Vier Fragen an die Heppenheimer Bürgermeisterkandidaten

Herausforderin Saskia Böhm-Fritz (Mensch Umwelt Tierschutz), Herausforderer Peter Janßen (LiZ) und Amtsinhaber Rainer Burelbach (CDU) haben zentrale Fragen rund um Heppenheim beantwortet.

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mb/ü
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Die Kandidaten der Heppenheimer Bürgermeisterwahl beim Wahlforum. © Lutz Igiel

Heppenheim. Der demografische Wandel schreitet voran, und doch braucht es immer mehr Betreuungsplätze. Bezahlbarer Wohnraum bleibt heiß begehrt.

Das gilt aber auch für Rückzugs- und Erholungsorte, das Grün im Grau, sowie eine Verkehrslösung, die dem Klimawandel, möglichst aber allen Verkehrsarten gerecht wird. Vor solch großen Herausforderungen steht die Kommunalpolitik. Heppenheim wählt am Sonntag, 12. März, wieder einen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin.

Vorher liefert die Redaktion zentrale Fragen und dazu ganz unterschiedliche Antworten der drei Kandidaten: Herausforderin Saskia Böhm-Fritz (Mensch Umwelt Tierschutz), Herausforderer Peter Janßen (LiZ) und Amtsinhaber Rainer Burelbach (CDU).

Welches Mobilitätskonzept schwebt Ihnen vor? Wie planen Sie, die verschiedenen Verkehrsarten zu befrieden und zu versorgen?

Saskia Böhm-Fritz: Meines Erachtens muss der Fokus primär auf dem Fuß- und Radverkehr liegen. In erster Linie muss das bestehende Konzept überarbeitet und umgesetzt werden. Darin enthalten sein müssen Fahrradstraßen, vor allem an Schulen und Kindertagesstätten, zur Straße hin abgeflachte Gehwege und ein größeres Angebot unterschiedlicher Arten von Leihrädern.

Zusätzlich dazu muss unsere Stadt barrierefrei werden, um allen Verkehrsteilnehmenden gerecht zu werden, zum Beispiel für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer, Personen mit Rollatoren oder Eltern mit Kinderwagen.

Als Ergänzung soll die Stadtbuslinie in die Ortsteile führen, sofern diese nicht bereits über die Regionalbusse ausreichend bedient sind. Auch eine Umstrukturierung der Linie zur Attraktivität für Schülerinnen und Schüler ist in dem Konzept zu beachten.

Peter Janßen: Zur Innenstadtentlastung vom Durchgangsverkehr für bessere Geh-/Radwege, Zielverkehr und Ortsbildaufwertungen, sind Ortsumgehungen mit Tunnel, Kreisverbindungsstraßenanschluss und zweiter Autobahn-Anschlussstelle zu realisieren. Die ÖPNV-Vernetzung der Ortsteile ist damit möglich.

Buslinien würde ich besser auf das Nutzerverhalten abstellen, Haltestellen und Bahnhof aufwerten (Barrierefreiheit, Witterungsschutz, digitale Anzeigetafeln). Für Radfahrer und Fußgänger würde ich attraktive Erschließungsachsen, die auch Verbindungen zum Naturraum sind, herstellen lassen.

Rainer Burelbach © Lutz Igiel

Mit übergeordneten Behörden und der DB ist ein Bahnhofskonzept zu erarbeiten, das diesen zu einem attraktiven Umsteigepunkt auch für Odenwaldbürger macht. Ein Sharingangebot ist nach Kenntnis der Nutzerzahlen, wie auch ein Parkraumkonzept unter Beteiligung der Öffentlichkeit zu entwickeln und kurzfristig umzusetzen.

Rainer Burelbach: Unser Hauptziel ist es, die Interessen aller Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. Das beschlossene Radwegekonzept soll umgesetzt und damit das Radfahren in Heppenheim sicherer werden. Bürgersteige müssen teilweise erneuert und zugeparkte Gehwege müssen vermieden werden. Der ÖPNV ist für Viele notwendig und wird an Stellenwert gewinnen.

Zukünftig wird eine Linie sinnvoll sein, die weiter entfernte Stadtteile wie Ober-Hambach und Ober-Laudenbach an den Bahnhof anbindet. Nach wie vor ist das Auto für viele ein wichtiges Verkehrsmittel, um den Weg zur Arbeit zu ermöglichen und damit den Lebensunterhalt zu sichern. Grundsätzlich sind gegenseitige Rücksichtnahme und ein Miteinander erforderlich.

