Bensheim. In Zeiten, in denen die finanziellen Spielräume der Kommunen immer enger werden, braucht es mehr denn je Erfahrung, strategische Weitsicht und belastbare Netzwerke in der Stadtspitze. Die Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung möchte Bensheim auch weiterhin in genau dieser Rolle begleiten – obwohl sie nicht die Wunschkandidatin der CDU-Fraktion ist. Am Donnerstag, 3. Juli, wird die Stadtverordnetenversammlung entscheiden, ob sie eine zweite Amtszeit antreten darf oder ob sich ihr Mitbewerber um den Posten, KMB-Geschäftsführer Frank Daum, durchsetzt.
Die Amtsinhaberin macht dabei eines deutlich: Gerade in finanziell schwierigen Zeiten darf die Stadt nicht den Fehler machen, ihre Fachkompetenz im Baudezernat zu schwächen oder gar aufs Abstellgleis zu schieben. „Den Blick allein auf den Kassenstand zu richten, reicht nicht aus, um eine Stadt zukunftsfähig aufzustellen“, sagt sie. Denn wer nur spart, ohne nachhaltig zu investieren, riskiere langfristig Stillstand und Qualitätsverluste.
Fachliche Vernetzung: Ein strategischer Vorteil für Bensheim
Rauber-Jung bringt nicht nur Erfahrung, sondern auch ein wertvolles Netzwerk mit: Als Mitglied der Bauausschüsse des Deutschen Städtetags und des Hessischen Städtetags – dort ist sie Vorsitzende – hat sie frühzeitig Einblick in anstehende Gesetzesänderungen und neue Förderprogramme. „Ich bekomme Informationen direkt an der Quelle. Das versetzt uns in die Lage, schnell und zielgerichtet auf Veränderungen zu reagieren und frühzeitig unsere Planungen anzupassen.“
Aktuell ist Rauber-Jung besonders gespannt auf den sogenannten „Bauturbo“, der vor Kurzem auf Bundesebene verabschiedet wurde, und auf das milliardenschwere Infrastrukturpaket. Auch die geplante Novelle der Hessischen Bauordnung (HBO), die Staatsminister Kaweh Mansoori kürzlich vorgestellt hat, wird wesentliche Auswirkungen auf die Arbeit in den Kommunen haben. Die Novelle zielt auf eine Beschleunigung der Verfahren, auf Entbürokratisierung, eine Vereinfachung im Wohnungsbau sowie eine stärkere Berücksichtigung von Digitalisierung und Klimaschutz. Rauber-Jung sieht darin Chancen, mahnt aber auch: „Die Städte brauchen dringend Entlastung. Es kann nicht sein, dass Fördergelder zwar bereitstehen, aber mit einem riesigen Verwaltungsaufwand verbunden sind. Bei knappen Ressourcen muss das deutlich einfacher werden.“
Kommunale Selbstverwaltung am Limit
Bensheim steht mit seinem hohen Haushaltsdefizit beispielhaft für viele deutsche Kommunen. Die finanzielle Lage ist angespannt, die Gestaltungsspielräume schrumpfen. Rauber-Jung kritisiert, dass Bund und Land immer neue Aufgaben an die Städte übertragen, ohne für die entsprechende Finanzierung zu sorgen – ein klarer Verstoß gegen das Konnexitätsprinzip. „Wer bestellt, muss auch zahlen. Doch bisher bleiben die Kosten bei den Kommunen hängen – das ist nicht länger tragbar.“ Gleichzeitig verweist sie darauf, dass ein Kämmerer den Haushalt auch nicht beliebig beeinflussen kann: „Viele Ausgaben sind Pflichtaufgaben, an denen sich kaum etwas verändern lässt. Wer glaubt, allein über den Finanzbereich könne man die Stadt retten, greift zu kurz.“
Für die Erste Stadträtin steht fest: Ein starkes, fachlich kompetent geführtes Baudezernat ist in dieser Situation unverzichtbar. „Gerade jetzt braucht Bensheim die Möglichkeit, aktiv mitzugestalten – sei es bei der Umsetzung neuer Bauprojekte, bei der Anpassung an den Klimawandel oder beim Erhalt und Ausbau der Infrastruktur.“ Ohne diese Expertise könne die Stadt den Entwicklungen auf Bundes- und Landesebene nur noch hinterherlaufen.
