Mannheim/Frankfurt. Mit Protestaktionen in der Nachtschicht hat die IG Metall eine erste Warnstreikwelle in der deutschen Metall- und Elektroindustrie gestartet. Überschattet werden die Verhandlungen, die an diesem Dienstag in dritter Runde fortgesetzt werden sollen, von den drastischen Sparplänen beim Autobauer VW. Auch in Mannheim und der Region wird es in den kommenden Tagen Warnstreiks geben.
Die IG Metall Mannheim ruft rund 21 000 Beschäftigte aus 23 Betriebe zur Teilnahme an Warnstreiks auf. Mit den befristeten Aktionen, die vor den Betrieben oder in der Nähe der Betriebe stattfinden werden, will die IG Metall laut Mitteilung den Druck auf die Arbeitgeberseite erhöhen. Die dritte Tarifverhandlung im Bezirk Baden-Württemberg ist für 31. Oktober geplant.
Nicht nur in Mannheim, sondern auch in Hockenheim und Altlußheim wird gestreikt
Zu erwarten seien – voraussichtlich ab morgen – Warnstreiks zum Beispiel bei Daimler Truck, John Deere, Caterpillar, ZF Wabco und ABB. Der Schwerpunkt der Streiks liege in Mannheim, aber auch Betriebe in Hockenheim oder Altlußheim würden in den Fokus genommen.
Hauptargument der Gewerkschaft ist die fehlende Kaufkraft der Beschäftigten nach Jahren mit hoher Inflation. Die Erste Vorsitzende Christiane Benner erklärt dazu: „Das magere Angebot der Arbeitgeber verkennt der Ernst der Lage. Unsere 3,9 Millionen Kolleginnen und Kollegen in der Branche brauchen mehr Geld. Mit der zusätzlichen Kaufkraft stärken wir auch die Konjunktur.“
Arbeitgeber wie Südwestmetall weisen Forderungen als unrealistisch zurück
Die IG Metall fordert in den Verhandlungen sieben Prozent mehr Geld innerhalb eines Jahres, während die Metallarbeitgeber 3,6 Prozent in einem Zeitraum von 27 Monaten angeboten haben. Die erste Stufe von 1,7 Prozent soll im Juli 2025 greifen. Die Unternehmen verweisen auf schwache Produktionswerte und fehlende Aufträge. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hat davor gewarnt, mit den Warnstreiks unrealistische Erwartungen bei den Beschäftigten zu schüren.
Präsident Stefan Wolf sagte dem Portal T-Online: „Ich habe den Eindruck, die IG Metall hat verstanden, was auf dem Spiel steht. Da sich die wirtschaftliche Lage quasi wöchentlich verschlechtert, dürfte sie auch ein Interesse an einem schnellen Abschluss haben.“
Auch die Arbeitgeber in der Region weisen die Forderungen der IG Metall zurück. Arnd Suck, Geschäftsführer der Südwestmetall-Bezirksgruppe Rhein-Neckar-Odenwald, verweist im Gespräch mit dieser Redaktion auf den vorangegangenen Abschluss von 8,5 Prozent in Summe plus 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie, womit man bereits in der letzten Tarifrunde auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten reagiert habe. Mit 81 000 Euro, so Suck, sei der Durchschnittsverdienst in den tarifgebundenen Unternehmen der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie zudem schon auf einem hohen Niveau.
Mannheimer IG Metall-Chef Hahl erwartet „stürmische Herbsttage"
„Es kommen stürmische Herbsttage auf uns zu“, kündigt Thomas Hahl, 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Mannheim, an. Das Angebot von Südwestmetall sei zu gering in der Höhe, die lange Laufzeit sei nicht akzeptabel. Hahl: „Wir zahlen nicht für Managementfehler oder das Versäumnis, die Transformation vernünftig anzugehen.“ Um die Binnennachfrage zu stärken, brauche es eine starke Entgelterhöhung.
Warnstreiks sind bundesweit schon angelaufen
Bereits demonstriert wird bundesweit unter anderem bei Thyssenkrupp Rasselstein in Andernach, Federal-Mogul in Wiesbaden und Norma in Hanau. Laut Marcus Eulenbach, Sprecher der IG Metall Neuwied, sei die Protestaktion in Andernach als Auftakt des Warnstreiks gelungen. Die Beschäftigten seien dem Aufruf gefolgt, die Arbeit mit Ende der Friedenspflicht um 0:01 Uhr für eine Stunde niederzulegen. Ein Schwerpunkt im Saarland ist das Saarbrücker Werk des Zulieferers ZF, in dem Stellen gestrichen werden sollen.
Die neue IG-Metall-Tarifvorständin Nadine Boguslawski sprach in der Nacht zu Beschäftigten des VW-Werks in Osnabrück, wo ebenfalls eine nächtliche Protestaktion stattfand. Nach Angaben des Betriebsrats plant der Konzern-Vorstand deutschlandweit Werksschließungen, Massenentlassungen und Lohnkürzungen. Das von der Schließung bedrohte Ex-Karmann-Werk mit rund 2.500 Beschäftigten fällt nicht unter den VW-Haustarifvertrag, in dem noch bis Ende November Friedenspflicht herrscht. (mit dpa)
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