Natur

Wärmebildkamera rettet in Heppenheim Tierleben

Eine Drohne hilft beim Finden von Rehkitzen auf Wiesen. Wie die Helfer dabei vorgehen.

Von 
dj/ü
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Heppenheim. Wer einmal vier Männer vor sich hatte, die aus dem Strahlen gar nicht mehr herauskommen, weiß, es muss etwas Großartiges passiert sein. Tatsächlich war im Jagdrevier Kirschhausen die erste Wiese zur Mahd fällig. Landwirt Herbert Bitsch rief beim Jagdpächter Robert Römer an, dass er vorhat, in den Almen etwa anderthalb Hektar Wiese zu mähen. Im Normalfall geht dann die Meldekette an Jagdaufseher Eberhard Ulmen und weitere Jäger raus: „Wer kann morgen früh ab fünf Uhr suchen helfen, ob sich in der Wiese Rehkitze befinden?“

Acht bis zehn Helfer wurden bisher dazu gebraucht, um die Fläche abzusuchen. Meter für Meter gingen die Jäger durch das hohe Gras und mussten dabei aufpassen, nicht auf ein Kitz zu treten. Angelo Cammilleri hat außerdem seine Hündin Nelly dabei, die den Bambi-Nachwuchs aufspüren soll.

Nur zwei Stunden, um Wiesen abzusuchen

Diese Art der Suche zeitigte bisher mäßigen Erfolg. Längst wurden nicht alle Rehkitze gefunden. „Die ersten Tage haben sie noch keinen Geruch. Hunde finden sie nicht“, sagte Ulmen. Sie liegen im Gras und geben keinen Laut von sich. Oft liefen die Helfer ganz knapp dran vorbei. „Für die Landwirte ist ein Kitz mit abgetrennten Läufen, das schreit, ein Schock“, sagte Ulmen. Das wolle keiner erleben. Doch bisher seien jedes Jahr durchschnittlich zehn Rehkitze trotz aller Bemühungen umgemäht worden.

In Kirschhausen mähen acht Wiesenbesitzer und je nach Wetter melden sie sich am selben Tag. Also gehen die Jäger schon um 5 Uhr morgens, bevor sie sich zu ihrer eigentlichen Arbeit aufmachen, auf die Suche. In der Regel blieben dann zwei Stunden. Lange nicht genügend Zeit, um den großflächigen Boden wirklich Quadratmeter für Quadratmeter abzusuchen. „Meine Nelly ist nach zwei Wiesen fertig. Dann nehme ich sie raus“, sagte Cammilleri.

Rehkitz bleibt während Mahd in Kiste

Am frühen Freitagmorgen blieb Nelly die Suche erspart. Stattdessen stieg in den Almen unterhalb der Häuser am Kirchberg erstmals eine Drohne mit Wärmebildkamera in die Luft. Drohnenpilot und Jäger Lenart Wießner hatte die Koordinaten des abzusuchenden Grundstücks vorher schon einprogrammiert. Es dauerte keine zwei Minuten, bis die Wärmebildkamera etwas anzeigte. Wießner ging tiefer herunter und zoomte mit der zweiten Kamera der Drohne auf den angezeigten Punkt. Weiße Flecken auf braunem Fell wurden sichtbar. Schnell wurde das Kleine mit Handschuhen und Gras in eine Kiste gepackt und löste bei den vier Männern Glücksgefühle aus. „Dass wir gleich bei der ersten Suche erfolgreich waren, das ist schon was“, sagte Wießner. Zumal es die Wiese vor der eigenen Haustür war.

Römer hatte die Kiste angefertigt und sie mit genügend Schlitzen versehen, dass das jeweilige Kitz genügend Luftzufuhr bekommt. Wichtig ist der Deckel. Die älteren Kitze stünden schon auch auf. Außerdem wurde ein Infoblatt auf dem Deckel befestigt. „Finger weg, Wildtier gesichert, wird nach der Mahd wieder freigelassen“ steht darauf zu lesen. Bebildert mit einer schwarzen und rot durchgestrichenen Hand ist der Hinweis außerdem. „Ein Rehkitz wird sofort nach der Mahd und spätestens nach drei Stunden am Rand der gemähten Wiese in die Dickung gesetzt, wo es von der Geiß gefunden wird“, sagte Ulmen.

Weitere Investitionen sind nötig

Doch wie kommt es, dass sich ein Jäger eine solch teure Drohne zulegt, die 6000 Euro gekostet hat? „Ich habe letztes Jahr bei einem Freund geholfen, der mit solch einer Drohne ein Rehkitz gefunden hat. Da war für mich klar, dass wir das auch so machen müssen“, sagte Wießner. Er kaufte sich die Drohne, machte den Drohnenführerschein und meldete sie beim Luftfahrtsamt an. Die Drohne soll tatsächlich nur für die Rehkitzrettung Verwendung finden.

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Jetzt fehle nur noch ein tragbarer Bildschirm mit Akku und hoher Auflösung, wie ihn auch Filmemacher verwenden. Kostenpunkt 1400 Euro. „Wir wollen einen solchen Bildschirm jetzt gemeinsam anschaffen“, sagte Ulmen. Grund dafür ist, dass sich der Drohnenführer auf den Flug der Drohne, wegen hoher Bäume, Strommasten und der Häuser konzentrieren müsse. Eine weitere Person soll dann am Bildschirm die Wärmepunkte erkennen und Stopp sagen.

Auch mit der Drohne gehen die Jäger früh morgens los, um zu verhindern, dass die Sonne die Wiese und vor allem Steine schon aufgewärmt hat. So sind die Kleinen mit der Wärmebildkamera schneller ausfindig zu machen. dj/ü

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