Heppenheim. Am konkreten Ziel und an Ideen mangelt es nicht. Wenn da nur nicht das liebe Geld wäre: auf eine runde Million Euro werden die Kosten dafür geschätzt, aus der Alten Synagoge in der Heppenheimer Kleine Bach ein für alle geöffnetes und offenes Kulturdenkmal zu machen. Ein Batzen Geld, den weder der Förderverein Alte Synagoge noch die Stadt oder auch beide gemeinsam aufbringen können. Weshalb am Sonntag, dem bundesweiten „Tag des offenen Denkmals“, von Neuem für das Projekt geworben wurde, das ein Schlaglicht auf 600 Jahre jüdisches Leben in der Kreisstadt werfen soll.
Andrang hält sich in Grenzen
Der Andrang hielt sich zwar in Grenzen, als der markante Fachwerkbau am Rand der Altstadt am Nachmittag für das Publikum geöffnet wurde, aber der frühere Schul- und Wohnraum gleich hinter der Eingangstür war trotzdem schnell gefüllt: Großzügig flächig war die Alte Synagoge nur im Obergeschoss, in dem der mit einem Tonnengewölbe ausgestattete Betsaal vor mehr als 100 Jahren genügend Platz für die Mitglieder der jüdischen Gemeinde mit ihren zeitweilig fast 150 Mitgliedern bot. Unter dem Motto „Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte“ waren es der Vorsitzende des Fördervereins, Martin Metzendorf, und seine Stellvertreterin, die Innenarchitektin Monika Slomski, die den Tag nutzten, um über Vergangenheit und Visionen für den Bau zu informieren.
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Beide wissen einen kleinen, aber harten Kern von Mitstreitern hinter sich, die in den vergangenen Jahren viel Zeit und Arbeit in den Erhalt gesteckt haben – unter anderem, so Metzendorf, waren aus dem im Inneren wieder und wieder umgestalteten Gebäude allein 1,5 Tonnen Federbretter herausgerissen und entfernt worden.
Das Gebäude soll wieder mit Leben gefüllt werden
Dass das große Aufräumen durchaus unterhaltsam sein kann und auch Dinge an den Tag bringt, die von Bedeutung für die Geschichte der Heppenheimer Juden sind, verdeutlichte Metzendorf mit Fotos von einem Etikett für koscheren Pessachfest-Wein und einem unter den Dachbalken gefundenen Gebetsbuch in hebräischer Schrift – seinerzeit deponiert in einer „Genisa“, einem Lager für nicht mehr lesbare liturgische Schriften, die später auf jüdischen Friedhöfen „bestattet“ wurden. Ein Fundstück, für das sich sogar die jüdische Gemeinde Frankfurt interessierte und das irgendwann einmal ausgestellt werden könnte – im Stadtmuseum, nicht in der Alten Synagoge.
Denn als Konkurrenz zum Museum sieht sich der Förderverein in keiner Weise, wie Metzendorf und Slomski deutlich machten. Ihnen geht es darum, das 1807 erbaute Gebäude (bis vor Kurzem ging man noch vom Baujahr 1791 aus, das hat sich aber als falsch erwiesen), das eine sehr wechselvolle Geschichte vorzuweisen hat, wieder mit Leben zu füllen. Nach dem Bau der – 1938 zerstörten – neuen Synagoge am Starkenburgweg diente es Anfang des 20. Jahrhunderts als Geschäftshaus, später als Friseursalon und, unter Besitzer Alfred Sturm, auch als improvisierte Sternwarte.
Was aus dem Haus werden könnte, dazu äußerten beim „brainstorming“ auch die Besucher Vorstellungen, aber es gibt bereits eine „Hauptvision“: Der Betsaal soll rekonstruiert werden. Und natürlich würde man gerne auch die anderen Räumlichkeiten nutzen (können), sofern man das Geld zusammenbringt. Hoffnung setzt man in die Förderung durch den Denkmalschutz, kulturelle Förderung, Sponsoren. Bis die Vision Wirklichkeit wird, dürfte es allerdings dauern. jr/ü
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