Stubenwald

Sanner-Neubau in Bensheim soll Mitte 2024 stehen

Der Neubau der Firma Sanner im Gewerbegebiet Stubenwald in Bensheim soll bis Mitte 2024 bezugsfertig sein. Das teilte Geschäftsführer Johannis Willem van Vliet am Dienstag bei einem Ortstermin mit.

Von 
Dirk Rosenberger
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Die Sanner GmbH wird im Gewerbegebiet Stubenwald ihren neuen Firmensitz bauen. Das Grundstück befindet sich seit ein paar Tagen im Besitz des Unternehmens. Unser Bild zeigt (v.l.) Jürgen Sanner, Ute Sanner-Friedrich und Geschäftsführer Johannis Willem van Vliet. © Thorsten Gutschalk
Johannis Willem van Vliet hat gute Laune - was auch nicht verwunderlich ist. Der Geschäftsführer der Sanner GmbH steht im Gewerbegebiet Stubenwald, in seinem Rücken türmen sich auf einem weitläufigen Grundstück kleine Sandgebirge. Seit ein paar Tagen befindet sich das Gelände im Firmenbesitz. „Wir haben die Verträge unterzeichnet, gleich werden wir noch eine Fahne hissen, wie damals die Amerikaner auf dem Mond.“

Bensheim. Bis Mitte 2024 soll an der Bertha-Benz-Straße der neue Standort des Familienbetriebs entstehen, der vor gut einem Jahr einen Mehrheitsanteil an den britischen Finanzinvestor Global Healthcare Opportunities (GHO) verkaufte (wir haben berichtet). Den Zeitplan nennt van Vliet am Dienstag bei einer kleinen Feier zur Vertragsunterzeichnung eine Herausforderung, im Januar will er den symbolischen ersten Spatenstich feiern.

Fertigung wird verdoppel

Ohnehin ist es ein ambitioniertes Projekt. „Wir verdoppeln auf gleicher Grundstücksgröße wie in Auerbach unsere Fertigung“, betont der Geschäftsführer. Dafür habe man viel optimiert und nutze aus, was der Bebauungsplan hergibt - beispielsweise ein 16 Meter hohes, vollautomatisiertes Regallager. Dass sich Aufwand und Investition lohnen, davon ist man bei Sanner selbstredend überzeugt. Durch die geografische Veränderung in den Westen Bensheims erhalte man Wachstumsmöglichkeiten für die nächsten Jahre, wenn nicht sogar für die nächsten Jahrzehnte, verdeutlicht van Vliet.

Bis es soweit ist, müssen noch einige Hürden genommen werden. Die Bauphase kurz zur Seite geschoben, stellt allein der Umzug eine logistische Aufgabe da, die es zu meistern gilt. „Wir packen die Koffer und die Maschinen ein und schauen, dass alles reinpasst. Das wird ein spannendes Puzzle.“ Den Kauf des 30 039 Quadratmeter großen Areals bezeichnet der Mann für das operative Geschäft als „historischen Meilenstein in der 129-jährigen Geschichte von Sanner“.

Wissend um die ökologischen Debatten vor allem in der Kommunalpolitik spricht Johannis Willem van Vliet bewusst von einem „grünen Gebäude“, das in den nächsten Monaten entstehen soll und nennt Details. Das Dach wird begrünt („so groß wie vier Fußballfelder) und mit einer Photovoltaikanlage versehen. „Wir belegen zu 100 Prozent die sinnvoll nutzbare Fläche“. Bis zu 20 Prozent des Energiebedarfs soll mit Solarstrom gedeckt werden, im Sommer vor allem zur Kühlung.

So soll die neue Fabrik der Firma Sanner im Stubenwald aussehen – inklusiver dreier Windräder, Photovoltaik und begrüntem Dach. © Thorsten Gutschalk

Drei Windräder (sieben bis acht Meter hoch) sollen zusätzlich Strom für die Außenbeleuchtung und die Elektrotankstellen für E-Autos und E-Bikes liefern. Wärmepumpen und die Nutzung der Wärme, die im Fertigungsprozess entsteht, sind zwei weitere Kernelemente des Vorhabens.

