Bensheim. Fürs Auge war die winterlich weiße Kulisse ganz schön, aber für einen Spatenstich waren die Rahmenbedingungen am Samstagnachmittag eher ungemütlich, da frostig kalt.
Dem konnten auch die vereinzelten Heizpilze auf dem Gelände im Stubenwald nicht viel entgegensetzen. Dennoch waren zum Spatenstich für den Neubau der Sanner GmbH zahlreiche Gäste gekommen, die vor allem das Angebot an wärmendem Glühwein und Kaffee gerne nutzten und weniger den obligatorischen Sekt.
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Bis auf die Zelte für das Catering, einige bereitgestellte Bistrotische sowie Sitzgelegenheiten und einen aufgeschütteten kleinen Erdwall mit insgesamt 16 Spaten war auf dem 30 000 Quadratmeter großen Areal von dem neuen Firmensitz der Sanner-Gruppe noch nichts zu sehen.
Lediglich das Bauschild vermittelt einen Eindruck, was hier in den kommenden 20 Monaten entstehen soll: Ein hochmoderner Hauptsitz eines Traditionsunternehmens, das vor 130 Jahren als Korkenfabrik seinen Anfang nahm und heute ein weltweit führender Anbieter von hochwertigen aktiven Verpackungslösungen und Komponenten für die Pharma-, Diagnostik-, MedTech- und Nahrungsergänzungsmittel-Industrie ist.
Gute Gründe für den Umzug
Auch wenn die Sanner GmbH kein reines Familienunternehmen mehr ist – seit gut einem Jahr hat der britische Finanzinvestor Global Healthcare Opportunities (GHO) die Mehrheit am Unternehmen – ist die vierte Generation seit der Firmengründung mit den Geschwistern Jürgen Sanner und Ute Sanner-Friedrich als Anteilseigner noch im Boot.
Allerdings bedarf es auch eines starken Partners, um so einen historischen Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens zu stemmen. Wie Jürgen Sanner im Rahmen des Spatenstichs feststellte, gibt es gute Gründe für diesen Umzug nach rund 100 Jahren am alten Standort.
So häuften sich die Fakten, die dafür sprachen. Neben dem fehlenden Platz für die notwendige Erweiterung spielte auch das energetisch mangelhafte Gebäude eine Rolle. In der Schillerstraße seien die nötigen Verbesserungen nicht realisierbar gewesen. Mit dem Partner GHO habe man den Mut und die Zuversicht, mit diesem „Jahrhundertprojekt“ den richtigen Schritt zu tun.
Deutlich machte Sanner auch seine Freude, in einem faktisch ausverkauften Industriegebiet das Grundstück bekommen zu haben und weiter in Bensheim bleiben zu können. Wenn alles nach Plan laufe, werde man in 20 Monaten an dieser Stelle produzieren, dankte er allen Mitwirkenden.
Geschäftsführer Johannis Willem van Vliet hatte zu Beginn die Gäste des Spatenstichs begrüßt und darauf verwiesen, dass ein so großes Vorhaben viele Parteien brauche, damit es funktioniere. Er schloss darin die Gesellschafter, die Politik von Stadt und Kreis, den Generalunternehmer Goldbeck, den Leasinggeber sowie Architekten und Generalplaner ein.
Für den neuen Partner GHO sprach Ken Eichmann von einem Zukunftsprojekt, das mit dem Spatenstich eingeleitet werde. Gemeinsam wolle man die weltweit führende Position des Unternehmens weiterführen und ausbauen.
Grünes Dach und PV-Anlage
Bürgermeisterin Christine Klein zeigte sich stolz, dass dieses erfolgreiche Traditionsunternehmen in Bensheim bleibt – und glücklich, dass dies mit Unterstützung der Stadt möglich gemacht worden sei.
Das sei auch für die rund 230 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Hauptsitz von Vorteil, betonte sie die Bedeutung von Sanner als wichtiger Arbeitgeber für die Stadt und die Region. Verwiesen wurde von ihr auch auf die ökologischen Aspekte des Neubaus mit einem begrünten Dach und Photovoltaikanlage. 60 neue Bäume und eine Streuobstwiese würden auf dem Grundstück angelegt, sprach sie von einem der modernsten Werke, das in Bensheim entstehen werde.