Dabei verweist sie auch auf die zahlreichen Investoren, die weiterhin großes Interesse an Bensheim haben. „Ihnen müssen wir auf Augenhöhe begegnen. Dazu braucht es Know-how und Erfahrung in der Stadtverwaltung.“ Das Baudezernat ist für sie nicht nur ein Verwaltungsapparat, sondern Motor für die Zukunftsfähigkeit und Attraktivität Bensheims.
Die Amtsinhaberin betont, dass es ihr großes Anliegen sei, die von ihr angestoßenen Projekte fortzuführen und erfolgreich abzuschließen. „Viele dieser Vorhaben, wie zum Beispiel die Weiterentwicklung des ehemaligen Sanner-Geländes in Auerbach, starten jetzt erst richtig. Ich würde mich sehr freuen, diese Entwicklungen weiter begleiten zu dürfen.“
Zusammenarbeit trotz Differenzen
Dass sie in den vergangenen Jahren nicht immer den einfachen Weg mit der CDU-Fraktion gegangen ist, verschweigt Rauber-Jung nicht. „Die Zusammenarbeit war stellenweise schwierig, das ist so“, sagt sie offen. Dennoch sei sie dankbar für kritische Begleitung und auch für kontroverse Diskussionen. „Unterschiedliche Sichtweisen gehören zur Demokratie, und ich nehme diese Kritik ernst. Letztlich geht es uns allen um das Beste für Bensheim.“ Für sie steht fest: Auch bei politischen Differenzen müsse der sachliche Dialog im Vordergrund stehen. Ihre offene Art und die Freude am Gespräch mit den Menschen, in der Politik und in der Bürgerschaft, sei dabei stets ihr Antrieb.
In ihrer bisherigen Amtszeit habe Rauber-Jung neben aller Kritik wichtige Projekte vorangebracht: die Ansiedlung der Firma Sanner im Gewerbegebiet Stubenwald II, die Wohnbebauung an der Dammstraße trotz schwieriger Rahmenbedingungen und die Wiederaufnahme des Marktplatzprojekts mit breiter Bürgerbeteiligung. Ihr Credo: Qualität vor Schnelligkeit. „Es bringt nichts, Projekte überhastet durchzupeitschen, nur um schnelle Erfolge zu präsentieren.“
Bensheim soll sich nachhaltig und vorausschauend entwickeln
Ihre Vision für die kommenden Jahre ist klar: Bensheim soll sich nachhaltig und vorausschauend entwickeln. Klimaanpassung, interkommunale Zusammenarbeit, intelligente Infrastruktur und ein gezieltes Flächenmanagement stehen dabei im Fokus. „Wir müssen die Stadt an die Folgen des Klimawandels anpassen und gleichzeitig attraktiv für Unternehmen und Familien bleiben.“
Mit Spannung blickt sie auch auf die Ergebnisse der laufenden Strukturuntersuchung der Verwaltung. Ob dort weitere größere Einsparpotenziale gefunden werden, ist derzeit offen. Sie stellt aber auch die Frage, ob die Stadt sich wirklich „gar nichts Schönes mehr leisten“ wolle. Denn Lebensqualität und Attraktivität entstehen nicht allein durch Sparprogramme.
Sollte sie nicht wiedergewählt werden, plant Nicole Rauber-Jung ausdrücklich keinen direkten Wechsel in die Geschäftsführung des Kommunalwirtschaftsbetriebs (KMB) - diese Stelle würde bei der Entscheidung für Frank Daum vakant. „Ich würde mir dann Zeit nehmen, um die vergangenen Jahre zu reflektieren. Ich bin breit aufgestellt, habe Erfahrungen in Wirtschaft, Politik und Verwaltung gesammelt.“ Doch ihr größter Wunsch ist es, ihre Arbeit als Erste Stadträtin fortzusetzen – aus Liebe zu Bensheim und den Menschen, die hier leben. Neben ihrer Fachkompetenz sieht sie ihre große Stärke in ihrer Empathie und ihrer Freude daran, mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen.
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