Bergstraße. In den vergangenen 20 Jahren hat der Kreisseniorenbeirat Bergstraße eine Vielzahl an Projekten und Initiativen auf den Weg gebracht, die weit über die Kreisgrenzen hinaus Beachtung fanden. Die Geri-Kartenaktion etwa sensibilisiert Autofahrer für Barrierefreiheit im Alltag, ein Flyer zur Schlaganfallprävention führte letztlich zur Einrichtung einer Stroke Unit im Kreis und mit dem Zertifikat „Seniorenfreundliche Betriebe“ werden Unternehmen ausgezeichnet, die ihre Angebote besonders an die Bedürfnisse älterer Kunden anpassen. Ein weiteres Projekt, die Initiative „Belebte Friedhöfe“, verfolgt das Ziel, Friedhöfe nicht nur als Orte der Trauer, sondern auch als Orte der Begegnung zu gestalten. Zudem engagiert sich der Beirat stark im Bereich der Generationenbrücken: So unterstützen Schüler der Erich-Kästner-Schule Senioren im Umgang mit Smartphones und digitalen Anwendungen. Gesundheitstage, Seminare zum Wohnen im Alter sowie Veranstaltungen zur Kriminalprävention runden das breite Spektrum der Arbeit ab.
Der Kreisseniorenbeirat feierte das Jubiläum im Multi Max der Karl-Kübel-Schule in Bensheim. Zahlreiche Gäste, darunter Bundestags- und Landtagsabgeordnete sowie Vertreter aus Politik und Gesellschaft, nahmen an der Veranstaltung teil. Seit seiner Gründung im Jahr 2005 ist der Beirat die zentrale Stimme für die Belange älterer Menschen im Kreis Bergstraße. Parteipolitisch unabhängig arbeitet er seit zwei Jahrzehnten daran, die Interessen von über 90.000 Senioren im Kreis zu vertreten, Netzwerke zu knüpfen und Impulse in Verwaltung und Politik einzubringen.
Die Redner des Jubiläums betonten übereinstimmend die Bedeutung dieses Engagements. Landrat Christian Engelhardt sprach von einer Erfolgsgeschichte, die mit Herz, Tatkraft und Weitsicht geschrieben worden sei.
Bensheims Bürgermeisterin Christine Klein hob hervor, wie wertvoll es sei, Vereinsamung entgegenzuwirken und älteren Menschen durch Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten Teilhabe zu ermöglichen. Der Vorsitzende des Kreisseniorenbeirats, Susanne Hagen, dankte allen Aktiven und machte deutlich, dass das Ehrenamt nur durch den langjährigen Einsatz vieler Mitstreiter erfolgreich sein könne. Dr. Heidrun Mollenkopf von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen lenkte den Blick über den Kreis hinaus und unterstrich, wie wichtig die politische und gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen auch auf nationaler und internationaler Ebene sei.
Die Theatergruppe Spätlese sensibilisiert für Betrugsmaschen
Einen besonderen Akzent setzte der praktische Teil des Nachmittags, der ganz im Zeichen der Kriminalprävention stand. Nach einer kurzen Pause trat die Theatergruppe Spätlese aus Roßdorf bei Darmstadt auf. Sie hat sich darauf spezialisiert, typische Betrugsmaschen, von denen besonders ältere Menschen betroffen sind, in kurzen Spielszenen darzustellen. In Bensheim absolvierten die Laienschauspieler bereits ihren 96. Auftritt. Normalerweise besteht ihr Programm aus fünf Sketchen, die jeweils eine gängige Betrugsform zeigen – vom Enkeltrick über falsche Handwerker bis hin zu Schockanrufen oder Internetbetrug.
Für die Jubiläumsfeier hatten die Schauspieler zwei Szenen ausgewählt. Die erste zeigte, wie dreist angebliche Handwerker vorgehen: Ein Mann klingelt an der Haustür, gibt sich als Heizungsmonteur aus und bittet, den Keller betreten zu dürfen. Die gutgläubige Bewohnerin führt ihn nach unten, wo er sie mit angeblichen technischen Erklärungen hinhält. Währenddessen schleicht sein Komplize durch die Wohnung, durchsucht Schränke und Schubladen und stiehlt Bargeld und Schmuck. Die Szene endete damit, dass die Bewohnerin völlig überrascht ins leere Schmuckkästchen blickt.
Im Anschluss übernahm Polizeihauptkommissarin Simone Stock, die die Gruppe seit über zehn Jahren begleitet. Sie erklärte dem Publikum Schritt für Schritt, wie diese Täter vorgehen und wie man sich schützen kann – etwa, indem man keine fremden Personen ohne vorherige Prüfung ins Haus lässt und bei Zweifeln sofort die Polizei verständigt. Dabei bezog sie die Zuschauer aktiv ein und fragte: „Was ist hier gerade passiert?“ – um die Aufmerksamkeit für die Abläufe zu schärfen.
Noch eindringlicher wirkte der zweite Sketch: ein sogenannter Schockanruf. In der Szene erhält eine Mutter einen Anruf von ihrer weinenden Tochter. Schluchzend berichtet sie, einen schweren Autounfall verursacht zu haben. Kurz darauf übernimmt ein vermeintlicher Staatsanwalt das Gespräch. Mit ernster Stimme erklärt er, die Tochter sitze beim Staatsanwalt und dürfe nur gegen Zahlung einer Kaution wieder nach Hause. Gefordert werden 30.000 Euro. Um den Druck zu erhöhen, wird das Telefon mehrfach hin- und hergereicht: Erst die weinende Tochter, dann der angebliche Staatsanwalt. Am Ende übergibt die Mutter unter Tränen nicht nur das Bargeld, sondern auch Familienschmuck an einen angeblichen Mitarbeiter der Gerichtskasse, der vor der Haustür erscheint.
Auch diese Szene löste Betroffenheit im Saal aus. Simone Stock erklärte im Anschluss, dass es sich dabei um eine der verbreitetsten und perfidesten Betrugsmaschen handle. „Die Täter setzen gezielt auf die emotionale Erschütterung und die Schockstarre der Opfer. Wichtig ist: nicht in Panik geraten, keine Zahlungen leisten und sofort die Polizei informieren.“ Mit klaren Beispielen zeigte sie, wie man im Ernstfall reagieren kann, und ermutigte die Zuschauer, verdächtige Anrufe kritisch zu hinterfragen.
Mit dem Blick nach vorne bleibt die Aufgabe, die Herausforderungen der kommenden Jahre wie Digitalisierung, Pflege oder Altersarmut gemeinsam anzugehen – ganz im Sinne des Mottos des Beirats: zuhören, erkennen, handeln.
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