Gesundheitstage

Heilpflanzengarten in Lindenfels: Die Apotheke aus früheren Zeiten

Gesundheitstage: Inge Morckel berichtete im Lindenfelser Heilpflanzengarten über Wildpflanzen und deren Wirkungen.

Von 
Jutta Haas
Lesedauer: 
Inge Morckel © Thorsten Gutschalk

Lindenfels. In der heutigen Zeit gibt es viele Möglichkeiten, um gesund zu bleiben und viel Hilfe, um gesund zu werden. Mit gesundheitlichen Einschränkungen, auch im Alter, können die Menschen trotzdem gut leben. Davon zeugte das Angebot bei der Gesundheitsmesse in Lindenfels.

Dabei wurde auch ein Besuch im Lindenfelser Heilpflanzengarten mit Inge Morckel angeboten. Der Garten liegt direkt an der Burgmauer und präsentiert viele Heilpflanzen. Um deren Anbau kümmerten sich im Mittelalter die Bewohner der Kloster. Sehr bekannt wurde die Äbtissin Hildegard von Bingen (1098 bis 1179).

Über viele Jahrhunderte hinweg hatten die Menschen nur die Möglichkeit, Heilung durch Pflanzenkenntnisse und Gebete zu erringen. Mit Heilpflanzen kannten sich auch die „Weißen Frauen“ oder Hebammen aus, die ihr Wissen über Generationen weitergaben. Meist sammelten sie selbst die Heilpflanzen in der Natur. Ärzte gab es kaum.

Mediziner verfolgten damals die Vier-Säfte-Lehre. Blut, Schleim, Leber und Galle sollten im Gleichgewicht sein, damit der Mensch gesund ist.„Eine Diagnosestellung erfolgte durch eine Urinschau mit Sehen, Riechen und Schmecken“, berichtete Inge Morckel. Die Arbeit der Ärzte war aber auf die Städte und auf Menschen höheren Standes begrenzt. Das Volk im Allgemeinen war auf die Hilfe der Mönche, der Weißen Frauen und der Bader angewiesen. Letztere zogen übers Land und versorgten die Menschen. Sie konnten sie Zähne ziehen oder Geschwüre öffnen. Zur Unterstützung der teils drastischen Heilmethoden wurden Kräuter eingesetzt.

Lavendel wurde schon gegen die Pest eingesetzt

Ein großer Fortschritt war es, als es dem Apothekergehilfen Friedrich Sertürner (1783 bis 1841) gelang, aus dem Milchsaft des Schlafmohns Kristalle im Labor zu züchten. Er nannte das Substrat Morphium, wie Inge Morckel berichtete. Es wirkt schmerzlindernd und beruhigend. Schlafmohn sei im Lindenfelser Kräutergarten nicht zu finden; die Pflanze dürfe dort auch gar nicht angebaut werden und sei in Deutschland allgemein verboten. Deshalb finden Besucher des Pflanzengartens im Sommer den roten Klatschmohn als Beispiel für eine Mohnpflanze vor.

Obwohl das Jahr schon fortgeschritten ist und die Vegetationszeit ihrem Ende entgegengeht, war im Heilpflanzengarten noch einiges zu finden. Das Laub des Ginkgobaums verfärbt sich langsam. Diese Baumart ist sehr alt. Es gab sie schon zu der Zeit der Dinosaurier, wusste Inge Morckel. Arzneilich wirksam sind die mit einem speziellen Verfahren gewonnen Wirkstoffe aus den Blättern. „Einen Tee zu kochen, macht wenig Sinn, denn mit Wasser sind die Wirkstoffe nicht zu gewinnen.“ Einsatz finden die Medikamente bei Durchblutungsstörungen der kleinen Gefäße. Dieses Verfahren gehört allerdings der jüngeren Arzneigeschichte an.

Dagegen wussten schon die Römer, wie sie den Lavendel verwenden konnten. Die Blüten wurden in Säckchen gefüllt und zur Wäsche gelegt – nicht nur wegen des Duftes, sondern auch zur Mottenabwehr. Heute weiß man um die antibakterielle Wirkung des Lavendels. Zu Pestzeiten wussten die Menschen aber auch schon, dass sie sich mit Lavendel, etwa in den spitz zulaufenden Pestmasken, schützen konnten.

Mehr zum Thema

Premiere

Gesundheitsmesse in Lindenfels: Gesundheit und Prävention im Fokus

Veröffentlicht
Von
Jutta Haas
Mehr erfahren
Gesellschaft

Kreisseniorenbeirat setzt auf Zuhören, Erkennen und Handeln

Veröffentlicht
Von
Frederik Koch
Mehr erfahren
Natur

An der Burgmauer in Lindenfels wachsen viele Heilpflanzen

Veröffentlicht
Von
Gisela Grünwald
Mehr erfahren

Altbekannt ist auch die Wirkung des Wermuts mit seinem typischen Geruch. „Er ist appetitanregend und unterstützt die Verdauung“, berichtete Inge Morckel. Noch blüht auch lilafarben das Eisenkraut. „Es ist bekannt, dass schon die Kelten die Pflanze zu Kränzen geflochten als Kopfschmuck getragen haben. Hildegard von Bingen setzte die Pflanze bei migräneartigen Beschwerden ein.“

Beim Benediktenkraut angekommen, erzählte Inge Morckel, dass es aus dem 17. Jahrhundert Berichte gibt, wonach diese Pflanze bei Krebsgeschwüren Linderung bringen sollte. Zielführender war der Einsatz bei Magenverstimmungen, denn die Pflanze enthält Bitterstoffe.

Viele Berichte gibt es von der Wirkung der Beinwellpflanze. Ihre Wirkstoffe wirken bei stumpfen Verletzungen. In früheren Jahrhunderten wurde sie auch bei Knochenbrüchen eingesetzt – daher stammt der Name.

Ringelblumen unterstützen die Wundheilung

Eine ebenso altbekannte Heilpflanze ist die Ringelblume. Sie wurde nicht nur für Kosmetik benutzt, sondern auch zur Förderung der Wundheilung. Heute weiß man auch um die gute Wirkung auf eine durch Strahlentherapie veränderte Hautoberfläche. Gut für die Schleimhäute im Mund ist der Salbei, von dem jetzt nur noch die Blätter im Garten zu finden sind. Heute werden Tabletten mit konzentriertem Salbeiwirkstoff auch eingesetzt, wenn Menschen sehr stark schwitzen – etwa Frauen in den Wechseljahren.

Am Baldrian angekommen, dem anzusehen war, dass seine Vegetationszeit zu Ende ist, erklärte Inge Morckel, dass die Zeit gekommen ist, die Wurzeln zu ernten. Werden sie getrocknet, dann entfalten sie einen typischen erdigen Geruch. Mit Alkohol verarbeitet, entstehen die Baldriantropfen mit ihren beruhigenden Eigenschaften.

Freie Autorin

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke
  • Burgfest Lindenfels
  • Lindenfels-Festival