Unterbringung

Geflüchteten in Heppenheim "eine Perspektive geben“

Der Angriff auf die Ukraine jährte sich am Samstag zum zweiten Mal. Wie sich die Situation für Geflüchtete in Heppenheim entwickelt hat.

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thes/ü
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Burghard Klatt von der Flüchtlingshilfe Heppenheim, Dolmetscherin und Betreuerin Irina Enns, Jens Vahldiek, Gesamtleiter von vier Flüchtlingseinrichtungen im Kreis und Irina Benikowa Dolmetscherin und Betreuerin (von links) vor dem ehemaligen Bruchseehotel, das heute als Flüchtlingsunterkunft dient. © Theresia Schiller

Heppenheim. Zwei Jahre ist es her, dass Russland am 24. Februar den Angriff auf die Ukraine gestartet hat. Was darauf folgte, war eine Welle des Schocks. Menschen in ganz Deutschland und im Landkreis Bergstraße versammelten sich zu Friedensdemonstrationen. Die Hilfsbereitschaft, die kurz nach Kriegsbeginn ankommenden Geflüchteten aufzunehmen, war groß.

Der Jahrzehnte andauernde Konflikt zwischen der Ukraine und Russland stellt Diplomaten und Politiker bis heute vor enorme Herausforderungen. Den Krieg zu beenden wird bis zuletzt gefordert. Wie und wann ein Ende des verheerenden Konflikts in Aussicht ist, bleibt unklar. Nicht nur die internationale Politik ist durch den Krieg gefordert – gerade in der Lokalpolitik gilt es seither für die Geflüchteten eine Basis zu schaffen, sie unterzubringen und zu integrieren.

Aktuell leben 3170 ukrainische Flüchtlinge im Landkreis Bergstraße, davon wurden 1952 Personen vom Kreis untergebracht, erklärt der Kreisbeigeordnete und zuständige Dezernent Matthias Schimpf. „Hinsichtlich des Zuzugs aus der Ukraine ist die Tendenz aktuell sinkend. Im Jahr 2023 waren es durchschnittlich 70 Personen pro Monat, in den Monaten Dezember 2023 und Januar 2024 jeweils 36 beziehungsweise 37 Personen. Die weitere Entwicklung hier ist nicht vorherzusehen“, ordnet Schimpf die aktuelle Situation ein.

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„Kurz nach Ankunft der ersten Ukrainer wurde von der Regierung entschieden, dass ihr Aufenthalt in Deutschland unter die EU-Konvention fällt. Damit ist das Jobcenter für sie zuständig“, erklärt Burghard Klatt, Vorstand der Flüchtlingshilfe Heppenheim. Ukrainer, die vor diesem Beschluss in Deutschland ankamen und zunächst vom Kreissozialamt versorgt wurden, mussten in dieser Übergangszeit teilweise drei Monate ohne Bezüge auskommen, sagt Klatt.

Auch nachdem nun einige Zeit vergangen ist, sei die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter kompliziert. Nicht nur bei bürokratischen Aufgaben stehen die Betreuerinnen und Dolmetscherinnen Irina Enns und Irina Benikowa den Geflüchteten zur Seite. Die Mitarbeiterinnen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) sind in der Unterkunft im ehemaligen Hotel Bruchsee Ansprechpartnerinnen für alle Themen.

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Janine Ak
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Hautnah erleben sie mit, welche traumatischen Erfahrungen die Geflüchteten gemacht haben. „Schätzungsweise 30 Prozent der in der Unterkunft lebenden Ukrainer haben schwere Traumata“, berichtet Benikowa. Anderen ist es gelungen, zu fliehen, bevor der Krieg in ihrem Wohnort angekommen ist. Dennoch leben sie in ständiger Ungewissheit, wie es um ihre in der Ukraine verbliebenen Angehörigen oder ihr Zuhause steht.

In der Regel fühlen sich die Ukrainer nach einer Weile in ihren Unterkünften sicher, doch ihre Lage bleibt, wie bei allen Geflüchteten, angespannt. „Durch Mitarbeiter, die die Sprachen der Geflüchteten sprechen, können wir Ruhe in Konflikte bringen“, erklärt Jens Vahldiek, der für das DRK die Gesamtleitung von vier Einrichtungen innehat. Doch die Helfer und Helferinnen berichten von einer Zerrissenheit, mit der viele Geflüchtete leben müssen.

Wer Hoffnung hat, zurück in seine Heimat gehen zu können, kann oft in Deutschland nicht richtig Fuß fassen, auf der anderen Seite besteht keine Garantie dafür, hier bleiben zu können. Dann ist es für viele schwer, aus dem Sozialsystem herauszukommen und unabhängig zu werden, indem man arbeitet. „Wir treten dafür ein, Menschen eine Perspektive zu geben, manchmal gelingt es und manchmal nicht“, berichtet Vahldiek.

Sprachkurse sind wichtig

Hilfreich, um zumindest die Phase des Übergangs zu überbrücken, sind Sprachkurse. „Viele Ukrainer sind gut ausgebildet, doch wenn sie sich mit ihren Kollegen und Arbeitgebern nicht verständigen können, werden sie nicht eingestellt“, erklärt Klatt. Die Sprach- und Integrationskurse würden gut angenommen werden, Ausnahmen bilden höchstens Geflüchtete im hohen Alter, die mit dem Erlernen einer neuen Sprache überfordert seien.

Grundsätzlich bleibt die Sprache die größte Herausforderung in der Integration, erklärt der Vorstand der Flüchtlingshilfe. Sei erstmal ein gutes Sprachniveau erreicht, könne zudem die Erwartung an die Geflüchteten, Arbeit zu finden erhöht werden. Damit käme für die Menschen ein Halt auf, bis Gewissheit über die Zukunft der Ukraine eintritt. Bis dahin bleibt die Hoffnung: Darauf, dass der Krieg ein Ende findet. Darauf, dass Geflüchtete eine Grundlage finden, ihr Leben neu aufzubauen. thes/ü

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