Heppenheim. Die Stadt unternimmt nichts – oder zu wenig jedenfalls, ein gern und schnell vorgebrachter Vorwurf, auch in Heppenheim. Gerade bei emotionalen Themen wie der Kinderbetreuung. Auf der anderen Seite betonten Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) und Erste Stadträtin Christine Bender (SPD) erst vor Kurzem in einem Gespräch mit dieser Zeitung, dass alles unternommen würde, um unbürokratisch personellen Engpässen entgegenzuwirken. Rund um Ostern, hieß es nun, sollte eine groß angelegte Rekrutierungskampagne anlaufen.
Dazu sei „einiges in Planung“, kündigte die Stadt auf Nachfrage an. „Es werden Banner am Postknoten und am Graben sowie in der Altstadt (Marktgasse) platziert. Plakate werden in den Vitrinen am Bahnhof, vor beziehungsweise in den Dienststellen der Stadtverwaltung“, also etwa Rathaus, Stadthaus und Bücherei, „in den Vitrinen am Graben und sowohl im Einzelhandel als auch in Kitas und Sporthallen aufgehängt“.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Angekündigte „Werbung im Veranstaltungskalender ,Heppenheim aktuell’“ klingt auch nicht gerade nach Weltbühne. Andererseits wird kaum jemand aus Nordhessen oder einem anderen Bundesland überrascht registrieren, dass Heppenheim Erzieherinnen und Erzieher sucht, um sich sofort darauf zu stürzen. Bekanntlich suchen praktisch alle Träger, und das in der ganzen Republik. Gleichwohl beteuerte die Stadtspitze in besagtem Pressegespräch: „Wir stellen auch immer wieder ein.“ Eine Werbe-Kampagne (kitajobsfuersleben.de) hat indes auch die evangelische Kirche in Hessen und Nassau gestartet. Diese muss allerdings insgesamt rund 600 Kitas versorgen. Schwierig zu sagen, welche Priorität dabei der Heppenheimer Einrichtung Oberlin gilt, die aktuell auch schwer zu kämpfen hat.
Die Stadt spricht von einer „Aktion zur Gewinnung von Nachwuchskräften: „Hier informieren wir über das Berufsbild und die konkrete Arbeit in den städtischen Kindertagesstätten, die unterschiedlichen Einstiegsmöglichkeiten und die Stadt Heppenheim als Arbeitgeber.“
Die Fokus liegt drauf, Arbeitskräfte zu halten und neue zu gewinnen
Da es im Zweifel noch schwieriger ist, Fachkräfte zu halten als sie zu gewinnen, achte die Stadt sehr darauf, fast ständig vorgebrachten (Reduktions-)Wünschen zu entsprechen. Und auf die sozialen Aspekte, den Wohlfühlfaktor. Für den bleibt vor allem das Kita-Team verantwortlich. Einfacher wird das nicht, wenn die Kräfte personell und/oder gesundheitlich schwinden.
Aus Sicht einiger aufgebrachter Eltern, die ihren Unmut wie berichtet unter anderem zur schon ab 8. April in der Kita Arche Noach anstehenden Reduktion der maximalen Betreuungszeit von zehn auf acht Stunden pro Tag vorbringen, reicht eben nicht, was die Stadt biete. Da gestalteten sich Träger im wörtlich nahen Baden-Württemberg etwa wesentlich attraktiver. „Die Kindertagesstätten in Heppenheim suchen Dich“ heißt es auf den frischen Plakaten, die Pflasterkönig, Tröstfreundin, Stimmungsmacher und Spielequeen aufrufen. Eine aktuelle Stichprobe zur städtischen Stellensuche auf heppenheim.de zeigt: Bei rund 300 städtisch Beschäftigten gibt es vierzehn Stellenanzeigen, und zehn davon, samt Freiwilligendienst, beziehen sich auf Kitas. Teils geht es um mehrere Stellen, und bis auf Löwenzahn sind alle städtischen Kitas, also acht von neun benannt. Die Arche Noach ist am häufigsten, dreimal gelistet. Einmal mit der organisatorisch neuen Kirschhäuser Kita Pusteblume, der zwei Kräfte aus der Arche zugeteilt worden waren.
Eine von den Umständen entnervte Mutter, die wie ihr Mann kurzfristig ihre Arbeitszeit reduziert, sieht das Verschärfen eines gesellschaftlichen Problems: „Die Stadt sogt dafür, dass gerade Frauen ihre Arbeitszeit reduzieren, die ja nach wie vor oft schlechter verdienen. Langfristig haben wir so in 30 Jahren wieder Altersarmut bei Frauen.“ Die Stadt bleibt zuversichtlich, die personelle Schieflage bald ausgleichen zu können. Eine davon nicht betroffene Mutter bedauert auch die Folgen der Appelle mehrerer Kitas, die Kinder nach Möglichkeit nicht in die Betreuung zu geben oder ab 13 Uhr abzuholen. Damit der Betreuungsschlüssel wieder passt. Während voll berufstätige Eltern solch ein Abholen kaum bis eher gar nicht gewährleisten könnten, kämen solche dem Wunsch nach, die im Homeoffice arbeiten. Und vor allem die, die daheim und nicht berufstätig sind: in der Regel Frauen. mbl/ü
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/heppenheim_artikel,-heppenheim-kita-personal-verwaltung-_arid,2192463.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/heppenheim.html