Heppenheim. Fachkräftemangel in den Kindertagesstätten, Neugestaltung des Parkhofs und die Neuzuweisung von Flüchtlingen: Das sind nur drei Themen von vielen, mit denen sich Heppenheims Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) beschäftigen muss. Im Interview wirft er einen Blick auf die Lage der Kreisstadt.
Herr Burelbach, es sind Sommerferien. Womit beschäftigt sich die Verwaltung während der Pause der politischen Gremien?
Rainer Burelbach: Die Menschen bewegt immer, was in ihrem direkten Umfeld ist. Jeden Tag beschäftigen wir uns mit scheinbaren Kleinigkeiten, die aber für viele extrem wichtig sind. Ganz alltägliche Dinge wie Bäume oder Hecken, wenn der Nachbar lärmt, wenn alles zugeparkt wird oder kein Parkplatz da ist oder auch wenn eine Straßenlaterne nicht geht. Das ist nur eine Auswahl an Themen. Da gibt es keine politische Meinung dazu, sondern wir müssen uns darum kümmern. Das macht die Verwaltung, häufig dann der Bauhof oder das Ordnungsamt. Und man muss gucken, dass es friedlich bleibt, gerade wenn es Nachbarn unter sich sind. Es bewegt die Leute nicht immer so, was in Berlin große Politik macht und worüber da geredet wird. Damit haben wir relativ wenig zu tun. Höchstens indirekt, wenn es einen Krieg gibt und Flüchtlinge zu uns kommen.
Wie ist denn derzeit die Lage, was Flüchtlinge betrifft?
Burelbach: Die Zahl war bis zum Sommer geringer, jetzt beginnt sie wieder zu steigen. Uns ist mitgeteilt worden, dass die Quote derer, die uns zugeteilt werden, etwas erhöht wird. Wir werden in diesem Quartal 44 Geflüchtete aufnehmen. Im zweiten Quartal waren es etwa zehn weniger.
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Wie sehen Sie die Stadt darauf vorbereitet?
Burelbach: Es ist so, dass es immer eine natürliche Fluktuation gibt. Ein Teil der Flüchtenden findet eine Wohnung und zieht aus den Unterkünften weg, dadurch entstehen wieder Kapazitäten. Wir haben noch eine neue Unterkunft in der Tiergartenstraße angemietet, die gerade vorbereitet wird. Die Verteilung richtet sich danach, welche Menschen kommen, also welche Familienkonstellationen vorliegen. In der alten Post wohnen immer noch Mütter mit Kindern, alleinstehende Männer bringen wir woanders unter. Wir schauen, aus welchen Ländern die Menschen kommen, sodass Nationalitäten, die im Streit sind, nicht in einer Unterkunft zusammenwohnen. Insgesamt müssen wir dranbleiben und suchen immer wieder dezentral größere Immobilien für Unterkünfte.
Besonders beschäftigt hat die Stadt auch die Suche nach Mitarbeitern für die Kindertagesstätten.
Burelbach: Das ist eines der ganz großen Themen für uns. Überall in Deutschland, natürlich in den Regionen, die auch Bevölkerungswachstum haben, wie hier in der Region, gibt es Fachkräftemangel. Und da gibt es unzählig viele Initiativen auf allen politischen Ebenen, um dem entgegenzuwirken. Der Wille ist da. Es wird versucht, an der Definition „Fachkräfte“ zu arbeiten und diesen Kreis zu erweitern. Da waren wir kürzlich auf Landesebene in der Gesetzgebung erfolgreich. Wir versuchen, neue Arten von Werbung zu machen, um Erzieherinnen zu gewinnen. Zurzeit läuft eine Initiative, um deutschsprachige Fachkräfte in Namibia anzuwerben. Wir werden natürlich weiterbilden, Schulungen und Ausbildung weiterhin unterstützen und außerdem Praktika ermöglichen. In Zukunft werden wir auf Instagram gezielt Werbung machen und natürlich wollen wir auch darstellen, wie schön und wie wichtig der Beruf ist. Zudem stellen wir ständig ein, merken aber, dass die Fluktuation groß ist.
Zur Person
- Rainer Burelbach (59) ist seit 2011 Bürgermeister von Heppenheim.
- Er wurde in Neuerburg/Eifel geboren, nach dem Abitur absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann.
- Seinem BWL-Studium in Mannheim folgte ab 1993 eine Tätigkeit als Dozent für die Stiftung Rehabilitation Heidelberg, in deren Geschäftsleitung er seit 2004 war.
- Von 2007 bis 2011 war er Betriebsleiter des Jobcenters „Neue Wege“. bib/ü
Woran liegt es, dass so viel Kräfte wieder gehen?
