarbeitung eines Energiekonzeptes für den Winter 2022/23. Es sei in diesen schwierigen Zeiten ein wichtiges Zeichen an die Bürger, dass sich Parlament, Magistrat und Verwaltung mit dem Komplex Sicherung der Energieversorgung und Energiesparmaßnahmen befasse, erläuterte Thomas Bauer (SPD).
Im Rathaus hat man das Thema sowie Notfallszenarien im Blick, erklärte Bürgermeister Michael Helbig auf eine entsprechende Nachfrage aus dem Plenum. Die Kontrakte mit Strom- und Gasversorger liefen bis Ende des Jahres. Vertragsgespräche mit den Energieunternehmen stünden demnächst an.
Die städtischen Ölspeicher seien gefüllt. Die Kosten dafür hätten sich im Vergleich zur letzten Befüllung wegen der angespannten Lage auf dem Energiesektor allerdings in etwa verdoppelt, schätzte Helbig.
Dagmar Pfeil (CDU) wollte wissen, wie die Stadt für den Fall eines Blackouts etwa als Folge des verstärkten Gebrauchs von Heizlüftern in Privathaushalten während des Winters aufgestellt ist. Helbig schloss einen durch Heizlüfter verursachten Stromausfall nahezu aus. „Die Menschen bei uns sind vernünftig.“ Unabhängig von der Ursache könne ein großflächiger Stromausfall allerdings zu erheblichen Komplikationen führen. „Dann stehen wir vor einem ziemlichen Problem.“
Die Versorgung mit Frischwasser aus den Hochbehältern könne nur für wenige Tage aufrechterhalten werden, danach müsse auf Brauchwasser umgestellt werden. Die der Stadt zur Verfügung stehenden Generatoren – ein großer der Feuerwehr, mehrere kleine des Bauhofes – könnten die für die Wasserversorgung nötigen Strommengen nicht erzeugen, sagte der Rathauschef.
Solarthermie wird geprüft
Die Stadtverordnetenversammlung sprach sich ohne Gegenstimme für die Erarbeitung eines Energiekonzeptes aus. Ebenfalls angenommen wurde ein weiterer Prüfantrag von SPD, Grüne und FDP zu den Ausbaukapazitäten von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen auf städtischen Liegenschaften. Hier sollen geeignete Flächen, beispielsweise Dächer von städtischen Gebäuden oder brachliegende Äcker, benannt werden, die für die Installation der Technik infrage kommen.
Rudi Schmidt (LWG) warnte in diesem Zusammenhang angesichts der Preisentwicklungen auf dem Strommarkt vor einem Minusgeschäft. Die derzeit sinkende Einspeisevergütung führe bei gleichzeitig ansteigendem Strompreis zu einer sinkenden Rendite und dadurch letztlich zu einer geringeren Förderung solcher Anlagen.
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Höchst unterschiedlich stellte sich das Meinungsbild im Parlament dar bei einem Antrag der Grünen, der dem Personalmangel in den beiden örtlichen Kindertagesstätten entgegenwirken soll. Die Grünen plädieren aufgrund der aktuellen Personalnot auf diesem Sektor dafür, die Zulassungsvoraussetzungen für die Mitarbeit in Kitas zu ändern.
Um kurzfristig eine Entspannung der Situation zu ermöglichen, sollten zumindest vorübergehend auch Personen zugelassen werden, deren Qualifikation bisher nicht ausreichend sei, die aber die Bedingungen für eine „gleichwertige Arbeit“ erfüllen würde. Dies könne durch vergleichbare Abschlüsse, Berufserfahrungen und Fortbildungsmaßnahmen gewährleistet werden, heißt es dazu im Schriftsatz der Grünen.
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Ruoff wies darauf hin, dass ein solch flexibles Prozedere in anderen Bundesländern, etwa in Baden-Württemberg, in einem gewissen Rahmen durchgeführt werde. „Mir erschließt sich nicht, warum das in Hessen nicht gehen soll.“
Knappe Mehrheit für die Grünen
Die Entscheidung über eine Änderung der Zulassungsvoraussetzungen liegt allerdings nicht bei der Stadt, sondern ist auf höheren Ebenen angesiedelt. Entsprechend war in dem Antrag der Grünen die Bitte an den Magistrat formuliert, in dieser Sache mit dem Kreis Bergstraße, dem Land Hessen sowie Landtagsabgeordneten Kontakt aufzunehmen.
Innerhalb der Fraktionen im Parlament wurden unterschiedliche Ansichten deutlich. Fraktionsvorsitzender Thomas Bauer kündigte ein uneinheitliches Abstimmungsverhalten für die SPD an. Ingo Thaidigsmann (SPD) erkannte in der Gleichsetzung der teilweise unbezahlten beziehungsweise unterbezahlten fünfjährigen Erzieherausbildung mit verwandten oder ähnlichen Qualifizierungen eine „Diskreditierung“ der Erzieher, die sich unter Umständen negativ auf das Lohnniveau auswirken könnte.
Rudi Schmidt (LWG) gab zu bedenken, dass sich die beiden Lindenfelser Tagesstätten in Trägerschaft der evangelischen Kirche befinden. Die Verträge zwischen Stadt und der evangelischen Kirche wurden vor Kurzem um drei Jahre verlängert. Daher müsse in dieser Sache der Austausch mit dem kirchlichen Träger gesucht werden. Der Antrag der Grünen wurde mit knapper Mehrheit angenommen: 15 Stadtverordnete votierten dafür, 13 stimmten dagegen, zwei enthielten sich der Stimme.
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