Baustoffe

So will Heidelberg Materials klimaneutralen Zement herstellen

Der Heidelberger Dax-Konzern hat einen Net-Zero-Zement auf den Markt gebracht und hat auch für seine deutschen Werke ehrgeizige Pläne

Von 
Bettina Eschbacher
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So viel Optimismus ist in diesen Tagen in der Wirtschaft selten: Während viele Spitzenmanager über schlechte Geschäfte klagen und mehr Unterstützung von der Politik fordern, ist Dominik von Achten bestens gelaunt. „Wir bleiben optimistisch, obwohl in Deutschland überall dunkle Wolken hängen“, sagt der Vorstandschef von Heidelberg Materials. Das hängt auch mit einem neuen Produkt zusammen. Das soll zeigen, dass auch die viel gescholtene Zementherstellung klimaneutral werden kann. Zentrale Fragen und Antworten dazu:

Was macht den Vorstandschef von Heidelberg Materials so optimistisch?

Bei einem Blick auf die Zahlen für das Geschäftsjahr 2023 wird Dominik von Achtens Optimismus verständlicher. Während das Geschäft bei vielen produzierenden Unternehmen wegen der schwachen Konjunktur schlecht läuft, hat der Heidelberger Baustoffhersteller bei allen Kennzahlen „neue Höchstwerte“ erreicht. Dabei halfen niedrigere Energiekosten - nach der brutalen Kostenexplosion 2022 -, höhere Preise für die Baustoffe und ein striktes Fixkostenmanagement. Für von Achten bedeuten die guten Zahlen aber noch viel mehr: Er sieht in ihnen den Beweis, dass „Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit“ zusammenpassen.

Die Zementindustrie zählt zu den größten CO2-Verursachern weltweit - wieso spricht von Achten da von Nachhaltigkeit?

Weil er sein Unternehmen als Vorreiter bei der Reduzierung von Kohlendioxid, der Dekarbonisierung, sieht. So hat Heidelberg Materials Ende 2023 den nach eigenen Angaben weltweit ersten Net-Zero-Zement namens evoZero auf den Markt gebracht. Vereinfacht erklärt gilt dieser Zement als klimaneutral, weil sein CO2-Fußabdruck als Null berechnet wird. Das heißt aber nicht, dass bei dessen Produktion kein CO2 entsteht. Bei der Zementherstellung fallen durch die Verbrennung des Rohstoffs Klinker automatisch hohe Kohlendioxid-Mengen an. Bei evoZero-Zement wird das Klimakillergas aber im Produktionsprozess aufgefangen und gespeichert.

Wo kommt dieser Net-Zero-Zement her?

Aus dem norwegischen Heidelberg Materials-Werk Brevik. Dort entsteht derzeit eine Abscheideanlage, die ab 2025 im Jahr 400 000 Tonnen CO2 eingefangen soll. Das abgeschiedene Kohlendioxid wird im Meeresboden unter der Nordsee gespeichert. Mit diesem Pilotprojekt sieht Heidelberg Materials einen Entwicklungsvorsprung von rund drei Jahren gegenüber der Konkurrenz. Der neue Net-Zero-Zement wird künftig entweder direkt aus Brevik geliefert, wenn sich die Kunden in der Nähe des Standorts befinden. Andere europäische Kunden, die sich dafür entscheiden, bekommen zwar regulären Zement aus nahe gelegenen Werken geliefert - darauf werden aber die in Brevik erzielten CO2-Einsparungen angerechnet. Dafür gibt es CO2-Zertifikate von einer neutralen Prüfstelle. Klimaschützer sehen die Abscheide-Technologie allerdings kritisch.

Wie teuer ist der klimaneutrale Zement - und wie groß ist die Nachfrage?

„EvoZero ist ein völlig neues Produkt, es ist nicht vergleichbar mit herkömmlichem Zement“, betont Dominik von Achten. Teurer wird er auf jeden Fall werden. „Wir sind gerade dabei, das Auftragsbuch zu füllen.“ Einen ersten Prestigeauftrag hat Heidelberg Materials an Land gezogen: Das neue Nobel-Center in Stockholm soll mit dem Net-Zero-Zement gebaut werden. Dieser wird zuerst aber nur in kleinen Mengen angeboten: Nicht einmal ein Prozent des weltweiten Absatzes wird der klimaneutrale Baustoff ausmachen.

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Wird es in Deutschland Projekte zu Dekarbonisierung geben?

Heidelberg Materials plant vollständig dekarbonisierte Zementwerke weltweit. Die aufwendige Umstellung wird in der Regel von der öffentlichen Hand gefördert. Leuchtturmprojekt in Deutschland ist das Werk in Geseke, dort soll ab 2029 eine Abscheideanlage laufen. In Paderborn wiederum wird auf einen neuen Produktionsprozess umgestellt, bei dem weniger CO2 bei der Verbrennung des Klinkers entstehen soll. „Die Werkslandschaft wird sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren verändern“, sagt von Achten. Ein Teil der Werke werde auf Dekarbonisierung umgestellt. Wo sich das nicht lohnt, wird die Klinkerproduktion eingestellt. Dann werden dort nur noch Mahlwerke betrieben, wie jetzt schon in Leimen. Geplant ist diese Umstellung etwa in Hannover. In Deutschland betreibt der Konzern noch sechs integrierte Werke mit Produktion und Mahlwerk.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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