Landtagswahl

Die FDP kehrte in Heppenheim zurück zu ihren Wurzeln

Bürokratieabbau, die Ampel-Regierung und AfD-Umfragewerte sind Themen beim Treffen in Heppenheim / Justizminister Marco Buschmann ruft zum Wählen auf

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ai/ü
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Die FDP Direktkandidaten Ole Wilkening und Maurice Zettl sowie Bundesjustizminister Marco Buschmann. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Auf den ersten Blick hatte der Wahlkampfauftritt von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in Heppenheim nicht viel mit Hessen zu tun. Buschmann sprach darüber, wie er zum Abbau von Bürokratie beitragen will, über die Arbeit der Ampel-Regierung in Berlin und darüber, wie er sich die hohen Umfragewerte der AfD erklärt.

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Nach Buschmanns Vortrag wurde deutlich, dass sich seine Leitlinien auf Hessen übertragen ließen, sollte die FDP nach dem Wahltag 8. Oktober in Wiesbaden mitregieren können. Die Brücke zur Landespolitik stellten die beiden Direktkandidaten Ole Wilkening und Maurice Zettl sowie der Bergsträßer Bundestagsabgeordnete und FDP-Kreisvorsitzende Till Mansmann her.

Am 12. Dezember 1948 gegründet

Buschmann wurde in Heppenheim auch von Moritz Promny empfangen, dem Generalsekretär der hessischen FDP. Er ist Direktkandidat im Odenwaldkreis, zu dem auch die Bergsträßer Städte und Gemeinden Neckarsteinach, Hirschhorn und Wald-Michelbach gehören.

Auch Marie Guerdan und Kirsten Willenbücher, Direktkandidatinnen in den Darmstädter Wahlkreisen, kamen zum Auftritt des Bundesministers. Der wiederum sprach im Café am Marktplatz vor „Ehrfurcht“, die jeden FDP-Politiker in Heppenheim ergreife. Schließlich wurde die FDP am 12. Dezember 1948 im Winzerkeller gegründet, also vor fast genau 75 Jahren. Unter den Gründungsmitgliedern war der spätere Bundespräsident Theodor Heuss. „Hier hat alles angefangen“ sagte Buschmann.

Für seine Strategie zum Bürokratieabbau hätte der Minister kein besseres Beispiel wählen können als die Justiz. Der Bezug zur Landespolitik wurde deutlich, weil der größte Teil der Gerichtsbarkeit und des Rechtswesens insgesamt in die Zuständigkeit der Länder fällt. Dass in den Amtsgerichten immer noch Aktenberge von einem Büro ins andere wandern, statt Vorgänge zu digitalisieren, das möchte Buschmann durch die elektronische Akte ändern.

Warum Asylverfahren in Rheinland-Pfalz im Durchschnitt deutlich schneller abgeschlossen werden als in anderen Bundesländern, das lasse sich nicht allein damit erklären, dass in Mainz Buschmanns Parteifreund Herbert Mertin Justizminister ist. Auch im Föderalismus gilt in allen 16 Bundesländern dasselbe Asylrecht, wie Buschmann erklärte. Wilkening zitierte den Wahlkampfslogan des hessischen FDP-Spitzenkandidaten Stefan Naas, der behauptet, Bürokratie sei therapierbar. Buschmann ergänzte schlagfertig: „Und ich bin der Therapeut“.

Drei Wochen vor den Landtagswahlen in Hessen und Bayern hielt der Jurist Buschmann in Heppenheim ein Plädoyer für den demokratischen Rechtsstaat. Was für die Justiz gilt, gelte für die Politik allgemein: Ein großer Teil spiele sich nicht in Berlin oder Wiesbaden, sondern auf der kommunalen Ebene ab.

„Verbieten ist keine Lösung“

Deshalb trage jeder Bürger, der sich in Parteien oder Kommunalparlamenten engagiert, dazu bei, „dass Politik kein blutleerer Mechanismus ist“. Doch auch die Ampel-Koalition könne sich nicht darauf beschränken, am Kabinettstisch Entscheidungen zu treffen, die anschließend nur noch zu verkünden sind. „Es ist richtig, Debatten zu führen“, sagte Buschmann. Der Bundestag sei gegenüber der Regierung selten so stark gewesen wie seit der Bildung der Koalition aus SPD, Grünen und FDP.

Auf eine Frage, wie der Rechtsstaat auf die AfD reagieren könne, sagte Buschmann: „Wir müssen unterscheiden zwischen Extremismus, der kriminell und rechtswidrig ist, und Dingen, die uns nicht gefallen“. Die Frage, was gegen 30 Prozent AfD-Anteil zu tun sei, könne er nicht beantworten.

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„Verbieten ist keine Lösung“, sagte der Justizminister. Die AfD nutze jede Krise als Geschenk, obwohl sie keine Lösungen zu bieten habe. Buschmann warnte davor, Debatten über schwierige politische Themen aus dem Weg zu gehen. Als Beispiel nannte er die große Zahl von Flüchtlingen. „Wir müssen auch über schwierige Probleme vernünftig sprechen, in angemessenem Ton, um Lösungen erarbeiten zu können“, sagte er. Die Demokratie gerate dann in Gefahr, wenn das nicht mehr möglich wäre.

Die Vorgänge im thüringischen Landtag kamen bei Buschmann in Heppenheim nicht zur Sprache.

Mit großer Sorge betrachte er das Verhalten des bayerischen Staatsministers Hubert Aiwanger. Statt sich zu entschuldigen und zu bekennen, „ich habe in meiner Jugend Mist gebaut“, stelle sich Aiwanger als Held und Opfer dar. Vor der Abreise aus Heppenheim rief der Justizminister dazu auf: „Anständige Demokraten gehen zur Wahl, notfalls machen sie Briefwahl“. ai/ü

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