Theater

Planung für ein Dach über der Festspiel-Bühne

Mit Leidenschaft und Überzeugung will Intendantin Iris Stromberger eine würdige 50. Festspiel-Saison hinlegen.

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mbl/ü
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Für den Sommer 2024 lädt die Familie Stromberger wieder auf den Amtshof (Bild) und zum „Faust“ in Sankt Peter zu den Festspielen Heppenheim ein. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Das Leben ist eine Bühne, nur spielen sich Dramen und Komödien heute hauptsächlich auf (portablen) Bildschirmen ab. Als Intendantin der Festspiele Heppenheim will Iris Stromberger (Archivbild: Neu) vom Darmstädter Haus „Theaterlust“ weiter daran glauben, dass sich Menschen von der Strahlkraft des Theaters fesseln lassen können. Umso mehr zur 50. Auflage, die vom 16. Juli bis zum 31. August auf ein vielschichtiges Programm und eine heitere sowie eine bedeutungsschwere Säule setzt: „Der nackte Wahnsinn“ im Amtshof und „Faust I“ im „Dom der Bergstraße“ Sankt Peter.

Letzteres als Reminiszenz an die Anfänge unter Hans Richter, dessen Würdigung am ersten Tag dieser Saison Walter Renneisen vornimmt. Dessen Stimme begleitet unter anderem auch den Audio-Guide zum von jedem Gast der Altstadt selbst organisierbaren, von Sagen geprägten Laternenweg. Kurz nach den Gassensensationen sollen die Festspiele ins Herz der Kreisstadt locken. Bei besser als im recht nassen Vorjahr mitspielendem Wetter, so hoffen alle. Wie sehr die Menschen ihr Kommen oder Fernbleiben vom Wetter abhängig machen, erkannte Familie Stromberger und will daraus Konsequenzen ziehen.

Ein Dach für die Amtshof-Bühne soll her. Nicht zeltartig, wie unter Richter. „Habe ich als Zuschauerin und Schauspielerin erlebt. Das war schon eine Sauna“, sagt Iris Stromberger und denkt eher an eine flexible Lösung, die sich zurückfahren lässt, wenn es eben doch freundlich ist. Die aber womöglich auch hilft, wenn die Sonne gnadenlos brennt. Ohne dass ein Wintergarten-Effekt entstehen soll.

Iris Stromberger © Thomas Neu

Launig heißt es „wissenswert“ im vorliegenden Programmheft: „Wir freuen uns mit Ihnen zusammen, wenn es klappt. Bitte trauern Sie mit uns, falls es nicht klappt. In diesem Fall bemühen wir uns um Petrus als Schirmherrn der Festspiele.“ Bis dahin muss es mit einer Lösung knapp darunter gehen, mit dem alten und neuen hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU): „Die Heppenheimer Festspiele leisten ihren Beitrag zum kulturellen Leben in unserem Land.“

Bei aller vorsichtigen Zuversicht sind zur Realisierung noch einige Hürden zu nehmen. Das Finanzielle scheint geklärt, dank eines großzügigen Spenders, der seinen Namen nicht genannt wissen will und lieber der Sache dient.

Liebe und Leidenschaft treiben Stromberger bei den Festspielen an

Eine andere Hausnummer ist der im altehrwürdigen Komplex zwingend zu beachtende Denkmalschutz. Hierzu stimmt sich Stromberger mit der zuständigen Landesdenkmalpflege ab. Versprechen, dass das Dach schon diesen Sommer zum Einsatz kommt, kann sie nicht. Wohl aber die fortwährende Dialogbereitschaft. „Die Leute haben das so sehr geschätzt, dass ich vor den Vorhang getreten bin und nach der Stimmung gefragt habe.“ Manchmal blieb dann die Pause aus, „damit wir alle trocken nach Hause kommen“; und das Eklige von außen war durch Wohliges im Innern ersetzt.

Liebe und Leidenschaft treiben Stromberger an und ließen sie das Wagnis eingehen, noch zu Pandemie-Zeiten 2022 einzusteigen. „Ich kann mir ein Leben ohne Theater nicht vorstellen“, bekennt die erfahrene Regisseurin und Schauspielerin, die wie mehrere Mitglieder ihrer Familie auch in diesem Jahr wieder selbst auf der Bühne stehen wird. Natürlich muss auch Theaterlust wirtschaften können, aber eine fünfzigprozentige Auslastung der Heppenheimer Kapazitäten wäre schon ein schöner Erfolg. Bei allem Enthusiasmus und Abenteuergeist setzt der Verstand nicht aus. „Ich hatte keine Illusionen, mit 80 oder 90 Prozent der Ränge füllen zu können.“

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Die Intendantin hofft wie so viele Veranstalter und Formate, etwa die Gassensensationen, weiterhin darauf, auch die Jugend (zurück)gewinnen zu können. Das Bemerkenswerte dabei ist: „Wenn Jugendliche kommen, sind sie begeistert. Weil wir ja auch ihre Lebensrealitäten widerspiegeln. Worum geht es denn beim Theater? Um Liebe und Vertrauen.“ Damit das verfängt, sind auch die Schulen wieder mit an Bord zu nehmen. Gern verkündet Iris Stromberger Beispiel gebend, dass das katholische Viernheimer Albertus-Magnus-Gymnasium gerade 95 Karten für eine Faust-Vorstellung gebucht habe.