Wie wollen Sie die Balance zwischen begehrtem neuem Wohnraum und bewahrtem Grün hinbekommen? Inwiefern sehen Sie im Bestand Potenzial?

Böhm-Fritz: In erster Linie muss der vorhandene Leerstand wieder Nutzung finden. Wir haben in all unseren schönen Ecken immer wieder Häuser und Wohnungen, die aus den unterschiedlichsten Gründen keinerlei Verwendung finden. Ich sehe die Stadt in der Verpflichtung, diesem Leerstand entgegenzuwirken.

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Möglichkeiten sind Projekte wie „Vermiete und Verkaufe an die Stadt”. Somit wird einem Werteverfall vorgebeugt, Flächenversiegelung vermindert, gleichzeitig Wohnraum und gegebenenfalls Eigentum der Stadt geschaffen. Des Weiteren kann durch zusätzliche Vorhaben wie Generationen-WGs und „Wohnbuddys” Vereinsamung vorgebeugt und günstige Miete erzielt werden.

Janßen: Bebauungspläne sind auf verdichtetes Wohnen auszurichten, Innenbereiche nachzuverdichten. Sparkassengelände, Europaplatz, Parkhofbereich, Parkplatz Kreiskrankenhaus, der Raum zwischen B3 und Hirschhorner Straße sowie Kalterer Straße bieten Möglichkeiten zur Begrünung und Bebauung. Hierbei ist ein adäquates Wohnumfeld mit Stadtplätzen und attraktiven Wegeverbindungen zu schaffen.

Der Naherholungsraum ist aufzuwerten, die Schäden der letzten Jahre an Schloßberg und Bruchsee sind zu reparieren. Es ist ein Begrünungskonzept auszuarbeiten, das den klimatischen Erfordernissen sowie Stadtgestaltung und Erholung Rechnung trägt.

Der Stadtwald ist auf neue klimatische Bedingungen auszurichten, Waldwege und Altholzbestand sind zu schonen. Weiter ist Straßenbegleitgrün zu forcieren, Fehlplanung wie am Landratsamtsgarten/Graben nachzubessern, der städtische Friedhof aufzuwerten.

Burelbach: Eine Nachverdichtung ist in Zukunft einer weiteren Versiegelung von Flächen über die bisherigen Bebauungsgrenzen hinaus vorzuziehen. Bei neuem Wohnraum müssen wir auf ausreichend Grün achten und die Versiegelung von Flächen, wo immer möglich, vermeiden.

Saskia Böhm-Fritz © Lutz Igiel

Potenziale für Nachverdichtung in der Kernstadt gibt es zum Beispiel in der Kalterer Straße, der Gymnasiumstraße, in der Gunderslache und auf dem ehemaligen Psychiatriegelände. Zur Stärkung der dörflichen Struktur sollte auch in den Stadtteilen Bauen weiterhin möglich sein.

Was braucht Heppenheim, um ein Magnet für junge Familien und gleichzeitig seniorengerecht zu bleiben oder zu werden?

Böhm-Fritz: Dieser Punkt bringt viele Aspekte mit sich. Vorab möchte ich sagen, dass die Förderung der Gemeinschaft genau darauf zielt, dass Jung und Alt sich ergänzen und sich definitiv nicht widersprechen. Natürlich ist bezahlbarer Wohnraum ein Thema. Aber was bringt mir Wohnraum, wenn ich keine Betreuung habe?

Hierzu ist außer den Generationen-WGs und „Wohnbuddys” auch die Umsetzung von Paten-Großeltern und das „Großer-Bruder-Große-Schwester“-Konzept angedacht. Das Ziel ist, Vereinsamung entgegenzuwirken und gleichzeitig Betreuung zu schaffen. Zudem muss die Inklusion aller gefördert und die Barrierefreiheit vorangetrieben werden. Zusätzlich kann die Attraktivität unserer Stadt durch Natur-, Fitness- und Inklusionsspielplätze erhöht werden.

Janßen: Neben kostengünstigem Wohnraum spielen für beide Personengruppen unter anderem eine funktionierende Nahversorgung, barrierefreie und sichere Geh- und Radwege, Treffpunkte, eine schöne Umgebung eine Rolle.

Treffpunktangebote mit Aufenthaltsqualität ohne Verzehr- oder Vereinszwang sind für eine funktionierende Zivilgesellschaft unabdingbar. Hierzu spielen neben Sitzbänken, auf denen ein Ausruhen und Unterhaltung möglich sind, Freizeit- und Sportflächen für Jugendliche eine wichtige Rolle. Ebenso ist ein niedrigschwelliges Angebot für Kinderbetreuung in Notfällen zu schaffen.

