Soziales

Flüchtlingshilfe in Heppenheim als gelebte Integration

Der Verein unterstützt Geflüchtete in der Kreisstadt aktiv und vielfältig / Die Kleiderkammer als Beispiel

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bk/ü
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Die Flüchtlingshilfe Heppenheim – im Bild Anna Cammilleri und Burghard Klatt – leistet vielfältige Integrationsarbeit. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Derzeit kommen zahlreiche Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt auch nach Heppenheim. Hier bietet seit der großen Flüchtlingswelle im Jahr 2015 die Flüchtlingshilfe Heppenheim ein vielfältiges Spektrum an Angeboten, um Flüchtlingen bei ihrer Ankunft zu unterstützen und Integration zu ermöglichen. Doch was ist für eine gelungene Integration wichtig und wie genau sehen die Angebote für die Flüchtlinge in Heppenheim aus? Dazu sprach diese Zeitung mit Burghard Klatt und Anna Cammilleri von der Flüchtlingshilfe.

2015 kam es zur Solidarisierung von Bürgern unter Beteiligung der Kirchen und Institutionen mit der Stadt, um diese und die Menschen, die hierherkommen, zu unterstützen. Hieraus gründete sich 2016 die Flüchtlingshilfe Heppenheim aus Kirchen, der Moschee, der Stadt, dem Roten Kreuz und vielen engagierten Bürgern – auch, um selbst Spenden generieren und verteilen zu können. Aus den 112 Gründungsmitgliedern sind mittlerweile rund 230 Mitglieder geworden, von denen sich etwa 30 sehr aktiv engagieren. Viele Mitglieder kümmern sich zudem um Flüchtlingsfamilien und haben für diese Patenschaften übernommen.

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„Es ist unsere Aufgabe, Menschen in Not zu helfen und dabei zu unterstützen, hier anzukommen und sich zu integrieren“, betont Burghard Klatt, Vorstandsvorsitzender des unpolitischen und nicht religiösen Vereins. Dabei sei es auch vonseiten der deutschen Bevölkerung aus wichtig, Integration zuzulassen. Grundsätzlich sieht er den Schlüssel zur Integration sowohl in der Sprache als auch der Arbeit, aber auch im kulturellen Verständnis. „Wichtig ist, zu sehen, wie andere Menschen ticken und welche Vorstellungen sie haben“, so Burghard Klatt.

Gegenseitiges Kennenlernen

Die Flüchtlingshilfe selbst versucht, Integration in vielfältiger Weise umzusetzen: Denn durch den Krieg in der Ukraine sowie verschiedenen Krisenregionen der Welt kommen viele Flüchtlinge nach Heppenheim. Die Flüchtlingshilfe berät diese und unterstützt sie, dabei arbeitet sie eng mit den Behörden zusammen. Zur Beratung gehört das Angebot im Bruchseehotel. Hier sind seit Sommer Flüchtlinge untergebracht, „wir bieten dort Alphabetisierungs- und Grundsprachkurse an, ebenso wie eine Hausaufgabenbetreuung und eine wöchentliche Sprechstunde“, so Burghard Klatt. Zudem werden generell Dolmetscher für Gespräche bei Problemen und Fragen in Schulen oder bei Besuchen beim Arzt vermittelt – in enger Absprache mit der Integrationsbeauftragten der Stadt, die ebenfalls Mitglied der Flüchtlingshilfe ist. Auch die Vermittlung von privaten Unterkünften ist eine wichtige Aufgabe, in enger Zusammenarbeit mit Stadt und Kreis. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass sich die Flüchtlinge zurechtfinden, beispielsweise bei der Mülltrennung. Und auch die Unterstützung beim Ausfüllen von Behördenformularen und bei juristischen Fragen wird durch das Team gewährleistet. Für Kinder aus prekären Verhältnissen gibt es darüber hinaus im Marienhaus eine weitere Hausaufgabenbetreuung.

Ein Angebot zum gegenseitigen Kennenlernen stellt das Café Welcome dar. Dieses ist jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr im Haus Dornbusch geöffnet, dort treffen sich Menschen aus allen Kulturen zwanglos bei kostenlosem Saft, Kaffee und Kuchen. Dahingegen richtet sich „Frauen im Gespräch“ ausschließlich an Frauen aus allen Kulturkreisen, die sich am letzten Mittwoch im Monat von 17 bis 19 Uhr im Gemeindesaal der Christuskirche zu Themen, die sie bewegen, austauschen können.

Integration auch im Rahmen von Veranstaltungen

Die Kleiderkammer ist ein besonders hervorzuhebendes Projekt: Denn hier sind die Flüchtlinge direkt mit einbezogen, die diese Einrichtung mittlerweile hauptsächlich organisieren, unter Koordination der Flüchtlingshilfe. Begonnen hat alles mit der Sammelaktion von Gütern für die Ukraine, wie Anna Cammilleri erläutert. Ende März 2022 eröffnete die Kleiderkammer in Erbach für Ukrainer, mittlerweile ist sie ins Marienhaus umgezogen. Die Kleiderkammer ist jeden Mittwoch von 18 bis 20 Uhr für alle Geflüchteten, aber auch Bedürftige, die aus Deutschland stammen, geöffnet. In diesem Zeitraum können auch Sachspenden abgegeben werden. Wer die Kleiderkammer mit Spenden unterstützen möchte, kann sich gerne per E-Mail an Kleiderkammer@fh-hp.de wenden.

Auch im Rahmen von Veranstaltungen soll Integration vorangebracht werden. So findet jährlich ein Konzert mit dem Ziel statt, möglichst Künstler aus verschiedenen Ländern auftreten zu lassen. Kulturell wartet das Angebot zudem mit einem „Kino der Kulturen“ sowohl für Erwachsene als auch für Kinder auf. In Kooperation mit dem Saalbaukino und der Stadt werden pro Jahr zehn Filme gezeigt, die aus den Ländern stammen, aus denen die Heppenheimer Flüchtlinge kommen. Für die Kinder gilt es, die Kultur näher zu bringen. Das Angebot richtet sich dabei jeweils an einen Jahrgang aus den Grundschulen, auf diesem Weg sind auch bereits Freundschaften entstanden. Der jährliche Herbstausflug gehört ebenso zum Angebot wie das Sommerfest. Wer die Flüchtlingshilfe kennenlernen möchte, hat dazu beim diesjährigen Nikolausmarkt Gelegenheit.

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Auf die häufig teuren und langwierigen Umbauten zur Nutzung von Unterkünften für Flüchtlinge wie beim Bruchsee-Hotel oder bei der alten Post angesprochen, sehen Burghard Klatt und Anna Cammilleri die Probleme vor allem in den Bestimmungen zur Sicherheit und in der Bürokratie. Gerade die Brandschutzmaßnahmen verursachen dabei immer wieder hohe Kosten, da diese für Unterkünfte seitens des Staates wesentlich höher seien als beispielsweise bei Hotels. Und in den Verwaltungen würden häufig Entscheidungen einfach zu lange dauern, dies sei aber ein grundsätzliches Problem.

Mit Blick in die Zukunft befürchtet die Flüchtlingsinitiative einen starken Anstieg an Zahlen. Ursache sind der Klimawandel und die Zerstörung der Umwelt, wobei die Ursachen hierfür vor allem in Europa zu suchen seien. „Darauf müssen wir uns langfristig einstellen“, so Burghard Klatt. bk/ü

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