Burelbach: Viele werden schwanger oder ziehen weg. Manche Schwangere würden auch gern noch weiter arbeiten, dürfen aber wegen des Gesundheitsschutzes nicht. Es gibt viele junge Kräfte, die einsteigen, sich dann aber nochmal familiär neu orientieren, wegziehen oder eine Chance haben, in ihrem Wohnort zu arbeiten und damit Wegezeit sparen. Es gibt auch einige, die studieren wollen.
Wie viele Fachkräfte fehlen denn?
Burelbach: Wir sind zuletzt sehr viel größer geworden, dadurch, dass wir einige Kitas, als auch Kindergärten von freien Trägern und von der Kirche übernommen haben. Daher haben wir jetzt mittlerweile über 165 Mitarbeitende in dem Bereich Kinderbetreuung. Wie viele fehlen, kann man exakt genau nicht sagen, das ist ein ständiger Wandel. In den meisten Kitas sind wir über dem gesetzlichen Schlüssel und haben mehr Mitarbeitende als gesetzlich notwendig. Trotzdem reicht es wegen der Fluktuation und Krankheitswellen noch nicht. Freiwillig haben wir Nicht-Fachkräfte zusätzlich eingestellt, um die Versorgung zu verbessern und um unsere Erzieherinnen zu entlasten. Diese werden uns allerdings nicht im Betreuungsschlüssel angerechnet.
Wer neu in einer Heppenheimer Kita beginnt, der müsste jedoch auch irgendwo wohnen...
Burelbach: Ich glaube, es gibt wenige Orte, die in den letzten Jahren so viel Wohnraum geschaffen haben wie Heppenheim. Und wir unterstützen weiterhin, dass neuer Wohnraum geschaffen wird. Anfang des Monats war der Spatenstich in der Kalterer Straße, in der Gunderslache entstehen außerdem etwa 150 Wohnungen. Der Bauantrag für die Gymnasiumstraße liegt vor, wo nochmals über 50 Wohnungen gebaut werden. Für die Appartment-Wohnungen von Vitos läuft noch das Verfahren. Es gibt ganz viel, was im Bauamt noch in der Pipeline ist, um dieser Nachfrage gerecht zu werden. Umso mehr wäre es wichtig, dass die Regionalplanung Südhessen die Entwicklung hier in der Region entsprechend berücksichtigt und uns Freiraum gibt.
Für die Entwicklung der Stadt sind natürlich auch die Schulen wichtig. Wie sehen Sie Heppenheim auf die Zukunft vorbereitet?
Burelbach: Aus meiner Sicht läuft es sehr gut. Es gibt immer wieder bei den Bauarbeiten Gegenwind aus irgendeinem Grund, wie beispielsweise Insolvenzen. Ich finde, der Kreis macht das sehr gut. In Kirschhausen wurde die Schule weitgehend erneuert, in die Martin-Buber-Schule und auch in das Starkenburg-Gymnasium wurde viel investiert. Von daher ist das Ganze auf einem guten Weg.
Ein Thema, das viele beschäftigt, ist immer wieder der Parkhof. Wie geht es bei der Neugestaltung voran?
Burelbach: Wir sind dran. Es gibt Gründe dafür, dass es scheinbar nicht vorangeht. Das Eine ist immer noch der ehemalige Bunker, der heute als Parkhaus genutzt wird. Die Abdichtung ist sanierungsbedürftig oder nicht vorhanden. Das ist aufwendiger, als ursprünglich gedacht. Dafür müsste der ganze Parkhof Süd abgetragen werden bis auf diese Betondecke und die müsste komplett neu abgedichtet werden. Das Thema Bunker hat aufgrund der internationalen Konflikte wieder an Bedeutung gewonnen. Von daher ist die Frage: Muss er vielleicht in Zukunft wieder als solcher genutzt werden? Außerdem führen wir im Grundstücksbereich im Moment Gespräche, die uns vielleicht in der Zukunft weitere Lösungen für den Parkhof bieten. Das dritte ist, dass natürlich die finanziellen Mittel und die Fördergelder nicht unendlich sind. Wir hatten gerade ein Gespräch die Fördermittel betreffend und haben jetzt einen klaren Blick darauf. Wir wollen nicht darüber hinausgehen. Wir wollen das machen, was auch gefördert wird.
Wie steht Heppenheim denn generell finanziell da?
Burelbach: Bei allem, was an Unsicherheit in der Welt und auch in Deutschland herrscht, müssen wir darauf achten, dass unsere Finanzen in Heppenheim weiter stimmen. Das haben wir im Blick und es intern in der Verwaltung ausgiebig besprochen. Mit der Einnahmeseite sind wir im Moment noch zufrieden und bei den Ausgaben müssen wir schauen, dass wir weiterhin gut haushalten. Nicht jeder Wunsch ist umsetzbar, wir müssen sehen, dass wir nicht leichtsinnig werden. bib/ü
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