Heppenheim. Samstagabend um 19 Uhr: Wummernde Bässe und fetzige Rockrhythmen ertönen auf der Freilichtbühne. Manch ein Anwohner auf dem Maiberg tritt verwundert vor die Tür. Was ist da los? Ein Open-Air im Februar? Jugendliche, die es beim Partymachen übertreiben? Schulterzucken bei den einen, Entrüstung bei den anderen. Doch was ist wirklich los am Samstagabend in Heppenheim?
Im Sommer soll es in der Kreisstadt wieder jede Menge Kultur im Freien geben. Einiges war bereits 2021 möglich, in diesem Jahr soll noch eine Schippe draufgelegt werden: Der Weinmarkt soll endlich wieder gefeiert werden, die Festspiele haben ihren Neustart unter neuer Regie angekündigt, das Starkenburg-Festival soll Zuschauer auf die Burg ziehen, das Maiberg Open-Air Familien auf die Freilichtbühne.
Doch wie ist es eigentlich, wenn sich auf der Burg oder der Kappel die Bands die Klinke in die Hand geben, während im Amtshof Theater gespielt wird? Kommt man sich dabei in die Quere? Oder können die Festspielbesucher den Abend trotz Parallelveranstaltung genießen? Um das herauszufinden, haben sich die Verantwortlichen der Stadt Heppenheim und die Macher des Starkenburg-Festivals kurzerhand entschlossen, die Probe aufs Exempel zu machen: Mit einem Kleinlaster mit Boxen steuerte man am Samstag die verschiedenen Veranstaltungsorte an und drehte die „Mucke“ mal so richtig auf.
Auf eine umfassende Information der Bevölkerung im Vorfeld hatte man verzichtet, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Lediglich in den sozialen Medien gab es eine Vorwarnung. Ordnungsamt und Polizei waren jedoch informiert, um bei eventuellen Beschwerden aufklären zu können, wie Sebastian Mitsch vom Team des Starkenburg-Festivals informierte.
„Wir wollen im Vorfeld alles abchecken, um vorbereitet zu sein und dann, wenn die Veranstaltungen sind, kooperieren zu können“, erklärt Mitsch. Um 19 Uhr startete der Test auf der Freilichtbühne. Zwei Songs hatten sich die Tester ausgesucht – einen Rocksong und Technobeats. Die Jungs von „Kaktus Sounds“ hatten freilich nicht die übliche Anlage auf die Ladefläche des Kleinlasters gepackt, doch die dort fest gezurrten Lautsprecher sorgten immerhin für eine Lautstärke von 106 Dezibel. Es gab also mächtig was auf die Ohren. „So laut ist das gar nicht“, befand allerdings Stadtbrandinspektor Werner Trares.
Derweil hielt Michael Lortz vom Stadtmarketing die Stellung am Amtshof. „Die Autos, die vorbeifahren, sind lauter als das, was von der Freilichtbühne zu hören ist“, stellte er fest. „Man hat kaum etwas gehört.“ Darüber hinaus waren sich die Tester sicher, dass beim Maiberg Open-Air so hohe Dezibel-Zahlen wie die Getesteten gar nicht erreicht würden.
Auch auf dem Kirchplatz vor St. Peter machte das Lautstärke-Testmobil Marke Eigenbau halt. Dort sollte getestet werden, ob das Open-Air-Kino der Pfadfinder den Festspielgenuss stören könnte. Aufgrund der dichten Bebauung rund herum schallte es hier ganz besonders laut und rief auch gleich einen erzürnten Bürger auf den Plan. Der konnte jedoch gleich wieder beruhigt werden, als er den Grund der Ruhestörung erfuhr. Die Musik vom Kirchplatz war im Amtshof dann doch schon deutlicher zu hören.
Deutlich leiser war es dann schließlich von der Starkenburg. Man hörte zwar auch von dort ein bisschen Musik im Amtshof, aber wirklich störend war das nicht. „Im Sommer sind im Gegensatz zu jetzt auch noch die Bäume belaubt, das schluckt viel Schall“, gab Lortz darüber hinaus zu bedenken. „Zu 90 Prozent haben wir Westwind“, wusste Trares. Auch dieser sorge dafür, dass die Musik nicht in Richtung Amtshof getragen werde.
Auf der Starkenburg sind während des Festivals gleich drei Spielstätten geplant: auf dem Platz vor der Burgschänke, auf dem Bolzplatz, die Hauptbühne soll im Burginnenhof sein. Und genau von dort hört man am Samstag so gut wie gar nichts in der Altstadt. Ein bisschen lauter war es im Bereich der Burgschänke, vom Bolzplatz wird der Schall eher in Richtung Nordstadt getragen.
Insgesamt ein Dutzend Vereinsmitglieder hatten die Macher des Starkenburg-Festivals am Start. Sie spitzten die Ohren unter anderem im Schleichweg, nahe der Nordstadt.
„Die Ergebnisse sind genau so, wie wir sie erwartet haben“, lautete das erste Resümee von Sebastian Mitsch. „Die Anlage ist beim Starkenburg-Festival etwas größer, aber das bedeutet nicht mehr Dezibel, sondern höhere Qualität. Ich glaube nicht, dass die Musik die Festspiele stören wird.“
Im Laufe der Woche will man sich noch einmal mit den Verantwortlichen der Stadt zusammensetzen und Bilanz ziehen. „Es hat Spaß gemacht – und wir haben gleich mal für Aufsehen gesorgt“, scherzte Sebastian Mitsch. rid/ü
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