Bensheim. Die kommenden 18 Monate sind entscheidend für den Kurs der Stadt Bensheim. Tiefgreifende Weichenstellungen stehen bevor: Inmitten der größten finanziellen Herausforderung, die die Stadt je zu meistern hatte, müssen zentrale Führungspositionen - nämlich die Ämter von Erster Stadträtin und Bürgermeisterin - neu besetzt werden. Die Parteien stehen zudem schon jetzt in den Startlöchern für die Kommunalwahl im Frühjahr 2026, deren Ausgang die Mehrheitsverhältnisse in der Bensheimer Stadtverordnetenversammlung durchaus beeinflussen könnte.
In dieser Ausgangslage präsentiert die CDU Bensheim ihren Wunschkandidaten für das Amt des Ersten Stadtrats, der in den Augen von Fraktion und Stadtverband über eine ungewöhnliche Kombination aus Verwaltungsexpertise, Führungsstärke und politischer Integrationskraft verfügt: KMB-Geschäftsführer Frank Daum.
Die Entscheidung, sich für das politische Spitzenamt zu bewerben, ist Daum nicht leichtgefallen – das betont er selbst mehrfach. „Ich habe eine Tätigkeit, die mir auf den Leib geschneidert ist“, sagt der 59-Jährige über seine Rolle als Geschäftsführer des Zweckverbands Kommunalwirtschaft Mittlere Bergstraße (KMB), die er seit 2010 mit großer Leidenschaft ausfüllt. „Ich habe den Verband mit 26 Mitarbeitenden übernommen – heute sind es über 130. Ich habe dort viel aufgebaut. Der KMB ist mir ans Herz gewachsen.“
„Kann und will mich dieser Verantwortung nicht entziehen“
Und doch – der Ruf aus der Stadt, der Verwaltung, der Politik und der lokalen Wirtschaft war nicht zu überhören. „Nach vielen Gesprächen war ich überzeugt: Ich kann, darf und will mich dieser Verantwortung nicht entziehen“, so Daum. Dass seine Bewerbung keine bloße Parteientscheidung ist, sondern das Ergebnis eines breiten, sorgfältigen Auswahlprozesses, betonen CDU-Fraktionsvorsitzender Bernhard Stenger und CDU-Vorsitzender Carmelo Torre gleichermaßen im Gespräch mit der BA-Redaktion.
Die Bewerbungsfrist für die Stelle ist am 18. Mai verstrichen, aktuell ist der einberufene Wahlvorbereitungsausschuss damit beschäftigt, alle eingegangenen Schreiben auszuwerten und eine engere Auswahl zu treffen. „Wir hoffen aber auf eine breite Unterstützung über die Grenzen der Koalition hinaus“, so Stenger. Die Vorzeichen stehen gut, Daum hat bereits in den meisten Fraktionen der Bensheimer Stadtverordnetenversammlung vorgestellt. Trotzdem bleibt es weiter spannend, war die Wahl des Ersten Stadtrates doch in Vergangenheit schon von Überraschungen geprägt.
Auch Daum hat es mit seiner Entscheidung spannend gemacht - „wir waren sehr erleichtert, als er seine Bewerbung abgegeben hat“, sagt Torre lachend. Sehr geholfen habe dem Bewerber bei diesem Schritt seine Familie. „Ich habe mich selten so hin- und hergerissen gefühlt. Den KMB führe ich, als wäre es meine eigene Firma - was man meiner Auffassung nach spüren kann“, ergänzt Daum selbstbewusst. Mit seiner Expertise ist er überzeugt davon, „das Schiff drehen zu können“. Gelingen könne dies nicht im Alleingang, sondern nur gemeinsam mit den fähigen Mitarbeitenden in der Bensheimer Stadtverwaltung und der Politik.
Sollte es mit der Wahl zum Ersten Stadtrat, angesetzt am 3. Juli dieses Jahres, klappen, müsste sich Daum immerhin nicht vollständig vom KMB verabschieden: Diese Stelle bringt nämlich unter anderem den Posten als Verbandsvorsteher des Zweckverbandes mit sich. „Ich bleibe also ein Teil des KMB, sitze dann aber an einem anderen Schreibtisch.“ Der Stuhl des Geschäftsführers würde mit seinem Amtsantritt Mitte Oktober 2025 frei - die Frage, ob Daum und Erste Stadträtin - und Mitbewerberin um die Wahlbeamtenstelle - Nicole Rauber-Jung Plätze tauschen möchten, blieb an dieser Stelle unkommentiert.
Große Bandbreite an Qualifikationen
Frank Daum ist ein Mann, der kommunale Verwaltung nicht nur kennt, sondern gelebt hat – aus nahezu jeder denkbaren Perspektive. Seine berufliche Biografie ist eng mit der Stadt Bensheim und der Region Bergstraße verbunden. Sie zeugt von Konstanz, aber auch von stetiger Weiterentwicklung, Führungsstärke und einem tiefen Verständnis für politische, organisatorische und wirtschaftliche Zusammenhänge auf kommunaler Ebene.
Schon früh war Daum politisch aktiv. Von 1993 bis 2001 war er Stadtverordneter in der Stadtverordnetenversammlung von Zwingenberg – vier Jahre davon als Vorsitzender der CDU-Fraktion. Parallel dazu war er von 1997 bis 2006 ehrenamtlicher Kreisbeigeordneter im Kreisausschuss des Landkreises Bergstraße. Beide Ämter prägten seinen Blick auf die politische Wirklichkeit in der Region. Seine berufliche Laufbahn begann er nach seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann und dem Studium an der Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden (Abschluss: Diplom-Verwaltungswirt) 1987 bei der Stadt Bensheim. Dort durchlief er nahezu alle Stationen, die für kommunales Management von Bedeutung sind.