Der Bauunterhaltungsstau an städtischen Gebäuden wie etwa der Stadtbücherei ist abzuarbeiten, der Kreis zu weiteren Investitionen an Schulen anzuhalten. Das Krankenhaus ist in Zusammenhang mit Ortsumgehungen besser zu erschließen.

Burelbach: Bezahlbarer Wohnraum, das breite Angebot hochwertiger Arbeitsplätze und ein gutes Betreuungsangebot in Kitas und Schulen machen den Standort Heppenheim für Jung und Alt attraktiv. Unsere lebendige und lebenswerte Innenstadt mit zahlreichen Veranstaltungen und hoher Aufenthaltsqualität bietet ein abwechslungsreiches Kulturangebot.

Viele Vereine, die Musikschule, zahlreiche Spielplätze und die herrliche Bergstraße ermöglichen ein breites Spektrum für die Freizeitgestaltung. Die neue Nibelungenhalle und die geplanten Multifunktionsflächen am Erbachwiesenweg und in der Gunderslache sind eine wertvolle Ergänzung. Das Team Kultur und Begegnung kümmert sich um Jugendliche, Senioren und Migranten.

Peter Janßen © Lutz Igiel

Das Spektrum reicht von Ferienspielen über das neu aufgelegte Plaudercafé für Senioren bis zur Vermittlung von Hilfe- und Beratungsangeboten. Wichtiges Kriterium für Familien und Senioren ist die Gesundheitsversorgung. Mit dem Kreiskrankenhaus und zahlreichen Arzt- und Facharztpraxen sind wir gut aufgestellt.

Wie wollen Sie Vereine und Ehrenamt, insbesondere die Kultur stärken?

Böhm-Fritz: Diese Drei vereint ein großer Punkt, nämlich, dass sie eine größere Bühne in unserem Zuhause benötigen. In unserer großen Kulturlandschaft haben wir immer wieder vorzugsweise Künstlerinnen und Künstler von außerhalb. In unseren Vereinen, innerhalb unserer Bevölkerung haben wir so viele Engagierte und Kreative, die aber hier vor Ort nur eine kleine Rolle spielen.

Unterstützung und Anerkennung seitens der Stadt ist hier dringend gefordert. Zusätzlich ist diesen Menschen, die unsere Stadt zu einem noch besseren Zuhause machen, die Möglichkeit zu bieten, Präsenz zu zeigen. Sei es über die von mir neu geplante Stadt-App, den Ausbau der städtischen Social-Media-Kanäle, die Überarbeitung der Homepage oder direkt auf den Veranstaltungen.

Janßen: Die Kommunikation in der Stadt würde ich verbessern. Der Halbe Mond als Treff-und Veranstaltungsraum wurde durch Missmanagement der Koalitionsparteien gegen die Wand gefahren. Es fehlt ein zentraler Veranstaltungsort mit ausreichend großen Räumlichkeiten.

Trotz aktuell mutlosem Gebastel am Amtshof lässt sich dort noch etwas realisieren oder anderswo, Vorschläge würde ich öffentlich machen. Freilichtbühne, Festspiele, Museum und Ausstellungen sind neu aufzustellen. Der Veranstaltungskalender ist als Werbeplattform dringend zu überarbeiten.

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Ich würde ein zentrales Informationsportal schaffen, in dem Vereine ihre Ansprechpartner und Veranstaltungen zentral einstellen und Bürger an zentralen Treffpunkt-Orten Informationen zu Vereinen, Veranstaltungen, Gremien, öffentlichen Bekanntmachungen et cetera an touchoptimierten outdoor-Info-points abrufen können.

Burelbach: Die Heppenheimer Kultur- und Sportvereine leisten wertvolle Arbeit im Ehrenamt und bereichern das Leben in Heppenheim und seinen Stadtteilen. Die Jugendarbeit und das soziale Miteinander der Vereine sind vorbildlich, besonders bei der Integration leisten sie hervorragende Arbeit.

Beliebte kulturelle Angebote wie beispielsweise Forum Kultur, Gassensensationen, Weinmarkt, Festspiele und der Fastnachtsumzug sollen weiterhin gefördert werden.

In Zukunft wird durch die Sanierung und den Umbau des Kurmainzer Amtshofes zusätzlicher Raum für kulturelle Veranstaltungen entstehen. Umfangreiche Förderung erhalten ebenso Feuerwehren und Hilfsorganisationen. Gemeinsam leisten sie unverzichtbare Arbeit zum Schutz der Bevölkerung. mb/ü

Thema : Bürgermeisterwahl Heppenheim

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