80 Jahre Kriegsende in Heppenheim

Eine alte Kastanie in Heppenheim als besondere Zeitzeugin

Die Fällung einer Kastanieging nicht ohne Probleme über die Bühne; sie enthielt Metallsplitter, die von einem Bombardement der Amerikaner vor deren Einmarsch am 27. März 1945 stammen dürften.

Von 
red
Lesedauer: 
Ein Heppenheimer Baum als Zeitzeuge: Die große Kastanie auf dem Le-Chesnay-Platz wurde wegen Kernfäule gefällt, dabei traten Metallsplitter aus dem Zweiten Weltkrieg zum Vorschein. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Im Februar wurde auf dem Le-Chesnay-Platz an der Kalterer Straße durch die Stadt eine Rosskastanie entfernt, für die das ausführende Landschafts- und Forstunternehmen besondere Anstrengungen unternehmen musste. Nachdem der nicht mehr standsichere Baum zerteilt am Boden lag, waren drei Sägeketten hinüber. In dem Baum befanden sich Metallsplitter, die aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges rühren und im Zusammenhang mit dem Einmarsch der Amerikaner am 27. März 1945 stehen könnten.

Weil die Motorsäge nicht glatt durch den Stamm ging, war es nicht möglich, hinterher die Ringe zu zählen, um das Alter zu bestimmen. Doch der Landschaftsbauer war sich sicher, dass der gefällte Baum mehr als 80 Jahre alt war. „Hier sind doch die Amerikaner damals einmarschiert“, sagte der Heppenheimer.

Wenn alte Bäume Metallsplitter im Stamm haben, wird von „Splitterbefall“ gesprochen, der oft tatsächlich aus Kriegstagen rührt. Die kriegsversehrte Rosskastanie war somit 80 Jahre lang eine stumme Zeugin des Geschehens. Tatsächlich waren die Amerikaner am 27. März in Heppenheim einmarschiert. Ein Erkundungsflug über Heppenheim fand schon am 24. März statt. Dieses Datum ist einem Luftbild der US-Zone zu entnehmen. Aus dem Ried kommend marschierten die Soldaten über die Lorscher Straße ein.

In Höhe der heutigen Volksbank stand noch ein Panzerfahrzeug, das Gegenwehr leisten wollte. Dies hatte zur Folge, dass in der Straße „In der Krone“ eine Bombe fiel, die die Häuserhälfte der Bäckerei Zipp an der Bahnhofstraße 1 dem Erdboden gleich machte. Der im Vorjahr verstorbene Bäckermeister Josef Zipp war damals acht Jahre alt und konnte sich gut an die Geschehnisse erinnern. Während Vater Martin Zipp noch in Kriegsgefangenschaft war, kamen er, sein älterer Bruder, seine Mutter und weitere Verwandte in einem Zimmer des früheren Schlachthofes unter, bis sie eine Wohnung zugeteilt bekamen. Der Vater kam ein halbes Jahr später aus der Kriegsgefangenschaft zurück und baute das Haus wieder auf.

Mehr zum Thema

Kriegsende

Auf der Bergkirche wurde die weiße Fahne gehisst

Veröffentlicht
Mehr erfahren
Kriegsende 1945

Als mutige Lorscherinnen 1945 Panzersperren beseitigten

Veröffentlicht
Von
Nina Schmelzing
Mehr erfahren
Kriegsende

Als die US-Panzer durch das Lautertal rollten

Veröffentlicht
Von
Thorsten Matzner
Mehr erfahren

Gegenüber der Bahnhofstraße 1 fielen mehrere kleine Geschäfte dem Bombenhagel aus der Luft zum Opfer. Der mittlere Teil des Gebäudekomplexes wurde zerstört. Auch in der Vorstadt wurden Verteidigungsversuche unternommen. Es wurde vom Schlossberg geschossen. In der Folge wurde in der Siegfriedstraße die Weihersmühle von den Amerikanern zerbombt. Dort starben der Mühlenpächter Oskar Dittrich, seine Frau Barbara, die Mühlenbesitzerin Sophie Weiher und ihr Schwager Philipp Weiher. Und es starben noch weitere Heppenheimer an diesem Tag.

Dass Heppenheim und besonders die Altstadt nicht die Zerstörung erlebt haben wie die Nachbarstadt Bensheim, ist der Widerstandsgruppe um Dr. August König und Friedrich Gremm zu verdanken. Gremm sorgte dafür, dass der aus Ludwigshafen stammende König Kontakte mit Gleichgesinnten bekam. Dieser Gruppe ist zu verdanken, dass Heppenheim noch eine so schöne Altstadt hat. Sie konnten viele Heppenheimer dazu überreden, zu kapitulieren und weiße Fahnen rauszuhängen. Schon kurze Zeit später posierten amerikanische Soldaten am Graben auf ihren Panzern für ein Foto.

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

  • Festspiele Heppenheim
  • Bürgermeisterwahl Heppenheim