Heppenheim. Wer darf künftig bei den Heppenheimer Einzelhändlern einkaufen? Bleibt alles beim Alten, das heißt: Jeder, der Mundschutz trägt, darf in den Laden? Oder aber gibt es Ladeninhaber, die von der neuen Option Gebrauch machen, die seit dem vergangenen Donnerstag gilt. Wie in der Gastronomie oder bei Veranstaltungen dürfen nun auch die Einzelhändler die so genannte „2G-Option“ ziehen – also Einschränkungen zurückfahren, wenn sie ausschließlich Geimpfte oder Genesne in den Laden lassen. Möglich gemacht hast das eine Klage einer Geschäftsfrau. Wir haben in der Heppenheimer Innenstadt in ein paar Geschäften nachgefragt.
In Ulrike Schürmanns Stoffgeschäft „Hereinspaziert“ bleibt alles wie bisher. Jeder, der einen vorschriftsmäßigen Mundschutz trägt, kann dort nach Herzenslust Stoffe aussuchen. Für eine Änderung sieht die Inhaberin keinen Anlass. Auch bei „Wunderle Herren“ muss keiner draußen bleiben. Roberto Zampieri lobt die Kunden, die alle sehr vernünftig seien. Eine Verschärfung der Regeln sieht er nicht als notwendig an. Auch sein Sohn Gianmarco Zampieri bestätigt: „2G ist für uns kein Thema“, zumal sich im Geschäft nie große Menschenmengen auf einmal aufhalten würden, das Abstandhalten sei so immer gewährleistet. „Alle kommen immer zeitversetzt. Da brauchen wir als Berater und auch die Kunden keine Angst zu haben“, sagt Roberto Zampieri.
Marion Wilke-Gobes, Inhaberin der Boutique Marion, ist überzeugt, dass sie eine Lösung finden wird, die all ihren Kunden gerecht wird und auch umsetzbar ist. Das könnte auch das Shoppen in verschiedenen Zeitfenstern bedeuten.
Beim Familienunternehmen Fischer Raumausstattung wird man sich dieser Tage noch mal im Familienrat zusammensetzen und das Thema diskutieren, so Herbert Fischer. Noch geht es weiter wie bisher. „Es geht in erster Linie um die Kunden“, so Fischer, „und darum, dass die Menschen zufrieden sind und sich keiner außen vor gelassen fühlt.“ Ein weiterer Aspekt: Würde man nur noch Geimpfte und Genesene einlassen, würden die anderen im Internet shoppen. Das könne nicht im Sinne der Einzelhändler sein.
Auch Karin Herold-Binz freut sich weiterhin über jeden Kunden. Lediglich bei den Kosmetikanwendungen besteht 3G-Pflicht. Tests können die Kunden bei ihre direkt im Laden machen. Gerade in Zeiten, in denen es immer weniger Testmöglichkeiten gibt, ein wichtiger Service. „Ich möchte keinen meiner Kunden ausgrenzen“, unterstreicht die Geschäftsfrau.
„... wie die Leute ticken“
In der Buchhandlung Schmitt Hahn gibt es noch keine Informationen zum Thema aus der Zentrale in Heidelberg, so eine Angestellte. Es geht erst mal weiter wie bisher. „Man müsste dann ja jemanden an die Tür stellen zum Kontrollieren“, gibt sie zu bedenken. Und man müsse mit harschen Reaktionen derer rechnen, die nicht mehr hinein dürften.
Auch für Apotheker Karl Steiner stellt sich die Frage nach 2G nicht: „Wir achten darauf, dass alle Menschen, die zu uns kommen, Maske tragen. Wir verwenden Plexiglas als Schutz. Das muss reichen.“ Bei der Gastronomie oder bei Veranstaltungen, wo keine Masken am Sitzplatz getragen würden, gebe es ganz andere Voraussetzungen als beim Einzelhandel.
Beim Friseur gilt schon seit Langem die 3G-Regel. Nun wäre 2G und damit der Verzicht auf Masken beim Haareschneiden möglich. Eine Option? Nicht für Fatma Oker von der „Haar Lounge“. Das hat für sie auch wirtschaftliche Gründe. Minus gemacht habe sie während des Lockdown schon genug. „Außerdem wollen wir das der Kundschaft gegenüber nicht; wir wollen jeden gerecht bedienen und behandeln und keinen ausgrenzen.“ Und dann richtet Frau Oker den Blick auf die Bluttat in Idar-Oberstein, bei der ein junger Mann von einem Gegner der Corona-Maßnahmen getötet wurde. „Man weiß ja nie, wie die Leute ticken“, gibt sie zu bedenken.
Nicht alle befragten Einzelhändler wollten ihre Meinung mit ihrem Namen in Verbindung gebracht sehen. Die einen führten wirtschaftliche Gründe für das Beibehalten der jetzigen Regeln ein, haben schlichtweg Angst um ihre Existenz, wenn ein Teil des Kundenstamms wegbricht. Andere befürchten Gewalt oder einen Shitstorm im Internet. „Es klappt doch so gut, wie es jetzt ist“, sagt eine andere Geschäftsfrau. „Warum ändern, was sich bewährt hat?“
Christopher Hörst, Vorsitzender der Heppenheimer Wirtschaftsvereinigung hält nichts von der 2G-Option für den Einzelhandel: „Damit drückt die hessische Landesregierung ihre Verantwortung an den Einzelhandel ab.“ Konsequenter wäre da eine Impfpflicht, findet er, ohne allerdings für eine solche zu sein. Die 2G-Regelung betreffe schließlich auch Geschäfte des täglichen Bedarfs. Rein theoretisch könnten auch Supermärkte und Drogerien diese Option ziehen. „Was sollen denn dann die Menschen machen, die dort nicht mehr einkaufen dürfen?“ rid/ü
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