Er startete als Leiter Straßenverkehrsbehörde, wechselte bald in den Finanzbereich und war zwischenzeitlich als Finanzprüfer beim Regierungspräsidium Darmstadt tätig. Später kehrte er nach Bensheim zurück, wurde stellvertretender Abteilungsleiter in der Finanzabteilung, gründete das städtische Controlling maßgeblich mit und übernahm schließlich die Leitung des Teams Steuerungsunterstützung und Personalmanagement. Im Jahr 2007 wurde er zusätzlich zum kaufmännischen Leiter des neu gegründeten Eigenbetriebs „Bauhof Service Bensheim“ berufen.
In dieser Zeit war Daum nicht nur ein zuverlässiger Verwalter, sondern auch ein Gestalter. Unter seiner Führung wurde etwa die Umstellung auf die doppische Buchführung umgesetzt – ein tiefgreifender Reformprozess, der bis heute die strategische Steuerung der Stadt prägt. Auch bei der SAP-Systemeinführung agierte er als Projektleiter. Als Hessentagsbeauftragter der Stadt begleitete er darüber hinaus Großprojekte mit hoher Außenwirkung.
Der KMB: Aufbau, Wachstum, Führung
Im Juli 2010 erfolgte ein bedeutender Schritt in Daums Laufbahn: Er übernahm die Geschäftsführung des KMB. Der Verband stand damals noch am Anfang – mit 26 Mitarbeitenden und überschaubarem Leistungsspektrum. Heute beschäftigt der KMB über 130 Menschen, betreut die Mitgliedskommunen Bensheim, Biblis, Groß-Rohrheim, Einhausen und Lautertal und verantwortet zentrale kommunale Leistungen wie Abwasserentsorgung, Bauhöfe, Straßenunterhaltung und Bestattungswesen.
Daum trieb die Integration mehrerer kommunaler Bauhöfe voran, leitete die Aufnahme neuer Verbandsmitglieder wie Biblis oder Groß-Rohrheim und etablierte den KMB als Partner interkommunaler Zusammenarbeit. Dabei war ihm stets wichtig, nicht nur effizient zu wirtschaften, sondern auch Innovationen in der Verwaltung voranzutreiben – beispielsweise durch Organisationsentwicklung, Digitalisierung und Fachkräftebindung. „Und genau das wünschen wir uns für die Stadt“, erklärt Bernhard Stenger.
Neben seiner praktischen Tätigkeit ist Daum auch im wissenschaftlichen Bereich aktiv: Er lehrte über mehrere Jahre Öffentliche Finanzen an der Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden, seit 2000 hat er einen Lehrauftrag für Kommunalrecht an der Dualen Hochschule Mannheim. Im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit arbeitete er für die GTZ (heute GIZ) beim Aufbau eines Staatsrechnungshofs in Vietnam und führte dort Workshops durch. Seit 2006 ist Daum ehrenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht Darmstadt.
„Frank Daums Lebenslauf ist nicht nur ein Beleg für fachliche Breite, sondern auch für sein dauerhaftes Engagement für die kommunale Sache – über Parteigrenzen hinweg, mit Integrität, Sachverstand und dem Willen zur Gestaltung. Seine Karriere ist das Ergebnis kontinuierlicher Entwicklung, gepaart mit tiefer lokaler Verbundenheit – eine Kombination, die ihn zu einem geeigneten Kandidaten für die politische Führung seiner Heimatstadt macht“, ist sich der CDU-Fraktionsvorsitzende sicher.
„Es geht um Kompetenz, nicht um Parteibindung“
Dass es in der jetzigen Situation nicht um eine klassische Stadtbaurats-Position geht, betonen die CDU-Vertreter mit Nachdruck. „Wir brauchen keine technische Verwaltungskraft, sondern eine Persönlichkeit mit Überblick, Autorität und Integrationskraft“, sagt Stenger. Er und Torre sehen in ihm jemanden, der Teams nicht nur verwalten, sondern leiten kann – und das über Parteigrenzen hinweg. Das ist auch Daum selbst wichtig: „Gerade in einer Situation wie dieser reicht es nicht, wenn die Koalition allein etwas durchzusetzen versucht. Es braucht eine breite Basis. Ich wünsche mir ein deutliches Ergebnis, einen Vertrauensvorschuss aller Fraktionen.“
Die Ausschreibung sei offen formuliert gewesen, man habe sich intensiv mit den Bewerbern auseinandergesetzt. „Je länger die Gespräche mit Frank Daum dauerten, desto klarer wurde: Er ist die Idealbesetzung“, so Stenger. Nicht nur der Ausgang der Wahl und die anderen Mitbewerber um den Posten sind noch unbekannt, ebenso ist es die künftige Dezernatsverteilung, die Bürgermeisterin Christine Klein obliegt. Ein Automatismus, etwa in Bezug auf die Besetzung des Finanzressorts, besteht nicht.
Dass die CDU mit Frank Daum bewusst auf jemanden setzt, der nicht nur „aus dem Rathaus kommt“, sondern zugleich über breite, moderne Verwaltungserfahrung verfügt, ist strategisch: Der klassische Stadtbaurat, so Torre, sei ein Modell von gestern. Die Komplexität heutiger kommunaler Aufgaben – von Finanzen über Bau bis zu Personal – verlange einen Generalisten mit strategischem Denken. „Frank Daums Kandidatur ist mehr als eine Personalie – sie ist ein Angebot an die Stadtgesellschaft für Stabilität, Professionalität und Führung mit Weitblick. In einer Phase, in der Bensheim Orientierung sucht, könnte er der Mann sein, der die Stadt neu auf Kurs bringt“, wünscht sich die CDU-Spitze.
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