Heppenheim. An das Kriegsende in Heppenheim vor 80 Jahren erinnern „Evangelisch in Heppenheim“ und die Stadt gemeinsam mit einer Veranstaltungsreihe, deren Auftakt ein Vortrag in der Christuskirche war. Die Reihe wird mit einem Gedenkgottesdienst zum Volkstrauertag und im Februar mit einem Zeitzeugengespräch fortgesetzt.
„Angesichts des 80. Todestags von Dietrich Bonhoeffer in diesem Jahr und dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor ebenfalls 80 Jahren entstand die Idee zu einer Verbindung dieser beiden Ereignisse und einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe mit der Stadt“, erläutert die Vikarin Dr. Theresa Möke die Hintergründe dazu. Die Kirche habe gerade in der heutigen Zeit die Verpflichtung, in der Welt Verantwortung zu übernehmen. Daraus sei der Gedanke zu dieser Reihe in Verbindung mit der Stadt und deren Archiv entstanden.
Dabei wurde die Christuskirche auch zum Ausstellungsort, denn an deren Wände finden sich nun alte Schwarz-Weiß-Fotos aus der Heppenheimer Geschichte während der Nazi-Herrschaft und des Kriegsendes von März bis Mai 1945. Stadtarchivarin Katrin Rehbein bot mit ihrem Vortrag Einblicke in die Ereignisse in Heppenheim vor 80 Jahren, informierte aber auch über die lokale Vorgeschichte seit der Gründung der Heppenheimer NSDAP 1927.
Entwicklung seit der Machtübernahme durch die Nazis
Diesem Vortrag schickte die Vikarin einen kurzen Einblick voraus in die Periode des Kriegsendes seit dem Einzug der US-Armee ab Ende März 1945, die Ermordung Dietrich Bonhoeffers als Mitglied der Bekennenden Kirche nach zwei Jahren NS-Haft im April 1945 sowie Heppenheimer Ereignisse unter der Nazi-Herrschaft wie der Brand der Synagoge im November 1938. „Am heutigen Abend wollen wir uns diese Zeit vor Augen führen, die zu Millionen Toten, Geflüchteten und Entwurzelten führte, denn nur aus Erinnern und Gedenken wächst die Zukunft“, so Möke zum Abschluss ihrer Einführung in dieses besondere Thema.
Katrin Rehbein beleuchtetet danach die letzten Kriegstage in der Stadt und stellte dazu auch deren Entwicklung seit der Machtübernahme durch Nazis 1933 vor. Dabei zeigte sie ihren Zuhörern den Weg auf, den Heppenheim unter der NS-Herrschaft nahm, als etwa der dem Zentrum angehörende Bürgermeister Karl Schiffers nach der widerstandslosen Machtübernahme nach den März-Wahlen durch die NSDAP schon im Mai 1933 dieser Partei beitrat. Die Zeitung „Der Volksgenosse“ war für die Stadt das einzige Publikationsorgan und der Antisemitismus wurde immer offener, mit Boykotten jüdischer Geschäfte und dem Rückgang der Zahl jüdischer Mitbürger.
Als besonderes Ereignis stellte Rehbein die ebenfalls durch die Bilder in der Kirche unterlegte Zerstörung der Heppenheimer Synagoge im November 1938 vor, deren restliche Mauern von jüdischen Männern abgetragen werden mussten, die danach ins KZ gebracht und ermordet wurden. Sie ging auch auf die Auswirkungen des Kriegs auf das Leben in der Stadt ein. „Tod und Leid wurden hier zum Alltag“, berichtete sie. Sie zeigte den Einfluss der Nazis auf die damalige Heil- und Pflegeanstalt auf, deren Patienten zur Euthanasie nach Hadamar transportiert wurden und wo man ein Reservelazarett für Kriegsgefangene einrichtete, die hier misshandelt wurden.
Danach berichtete die Archivarin über das eigentliche Kriegsende, das mit der Rheinüberquerung der US-Armee Ende März 1945 eingeläutet wurde, während Hitler noch den Endsieg in Aussicht stellte. „Während die US-Truppen über Bürstadt und Lorsch nach Heppenheim kamen, wurde hier am 24. März der Volkssturm alarmiert und mit der Räumung der Bewohner im Ried und an der Bergstraße begonnen“, berichtete Rehbein weiter.
Gottesdienst und Zeitzeugengespräch
Zwar wollte die Heppenheimer Widerstandsbewegung mit Gustav König die Stadt gewaltfrei übergeben als am 27. März die US-Truppen in die Stadt kamen, doch die Nazi-Machthaber waren dagegen, sodass bei den anschließenden Kampfhandlungen 15 Zivilisten an diesem letzten Kriegstag in der Stadt starben, bis dann um 10.30 Uhr der Weltkrieg für Heppenheim mit der US-Besatzung endete.
Für ihre Ausführungen erhielt Katrin Rehbein viel Beifall und stand anschließend den Zuhörern für eine Fragerunde zur Verfügung, bevor die Besucher die alten Fotos und Dokumente im Detail ansehen konnten. Am Volkstrauertag (Sonntag, 16. November) wird in dieser Kirche um 9.30 Uhr in Zusammenarbeit von Stadt und Kirchengemeinde der Gedenkgottesdienst gehalten. Am 20. Februar gibt es ein Zeitzeugengespräch mit Henriette Kretz, Kind einer jüdischen Familie. cst/ü
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