Korken für Weinflaschen als wichtigstes Produkt
Von einem nicht alltäglichen Ereignis in einer Region, wo Fläche fehlt, sprach Landrat Christian Engelhardt und zeigte sich auch aus Sicht der Wirtschaftsförderung glücklich, dass hier ein Weg gefunden wurde.
Er erinnerte an die Anfänge des Unternehmens vor 130 Jahren mit einem für die Bergstraße als Weinanbaugebiet wichtigsten Produkt, dem Korken für die Weinflaschen. Aber auch bei seinem ersten Besuch vor etwa sieben Jahren in der Firma Sanner mit Vertretern des Landes habe sich gezeigt, dass das Unternehmen immer bereit war, sich neu zu erfinden und weiterzuentwickeln.
Von einem „Leuchtturmprojekt“ im Bereich der Nachhaltigkeit sprach Geschäftsführer Thorsten von Killisch-Horn von Goldbeck Süd-West. Er verwies auf die Dachbegrünung und die Eigenstromversorgung durch die PV-Anlage, eigene Windräder und Wärmepumpen. Nach dem Spatenstich werde man so bald es möglich sei mit den Erdarbeiten beginnen, geht der Generalunternehmer davon aus, dass zum Jahresende die Halle dicht ist und dann die Feinarbeiten starten können.
Niemals Schnee in Bensheim?
Regionalleiter Florian Kiefer von der Deutschen Anlagen-Leasing ging kurz auf die finanzielle Seite ein, bevor Architekt Rainer Girke für die planerische Seite sprach und Henry Ford zitierte: „Der Erfolg stellt sich von selbst ein, wenn alle zusammen nach vorne schauen.“ Einen kleinen Wermutstropfen gab es für ihn aber dennoch, denn zu Beginn der Gespräche mit Sanner habe man gesagt, dass in Bensheim nie Schnee liege. Der wichtige Termin für die Baustelle sei aber der Winter 23/24 hoffte er auf dann bessere Rahmenbedingungen.
Auch der Architekt ließ den ökologischen Aspekt des Neubauprojektes nicht unerwähnt und verwies auf die Haustechnik, die gänzlich ohne fossile Energieträger auskomme. Die Dachentwässerung erfolge über Versickerung auf dem Grundstück und belaste nicht die Kanalisierung.
Die Dachbegrünung habe eine Dimension von 18 000 Quadratmetern, was vier Fußballplätzen entspreche und mit der Leistung der 1,5 Megawatt-PV-Anlage könnten 500 Haushalte mit je drei Personen versorgt werden.
Neben den Gebäuden für Produktion, Lager und Verwaltung soll außerdem ein Parkhaus gebaut werden, sprach der Architekt von insgesamt 240 000 Kubikmeter umbautem Raum.
Nach knapp einer Stunde konnte mit einem dreiteiligen Spatenstich der offizielle Teil des Bauauftaktes abgeschlossen werden. Dazu wurden zunächst die 16 offiziellen Gäste aus Politik, Wirtschaft und Unternehmen an dem kleinen Erdwall aktiv. Danach folgten noch zwei Runden mit insgesamt knapp 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Firma Sanner, bevor sich die Gäste im geselligen Teil den wärmenden Getränken und Speisen widmen konnten.
Aber nicht nur am Hauptsitz in Bensheim expandiert die Sanner-Gruppe. Bereits in diesem Sommer soll im chinesischen Kunshan eine zweite Produktionsstätte in Betrieb gehen. Zusammen mit dem neuen Produktionsstandort und Hauptsitz an der Bertha-Benz-Straße soll die kontinuierliche Weiterentwicklung des Verpackungs- und Trockenmittelportfolios für den Healthcare-Bereich vorangetrieben werden. Nach der Verdoppelung der Produktionsfläche in Bensheim will Sanner außerdem sein Nordamerika-Geschäft weiter ausbauen.
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