Heppenheim. Mitte der 90er-Jahre feiern zum Rosenmontagsball im Hotelrestaurant „Halber Mond“ mehrere Hundert Fassebutze ausgelassen Fastnacht. Ein Mann legt die Schlägel seines Schlagzeuges zur Seite und beginnt am Mikrofon, einen der Hits von Joe Cocker zu singen. Auch die Gestik passt. Fans kennen die gewaltige Stimme des Heppenheimers. Anderen bleibt sprachlos der Mund offenstehen. Die Rede ist von Georg Frank, einstiger Mitbegründer der Band „The Sandmen“.
Viele Musikbegeisterte reisten der Band, die sich in Heppenheim aus der katholischen Jugend heraus gründete, drei Jahrzehnte nach. Helmut Bechtel und seine Ehefrau Lilo gaben zu ihrer Goldenen Hochzeit vor drei Jahren dieser Zeitung zu Protokoll, dass sie den Musikern an den Wochenenden von Fahrenbach bis nach Einhausen hinterhergefahren sind und sich so kennengelernt haben.
Auch der frühere Redaktionsleiter des Starkenburger Echo, Bernd Sterzelmaier, erinnert sich gut: „Wenn die Sandmen in der Turnhalle in Wald-Michelbach in den 70er-Jahren gespielt haben, waren wir dort“, sagte Sterzelmaier. Es habe sich um eine sehr professionelle Band gehandelt. Zu den Musikern habe man aufgesehen. Nun trafen sich einige Musiker und Techniker der Band im Biergarten des Gossini und damit dort, wo sie sich einst gründeten.
Ein Radio als Lautsprecher und ein Kreissägenblatt als Schlagzeug-Becken
Die Gründungsmitglieder waren der Bandleader Georg Frank, Josef Weis und Hans Ensinger. Ihre ersten musikalischen Schritte unternahmen sie im Alter von 15 und 16 Jahren im Jugendheim der Pfadfinder von Sankt Georg.
Heute wird in dem lang gezogenen Bau hinter dem Gossini Mobiliar aufbewahrt. Das Gossini war das frühere Vereinshaus und gehörte der Kirchengemeinde Sankt Peter. „Wir kannten vier Lieder von den Beatles, den Rolling Stones und den Kings. Fiel uns nichts mehr ein, haben wir Blues in C-Dur gespielt“, sagte Frank.
Frank spielte außer Schlagzeug auch Gitarre, Ensinger Saxophon und Weis Bass. Außer den drei Gründern waren Sängerin Andrea Gaber, Saxophonist Gary Löwen, Techniker Manfred Engelhardt und Kassierer Wolfgang Schäfer gekommen. Dass die Band sich im Laufe der Jahre vergrößerte und einen großen Bekanntheitsgrad erreichte, hatten die jungen Musiker dem Alleinunterhalter Oskar Ringhoff zu verdanken. Dieser sollte zum Tanztee im Halben Mond aufspielen; gab den Auftritt aber an die jungen Musiker ab. Die Sandmänner stürzten sich in Schulden, kauften beim Musikgeschäft Sandner in Bensheim ein Echolette. Beim ersten Auftritt diente ein Radio als Lautsprecher für die Gitarre. Aus der Schreinerei Weis wurde ein Kreissägeblatt als Becken für das Schlagzeug verwendet.
Die Band begeisterte viele Fans und prägte die lokale Musikszene
Es sollten noch viele Auftritte im Halben Mond und in der Stadthalle folgen. Auch der Tanzsaal „Zum Einhorn“ in Laudenbach wurde bespielt. Malermeister Adam Rittersberger transportierte den jungen Leuten mit seinem Pritschenwagen die Instrumente. Nach und nach kamen weitere Musiker hinzu. Bassist Wolfgang Wegmann hatte immerhin schon ein Auto, einen Loyd. Klaus Bauer kam mit seinem orangenen Mofa der Marke Kreidler aus Ober-Hambach gefahren.
Der bereits verstorbene Trompeter Jürgen Laux entwickelte sich zum Chef der Band und kümmerte sich um die Finanzen. Verstorben sind auch Saxophonist Klaus Mohr, Schlagzeuger Pit Schranz sowie die Organisten Charly Bohne und Klaus Sturm. Im Jahr 1967 kam Löwen hinzu. Dieser arbeitete damals bei Adrema im Vertrieb und habe in seinem Vertrag stehen gehabt, dass er bei Auslandsaufenthalten am Wochenende zu Hause sein muss.
Einer der größten Heppenheimer Fans war Oskar Beck. Der Elektromeister mit Geschäft in der Fußgängerzone fuhr mit seiner Harley zu den Konzerten. „Wir haben unseren Fans viel zu verdanken“, sagte Ensinger. Neben der Fastnacht mit viertägigen Auftritten unter anderem in Mainz-Mombach waren sie im Ried und im Odenwald bei vielen Vereinen engagiert. Dazu zählten die Ringer in Fahrenbach. Dort hätten sich auch die Bones, eine Rockergang aus Mannheim, benommen. Beim Heppenheimer Weinmarkt mussten noch Tanzkarten erworben werden.
Techniker Manfred Engelhardt und Wolfgang Schäfer kassierten und schoben die Stangen zur Bühne nach jeweils drei Tänzen wieder auf. Engelhardt war es, der den ersten Synthesizer der Band baute, einen Oszillator in einer Teedose. Statt Tastendruck war Fingerspitzengefühl angesagt. Der erzeugte Ton habe die Fensterscheiben in den Hallen zum Vibrieren gebracht. Mit einer großen sich drehenden Antenne habe Georg Frank die großen Hits schon auf Tonband aufgenommen, bevor sie hier bekannt wurden. dj/ü
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