Wenn nach der Komödie von Michael Frayn der nackte Wahnsinn tobt, „ist das so ein Knaller, das wollen manche sicher auch zwei- oder dreimal sehen“. Und dann, das wäre die erhoffte Steigerung, ist die Lust auf Theater vielleicht wieder so erwachsen, dass man sich auch den Klassiker anschauen möchte. Goethes Meisterwerk um Doktor Faust (Fabian Stromberger) zwischen Himmel und Hölle als Spiel mit dem Teufel und der Unschuld in der Kirche spielen zu lassen, passt natürlich. Und der Schutz von und nach oben ist zudem gesichert. mbl/ü

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    Fliegender Wechsel im Amtshof. Noch hängt die Fahne des am Sonntag beendeten Weinmarkts über der großen Bühne, da sind schon die Veranstaltungs- und Lichttechniker für das nächste große Ereignis am Werk. Die gemeinnützige „Theaterlust“-GmbH übernimmt die Regie mit ersten Vorbereitungen für das Bühnenbild, das ab diesem Mittwoch aufgebaut wird. In wenigen Tagen beginnen die Heppenheimer Festspiele: Die Premiere von Carl Zuckmayers „Der fröhliche Weinberg“ markiert am 15. Juli nach zweijähriger Corona-Pause den Neubeginn des traditionsreichen, 1974 von Hans Richter begründeten Freiluft-Theaters. {element} Die Schauspielerin und Regisseurin Iris Stromberger hat die Intendanz übernommen, jetzt steht sie zum ersten Mal auf der Bühne, die bis Ende August der Mittelpunkt ihres Theaterlebens sein wird. Ihr Mann Ingo Schöpp-Stromberger, Geschäftsführer und Bühnenbildner der Festspiele, schaut unterdessen auf dem Pflaster nach den Markierungen fürs Podest im hinteren Teil des Hofes. Weil das Gelände abfällt, werden die Sitzplätze erhöht, damit die gute Sicht gewährleistet ist. Neues Mobiliar und neue Polster {furtherread} Und auch in die Bequemlichkeit für die Gäste wird einiges investiert. Die Stadt hat neues Mobiliar angeschafft, vierzig Tische, achtzig Bänke, zusätzlich Stühle, allesamt ausgestattet mit Rückenlehnen. Denn der Festspielbesuch konnte früher zur Strapaze werden, altgediente Theaterfreunde erinnern sich an die harten Biertisch-Garnituren. Auch Andrea Helm, Stiftungsmanagerin der Sparkassenstiftung Starkenburg, hat solche Abende erlebt, „es war doch immer eine Herausforderung“, seufzt sie. Umso erfreuter stellte sie eine Anschaffung vor, die am Dienstag der Stadt von der Stiftung als Dauerleihgabe übergeben wurde: Polster für Bänke und Stühle, maßgeschneidert für das Amtshof-Mobiliar, abwaschbar, wetterfest und mit praktischen Klettbändern zu befestigen. Bei der Auswahl der grauen Farbe hat die Intendantin ein Wörtchen mitgeredet, sieht ja auch sehr schick aus zum Weiß der Bänke, und Iris Stromberger verspricht Tischdecken und Blumen-Deko. Sie will die Menschen aus ihren bequemen Fernsehsesseln wieder ins Live-Theater locken, und dann sollen sie es auch schön haben. „Die Festspiele bekommen einen anderen Charakter“, sagt Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU), und er meint nicht nur den Anblick im Theaterhof, sondern auch die enge und offenkundig sehr gute Zusammenarbeit der Betreibergesellschaft mit der Stadt. Dass die Zuschauer in diesem Sommer unter freiem Himmel sitzen, sei angesichts wieder steigender Corona-Zahlen eine gute Sache. Für die kommenden Jahre, ergänzt Schöpp-Stromberger, solle es aber wieder einen Regenschutz geben. Premiere fast ausverkauft Neben den Polstern, die von der Stadt auch für andere Veranstaltungen genutzt werden können, spendet die Stiftung den Festspielen 20 000 Euro. „Gelebte Kulturförderung“, die sowohl bei der Sparkasse als auch bei deren Stiftung selbstverständlich sei, sagt Helm. Allmählich zieht auch der Vorverkauf an, für die erste Premiere gibt es nur noch vereinzelt Karten, an allen Abenden lohnt es, an der Abendkasse nachzufragen. In den kommenden Tagen wird der Hof sein Gesicht verändern. An der Seite wird sich die Herrmann Gastro Gruppe aus Lampertheim einrichten, die außer Wein der Bergsträßer Winzer eG und Odenwaldquelle-Wasser auch kleine Speisen anbietet. Nicht nur der weiche Sitz, auch die Bewirtung markiert die Abkehr vom sehr rustikalen Charme, der dieses Festival früher auszeichnete. Dann geht es Schlag auf Schlag, die Endproben zum „Fröhlichen Weinberg“ sind schon auf der Amtshof-Bühne angesetzt, und nach dem ersten Wochenende muss rasch umgeräumt werden, damit die bereits fertig einstudierte zweite Produktion „Cash!“ am 22. Juli folgen kann. Die Wartezeit darauf verkürzt von 19. bis 21. Juli an drei Abenden der Schauspieler Walter Renneisen – mit zwei Programmen seines Dauerbrenners „Deutschland, deine Hessen“, dazwischen moderiert er mit eigenen Erinnerungen den Abend „Als der Jazz in Deutschland laufen lernte“, zu dem Sigi’s Jazz Men musizieren. Dann wird im Wochenturnus zwischen rheinhessischem Volksstück und britischer Farce gewechselt. In beiden Komödien hat Iris Stromberger als Regisseurin ihren Ensembles nicht nur Präzision, sondern auch Tempo verordnet. Den „Weinberg“ will sie in rekordverdächtigen neunzig Minuten plus Pause auf die Bühne bringen. Die Regisseurin verspricht: „Wir sind flott unterwegs.“ job/ü

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