Straßenverkehr

Heppenheim bekommt immer mehr Tempo-30-Zonen

Zahlreiche Schilder weisen die weiter heiß diskutierte Geschwindigkeitsreduktion aus. An der B3 gilt sie teilweise nur nachts.

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mbl/ü
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Ab dem Mühlenkreisel wurde an der Ludwigstraße bis zur Unteren Gartenstraße das Tempolimit von 30 Kilometer pro Stunde auf die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr begrenzt. Ab der Unteren Gartenstraße bis zur Hermannstraße gilt ein ganztägiges Tempolimit. © Astrid Wagner

Heppenheim. „Haben die noch alle Latten am Zaun?“: So fielen in Heppenheim erste Reaktionen auf gerade aufgestellte neue Tempo-30-Schilder aus. Aus Anwohnersicht geht die bundesweit heiß diskutierte Geschwindigkeitsreduktion nicht etwa zu weit, wie manch wütender Autofahrer dieser Tage mindestens denken wird, sondern sie greift zu kurz.

Die den innerstädtischen Part der B3 betreffende, schon vor Monaten angekündigte Maßnahme gilt an der Ludwigstraße zwischen Mühlenkreisel und Untere Gartenstraße nur zwischen 22 und 6 Uhr. Lärmgeplagte Anwohner, die auf Entlastung hoffen, wollten es wie im weiteren Verlauf nordwärts bis zur Hermannstraße haben, wo 30 Kilometer pro Stunde fortan durchgängig die Höchstgeschwindigkeit darstellen.

„Dann drücken bei uns doch schon alle erst recht wieder aufs Gas“, bekam im Nachtabschnitt auch der Arbeiter zu hören, der einfach nur die Schilder aufstellte.

Ausführende Kraft ist der Landesbetrieb Hessen Mobil, der die Anweisung der Kreisverkehrsbehörde abwarten musste und dessen Lärmberechnungen die Grundlage dessen bildeten, was die Kreisverwaltung schon im vergangenen August ankündigte und sich nun fast genauso vollzog.

Ausweitung der kommunalen Tempo-30-Zonen nicht ohne Grund

Der hessische Lärmaktionsplan ist ein Hebel zur Ausweitung der kommunalen Tempo-30-Zonen, die grundsätzlich auf legitimierende Faktoren angewiesen sind. Das kann sensible Bereiche wie Kindergarten, Schule oder Krankenhaus meinen, oder eben ein lärmschutzbedingter Ansatz sein.

Über entsprechende Neuerungen des Straßenverkehrsgesetzes beabsichtigt das Bundesverkehrsministerium unter anderem, Kommunen das Einführen neuer Tempo-30-Zonen zu erleichtern. Die Maßnahme muss aber „verhältnismäßig“ sein, soll den Verkehrsfluss nicht hemmen, und flächendeckend soll Tempo 30 nicht kommen.

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All das ging dem Bundesrat gleichwohl zu weit, weshalb er anders als der Bundestag die Zustimmung verweigerte. Von Interessenvertretungen wie dem ADFC abgesehen, ist die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“, der inzwischen mehr als 1000 Kommunen angehören, äußerst umtriebig. Auch Heppenheim ist schon seit einiger Zeit Mitglied. Die Fronten ähneln sich.

Anders als der liberale Bundesverkehrsminister Volker Wissing, der die Kampagne für Mensch und Umwelt voranzubringen hat, befürwortet die FDP in ihrer Gründungsstadt Heppenheim keinen weiteren Ausbau von Tempo 30, der Autofahrer, insbesondere Pendler und durch längeren Aufenthalt der Kraftfahrzeuge auch die Anwohner belaste.

Tödlicher Unfall wühlte auf

Nicht nur die Grünen sind anderer Meinung, und sie können sich unter anderem auf das Umweltbundesamt berufen, das Hauptverkehrsstraßen grundsätzlich 2000 Kraftfahrzeuge pro Stunde und Fahrstreifen zutraut.

Dieser Kennwert könne „durch verschiedene Einflüsse sinken, die jedoch nicht durch die zulässige Höchstgeschwindigkeit beeinflusst werden“. Generell eine große Rolle spielt die Ampelschaltung, ansonsten nennt das Umweltbundesamt in seiner Ausarbeitung zu „Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen“ etwa Schwerlast- oder auch Rad- und Fußverkehr. Letzterer rückte auf tragische Weise Ende November in den Fokus, als ein Fußgänger den Zebrastreifen der nördlicheren B3 (Darmstädter Straße) queren wollte, dabei von einem Auto erfasst und getötet wurde. Anwohner und Nutzer sehen, anders als die Polizei, im dort üblichen Gewusel durchaus eine signifikante Gefahrenquelle. Ins gleiche Horn stieß dann bald die Wählergemeinschaft Leben im Zentrum (LiZ), deren Kernforderung seit jeher Tempo 30 innerorts ist.

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Immer wieder ergeht aus dem Lager die Aufforderung Richtung Stadt, in dieser Sache deutlich aktiver zu werden, während Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) gebetsmühlenartig auf die zahlreichen Tempo-30-Zonen, die allmählich fast alle Nebenstraßen umfassen, verweist und zugleich darauf, dass eine Kommune eben nicht allein Tempo 30 überall verfügen kann. Auch sei Maß zu halten.

Die Debatte wird weiter schwelen, verschärft durch Vorkommnisse wie das täuschende Manipulieren durch Unbekannte, die in Sonderbach und Kirschhausen Achtziger aus Dreißigern formten, wogegen die Stadt Strafanzeige stellte.

Mehr Sicherheit am Zebrastreifen

In Kirschhausen gilt teilweise schon durchweg Tempo 30, auch dort scheiden sich die Geister. Und in Wald-Erlenbach soll es zentral auch kommen.

An Heppenheims B3 gilt Tempo 30 aber eben nordwärts nur bis zur Hermannstraße, sodass eine Entschleunigung als mögliche Gefahrenreduktion am Zebrastreifen bei Netto und Ärztehaus vorerst ausbleibt. Vorausgesetzt, die Ampeln lassen 50 überhaupt zu, ergab ein kleiner Selbstversuch im fraglichen Abschnitt keinen nennenswerten Unterschied. mbl/ü

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