Heppenheim. Noch ist die angestrebte Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO), die Tempo 30 im kommunalen Verkehrsraum erleichtern soll, nur ein Vorhaben, das die Bundesregierung als „Plus für Umwelt und Gesundheit“ überschreibt. In Heppenheim greift diese Regelung aber zumindest auf Nebenstraßen schon äußerst umfassend.
Plus Schrittgeschwindigkeit in verkehrsberuhigten Bereichen. Politische Befürworter und Kritiker bleiben auf Nachfrage dieser Zeitung bei ihren Positionen, und das gilt auch für den ADFC Bergstraße. Vorsitzender Friedhelm Höcker spricht von einem „Mosaikstückchen“, das beileibe nicht ausreiche.
Die Lärmbelastung reduzieren
Erwartbar begrüßen die Grünen die Perspektive ausdrücklich, wie Fraktionsvorsitzender Franz Beiwinkel unterstreicht. Dem Minimum an Zeitverlust stünden eine erhebliche Reduktion der Lärmbelastung und damit eine ebensolche Aufwertung der Wohn- und Aufenthaltsqualität entgegen. Dem widerspricht sein FDP-Pendant Christopher Hörst nach dem Motto: Wer etwas schneller unterwegs ist, ist auch schneller wieder weg.
Die Stadtverwaltung wartet ab: „Eine Veröffentlichung der genauen gesetzlichen Inhalte und Erfordernisse steht noch aus, sodass noch keine Bewertung vorgenommen werden kann.“ Sie blickt der auf den Weg gebrachten Änderung aber positiv entgegen. Immerhin ist Heppenheim eine von bald 1000 Kommunen, die der Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ durch Tempo 30 angehören. Ein Fokus, den Höcker so nicht teilt.
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„Gott sei Dank“ sei Heppenheim da schon weit. Um die viel zitierte Mobilitätswende wirklich angehen und die auch bei ihm selbst verbreitete Bequemlichkeit überwinden zu können, brauche es jedoch viel mehr – etwa an Invest in angemessene Abstellmöglichkeiten und mehr klare Radspuren.
„Verkehrsbehörden können in Zukunft leichter eine Tempobeschränkung von 30 Kilometern pro Stunde anordnen, und zwar in Bezug auf Vorfahrtsstraßen, Spielplätze und viel genutzte Schulwege“, erklärt die Bundesregierung, was erst noch von den weiteren Organen abzusegnen ist. Sie geht unter anderem auch Bewohnerparken, Sonderfahrspuren sowie Flächen für Rad- und Fußverkehr an, um den Kommunen deren Bereitstellung im Sinne der übergeordneten Ziele zu vereinfachen.
Baustelle als Ärgernis für Pendler
Das vom ADFC oft genug verteufelte Auto sei unstrittig „natürlich sehr nützlich und für manche unentbehrlich“; auch Höcker nutzt es. Aus seinem Reihenhäuschen heraus ansonsten zum Fahrradschuppen gehen und dann direkt losfahren zu können, sei ihm als Privileg bewusst. In reinen Wohngebieten und vor sensiblen Einrichtungen wie Schulen, Kitas, Heimen unterstützt auch die FDP mit Hörst die Temporeduktion. Beim Krankenhaus möchte er schon insofern einschränken, als eine Schlüsselkreuzung ebenso wie beispielsweise Tiergartenstraße und B3 oder B460 nicht für dergleichen infrage kämen. Dass die aktuelle Baustelle Lorscher Straße zunächst eine Sperrung ohne Arbeiten gewesen sei, ärgere Pendler, die auch aus Heppenheim heraus Teil der Realität sind.
Gerade Anwohner der Siegfriedstraße atmen auf und sprechen von ruhigeren Nächten durch Tempo 30. Wer sich, so Hörst, nur dort ein Zuhause leisten könne, müsse eben trotzdem damit leben, dass das eine Durchfahrtsstraße ist. Günstig und dazu noch ruhig leben lasse es sich beispielsweise auch in Wald-Erlenbach oder Mittershausen-Scheuerberg.
Naturgemäß ganz anderer Auffassung ist die Wählergemeinschaft Leben im Zentrum (LiZ), für die Peter und Ulrike Janßen (LiZ-Linke-Fraktionsvorsitzende) sprechen.
Sie freuen sich, aber „moderne Verkehrskonzepte hätten, wie so vieles andere auch, längst auf den Weg gebracht werden müssen“, betont Peter Janßen. Das geschehe letztlich „auch zum Vorteil unserer Innenstädte und des ländlichen Raums“. Sowohl Hessen Mobil als auch die Politik weigerten sich schon viel zu lange, bleibt die klare Klage der vehementen Tempo-30-Befürworter, „anwohnerverträgliche Lösungen für Heppenheim zu planen und umzusetzen“. Eine lebenswerte Stadt sollte „nicht den Kfz-Verkehr bevorzugen, wie es in Heppenheim leider noch immer der Fall ist“.
Da würden Grüne und ADFC durchaus mitgehen, das würde aber die Stadt so nicht stehen lassen wollen. So betonen Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) und Erste Stadträtin Christine Bender (SPD) regelmäßig, auch im Namen der Koalition, alle Verkehrsarten bedenken und den Ausbau der Rad-Infrastruktur weiter vorantreiben zu wollen. Für die kreuzenden Bundesstraßen müsse sich die Verwaltung an die bisher gültigen Rahmenbedingungen halten.
„Die Frage nach einer generellen innerörtlichen Geschwindigkeit von 30 km/h stellt sich durch die StVO-Novelle nicht“, spricht die Stadt den umstrittensten Punkt an und liegt damit auf Höhe des Bundesverkehrsministers, den mit Volker Wissing die FDP stellt. mbl/ü
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