„Innovativ und ökologisch“ sei der Neubau. 61 Bäume würde zudem auf dem Grundstück gepflanzt. Jürgen Sanner vermittelt bei der Zusammenkunft die historischen Dimensionen. Am 17. Februar 1927 habe sein Ur-Großvater das letzte Grundstück in der Schillerstraße gekauft. Wo heute eine ausgedehnte Wohnbebauung steht, gab es damals einen Geflügelpark und eine Farm - sowie den Bahnhof.

Bereits vor 15 Jahren habe man sich mit einem möglichen Umzug beschäftigt, die Idee dann aber verworfen. Die Investition in eine neue Fabrik „ist immer schwierig. Das ist ja zunächst mal totes Kapital“, meint Sanner. Um so viel Geld in die Hand zu nehmen, brauche es gute Gründe. Für den Weltmarktführer für Trockenmittelverschlüsse und Brausetablettenverpackungen seien zwei Dinge ausschlaggebend gewesen: ein erhöhter Platzbedarf sowie Energieeffizienz und Automatisierung der Produktion.

Am alten Standort wäre das nach Angaben von Jürgen Sanner nicht realisierbar gewesen, zumal bei laufendem Betrieb. Hinzu kam die Lage entlang der Schillerstraße mit benachbartem Wohngebiet und engen Straßen, die nicht auf Lkw-Verkehr ausgelegt sind. „Das Grundstück hier erfüllt alle unsere Anforderungen. Wir sind froh, in Bensheim bleiben zu können. Ein Weggang hätte wehgetan.“

Einen kleinen Wermutstropfen muss die Familie dennoch verkraften: In Auerbach wird man ab Mitte 2024 nicht mehr produzieren, „aber wenn man sich bemüht, sieht man immerhin das Auerbacher Schloss von hier aus“, tröstet sich Jürgen Sanner mit der Lage im Grünen und einem netten Blick auf die Bergstraße. Seine Schwester Ute Sanner-Friedrich erinnert in einer kurzen Ansprache an den im September 2015 verstorbenen Vater und Seniorchef Rolf Sanner. „Er hätte unsere Entscheidung mutig gefunden“ - und zwar im positiven Sinn.

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Eine Einschätzung, die Helmut Richter, Geschäftsführer der Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim (MEGB) teilt. Die städtische Tochter hat das Gelände im Stubenwald an Sanner verkauft. „Ich habe nicht daran gezweifelt, dass es so kommt. Es war aber Glück, dass die Fläche noch verfügbar war und von der Größe her ausreichend ist.“ Richter dankt allen für die gute Zusammenarbeit, einschließlich den politischen Gremien, den beteiligten Planungsbüros und den Behörden. „So bleibt eine Traditionsfirma Bensheim erhalten“, meint Richter.

Die Umsiedelungen sei -was den Zeitplan betrifft - sicherlich ambitioniert, unterm Strich aber eine gute Entscheidung für den Standort und ganz Südhessen. Der Neubau sei nicht nur gut für das Unternehmen, sondern ebenso für die Mitarbeiter und deren sichere Zukunft. Was den mitunter schmerzhaften Abschied aus Auerbach angeht, hat Richter genau nachgemessen. Zwischen altem und neuen Hauptsitz liegen Luftlinie 6,3 Kilometer. Schwierigkeiten bei der Anreise dürfte dadurch kaum jemanden haben.

600 Mitarbeiter weltweit

Mit dem Grundstückskauf im Gewerbegebiet hat Sanner nun die nächste Phase seines Großprojekts eingeläutet. Wie hoch die Investitionen in den Neubau, der sich aus Produktion, Hochregallager und Verwaltungsgebäude zusammensetzt, sind, bleibt auf Nachfrage offen. Nach dem Einstieg von GHO im Oktober 2021 erklärte Johannis Willem van Vliet, dass in den nächsten vier Jahren 70 Millionen Euro ausgegeben werden sollen, unter anderem für die Werke in Bensheim, China und den USA.

Weltweit beschäftigt das Unternehmen 600 Mitarbeiter, 230 davon in der Auerbacher Zentrale. Perspektiv soll die Zahl auch nicht sinken, schließlich sei man auf Wachstum ausgelegt, hieß es dazu am Rande des Ortstermins.

Ebenfalls eine Randnotiz am Dienstag: Die (vorgeschriebenen) archäologischen Grabungen auf dem Gelände. Nach Auskunft von Helmut Richter kamen dabei bisher keine spektakulären Funde ans Tageslicht.

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