Bildung

Schulen in Heppenheim nehmen Diskriminierung ernst

Internationale Konflikte und ihre Hintergründe, Rassismus und Demokratieförderung sind Themen an der Martin-Buber-Schule und am Starkenburg-Gymnasium.

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mbl/ü
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Auch an der Martin-Buber-Schule versammelten sich viele (junge) Menschen, um ein Zeichen für die Demokratie und gegen den Rechtsruck zu setzen. © Sascha Lotz

Heppenheim. An der Großdemo gegen rechts in Heppenheim haben auffällig viele Kinder und Jugendliche teilgenommen, auch die nahegelegene, involvierte Martin-Buber-Schule (MBS) war regelrecht belagert. Nicht von ungefähr: Demokratie-Erziehung ist dort ein Pfeiler des Anspruchs, mehr als Unterrichtsstoff zu vermitteln. Diese Zeitung hat bei der MBS und beim Starkenburg-Gymnasium Heppenheim (SGH) nachgefragt, wie die Schulen mit Rassismus, Antisemitismus und der aktuellen (welt)politischen Lage umgehen und wie das ankommt.

„Im Politik und Wirtschaft-Unterricht, aber auch im Ethik-Unterricht greifen wir die aktuellen Krisen ebenso auf wie in Klassenlehrerstunden“, versichert Schulleiter Tobias Diehl.

Die Schüler in Heppenheim haben viele Fragen

Kollegium und Schülerschaft nahmen an der Kundgebung teil, und jede Jahrgangsstufe beschäftigt sich zum vor zwei Jahren ins Leben gerufenen Buber-Tag mit unter anderem eben Demokratie-Erziehung, aber auch Fake-News und (Training gegen) Mobbing. Der namensgebende jüdische Schriftsteller und Philosoph, der lange in Heppenheim lebte, lieferte der Schule das passende Leitmotiv: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“

Der neu entflammte Nahost-Konflikt, der sich nicht mehr nur auf israelisches und palästinensisches Territorium beschränkt, ist ein schier unlösbarer. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine könnte sich noch über viele Jahre des Leidens hinziehen. Das und die vielen, teils von Propaganda durchsetzten Nachrichten verunsichern.

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Schüler finden darauf und zu den gesellschaftspolitischen Spannungen in Deutschland ihre eigenen Antworten. Aber sie haben auch viele Fragen. „Im Unterricht, insbesondere im Fach Politik und Wirtschaft, analysieren wir Konflikte und Kriege mit wissenschaftlich erprobten Konfliktanalysen“, erklärt das Starkenburg-Gymnasium. Und seine Verantwortlichen betonen, wie wichtig es ihnen ist, auch die Hintergründe zu vermitteln. Damit „gerade bei lang andauernden Konflikten wie dem Nahost-Konflikt die Konfliktgeschichte, die Konfliktparteien und die praktizierte Konfliktregelung deutlich werden“.

Auch die regionalen und globalen Auswirkungen auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft spielen eine Rolle. Um die Wurzel zu packen, aber auch auf der Höhe der dynamischen Zeit zu bleiben und zu lehren, hält sich die Fachschaft Politik und Wirtschaft nach eigenen Angaben über ständigen Austausch informiert.

Nach dem Umgang mit den verschiedenen Feinden der Republik und einer friedlichen Weltordnung befragt, erklärt die Fachschaft: „Zur Behandlung von Extremismus im rechten und linken politischen Spektrum, aber auch zu religiösem Fundamentalismus untersuchen wir Gruppierungen sowie deren Auswirkungen auf eine pluralistisch demokratische Gesellschaft.“ Das Ganze soll nicht nur beleuchtet, sondern auch kontrovers debattiert werden. Um die Schüler „in einer fundierten Urteilsfähigkeit“ zu fördern.

Relevante Themen wie Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus

Bei aller gebotenen Neutralität vermittelt das Gymnasium einen Wertekanon und über die Anti-Rassismus-AG, auch nach außen, „relevante Themen wie Antisemitismus, antimuslimischen Rassismus“ und mehr. Der Schulalltag und das Miteinander sind mit bedacht. In Planung ist die Gestaltung eines geschützten Raumes, in dem sich die Heranwachsenden über eigene Diskriminierungserfahrungen austauschen können.

 In den sozialen Medien kursieren verschiedene Versionen und vermeintliche Wahrheiten

Fest eingeplant am SGH ist ein jährlicher Besuch des Europäischen Parlaments in Straßburg durch die jeweilige Jahrgangsstufe zwölf. Ebenfalls Jahr für Jahr steht eine Teilnahme am Amnesty-International-Briefmarathon an, über den Schüler Protestbriefe zu Menschenrechtsverletzungen schreiben. Solange es noch Zeitzeugen gibt, die dazu bereit und fähig sind, sprechen sie über ihre leidvollen Erfahrungen mit dem NS-Regime.

Welche Strahlkraft das authentische Weitergeben entfalten kann, verkörpert die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer (102). Als Schülervertretung des Bensheimer Goethe-Gymnasiums zitierte Lea Würsching in ihrer hochgelobten Rede auf der Demo mehrfach das Vorbild. So auch mit den Worten: „Genauso hat es damals angefangen.“

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Alicia Diry
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Längst nicht alle Schüler sind politisch interessiert und motiviert, aber viele, so versichert es das SGH, „möchten über die derzeitigen Konflikte aufgeklärt werden, gerade weil in den sozialen Medien verschiedene Versionen und vermeintliche Wahrheiten kursieren, die auf die Jugendlichen sehr überfrachtend wirken“.

Wer mit ausufernden Krisen nicht umzugehen vermag und darüber Ängste entwickelt, kann dies in der Schule vorbringen. Genauso hält es die MBS, die Diehl zufolge Klassen gern „individuell nach Interessen Raum und Zeit für Gespräche“ einräumt. mbl/ü

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