Software

SAP erntet Kritik für digitale Hauptversammlung

Zwei Jahre lang hat SAP auf Aktionärstreffen in Präsenz gesetzt – sich nun aber für ein Onlineformat entschieden. Nicht bei allen kommt das gut an.

Von 
Tatjana Junker
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© Norbert Steinhauser/SAP

Walldorf. So ganz reibungslos klappt sie dann doch nicht, die Kommunikation über rein digitale Kanäle. Nicht einmal bei einem Tech-Konzern wie SAP. Friederike Rotsch, die am Dienstag als Aufsichtsratsmitglied die Hauptversammlung des Walldorfer Softwarekonzerns leitet, muss jedenfalls einige Aktionäre mehrmals im virtuellen Raum ausrufen lassen, weil sie zwar Wortbeiträge angemeldet haben – dann aber während der Frage-Antwort-Runde am eigenen Bildschirm nicht erreichbar sind.

Dabei hatte Aufsichtsratschef Pekka Ala-Pietilä am Anfang der Veranstaltung noch ausdrücklich für die virtuelle Hauptversammlung geworben: „Wir sind überzeugt, dass wir Ihnen in diesem virtuellen Format einen umfassenden Überblick über die Lage Ihres Unternehmens, die Erfolge und Herausforderungen des vergangenen und laufenden Geschäftsjahres sowie unsere Pläne für die Zukunft geben können“, so Ala-Pietilä bei der Begrüßung der Anteilseigner.

Aktionärsschützerin: „Es ist blutleer“

In den vergangenen beiden Jahren hatte das Unternehmen die Hauptversammlung noch in Präsenz abgehalten, in Mannheim in der SAP Arena. Nun wolle man wie viele andere Dax-Unternehmen auch Erfahrungen mit dem virtuellen Format sammeln. Die grundsätzliche Möglichkeit dazu hatte sich SAP in der Vergangenheit von den Aktionären erteilen lassen.

Die sparen bei der späteren Aussprache dann allerdings teilweise nicht mit heftiger Kritik an der virtuellen Form der Versammlung. „Es ist blutleer, es kommt nicht mal im Ansatz dem Geist einer Versammlung nah“, kritisiert beispielsweise Christiane Hölz, Geschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Auch die Präsenz – nach Angaben von SAP-Aufsichtsrätin Rotsch sind an diesem Dienstag knapp 73 Prozent des eingetragenen Grundkapitals vertreten – habe sich durch das virtuelle Format im Vergleich zum Vorjahr nicht wesentlich erhöht.

Höhere Dividende

Auf der Hauptversammlung haben Vorstand und Aufsichtsrat den Aktionären eine Erhöhung der Dividende vorgeschlagen. Sie steigt demnach auf 2,35 Euro pro Aktie , knapp sieben Prozent mehr als im Vorjahr.

Insgesamt schüttet SAP an seine Anteilseigner damit rund 2,7 Milliarden Euro an Dividende aus.

„Für mich ist die Präsenzveranstaltung auch eine Form der Wertschätzung der Verwaltung gegenüber den Eigentümerinnen und Eigentümern“, argumentiert Aktionärsschützerin Hölz. Sie wirbt letztlich künftig für eine hybride Hauptversammlung – also eine Präsenzveranstaltung, an der Aktionäre, die nicht anreisen können oder wollen, auch digital teilnehmen können.

In diese Richtung spricht sich auch Markus Kienle, Vorstandsmitglied bei der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), aus. „Die virtuelle Hauptversammlung in ihrer jetzigen Form kann Stimmungen des Aktionariats durch Beifall oder Missfallensbekundungen nicht transportieren und weist daher ihre wichtige Funktion als Stimmungsseismograph nicht mehr auf“, sagt er. Der Aktionär als Hauptperson der Hauptversammlung werde zur Randfigur. Um den unterschiedlichen Präferenzen der Anteilseigner gerecht zu werden, sei ein hybrides Format optimal, so Kienle.

2026 soll René Obermann in den Aufsichtsrat einziehen

SAP-Vorstandsmitglied Dominik Asam betont unterdessen, dass eine Entscheidung zur Art der Hauptversammlung für 2026 noch nicht gefallen sei – auch wenn Vorstand und Aufsichtsrat die Aktionäre bereits vorsorglich darüber abstimmen lassen, ob in den kommenden beiden Jahren ebenfalls ein virtuelles Format möglich ist. Man wolle die Erfahrung des diesjährigen Aktionärstreffens bei künftigen Entscheidungen zum Format berücksichtigen, so Asam. Grundsätzlich stehe man auch einem Hybrid-Modell offen gegenüber. Am Ende erteilen die Anteilseigner dem Unternehmen mit knapp 90 Prozent der Stimmen erneut die Ermächtigung, auch künftig Online-Hauptversammlungen durchzuführen.

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Ein Tagesordnungspunkt für die Hauptversammlung 2026 steht unterdessen schon fest: Dann soll René Obermann, langjähriger Telekom-Chef und derzeit Aufsichtsratsvorsitzender bei Airbus, in den SAP-Aufsichtsrat einziehen. Ein Jahr darauf, also 2027, soll er dann die Führung des Gremiums übernehmen. Bei Aktionärsvertretern stößt das auf positives Echo: Hendrik Schmidt von der Fondsgesellschaft DWS betont, mit der geplanten Nominierung Obermanns ende eine fast zehnjährige Suche nach einem adäquaten Nachfolger für Hasso Plattner. „Es ist beruhigend, dass sich endlich ein geeigneter Kandidat für Europas wertvollstes Technologieunternehmen gefunden hat“, so Schmidt.

Fluktuation im Vorstand sorgt für Nachfragen

Kritische Nachfragen gibt es von Aktionärsseite auch zur hohen Fluktuation an der SAP-Spitze, genauer gesagt, im Vorstand. Wie HV-Leiterin Rotsch auf Nachfrage erklärt, hat sich der Walldorfer Softwarekonzern allein in den vergangenen fünf Jahren von neun Vorstandsmitgliedern einvernehmlich getrennt – insgesamt sind dafür immerhin mehr als 53 Millionen Euro an Abfindungen geflossen.

So hatten Ende August 2024 die Vorstandsmitglieder Scott Russell und Julia White das Unternehmen vorzeitig verlassen. „Die jeweiligen Vertragslaufzeiten werfen Fragen auf“, so DWS-Vertreter Schmidt. Er will unter anderem wissen, unter welchen Annahmen sich der Aufsichtsrat noch 2023 dafür entschieden habe, die beiden Vorstände bis 2027 zu bestellen – um sich dann schon 2024 auf eine Trennung zu verständigen. Auch die wenig später erfolgte Trennung von Vorstandsmitglied Jürgen Müller, dem zuvor unangemessenes Verhalten auf einer Firmenveranstaltung vorgeworfen worden war, ist mehrfach Thema bei dem Aktionärstreffen. Dem Antrag eines Anteilseigners, dass die Aktionäre nicht nur den Vorstand im Gesamten, sondern jedes Mitglied einzeln entlasten können, gibt SAP während der Hauptversammlung schließlich statt.

Kritik an Streichung der Frauenquote

Kritik müssen Vorstand und Aufsichtsrat schließlich auch dafür einstecken, dass das Unternehmen auf Druck von US-Präsident Donald Trump seine Diversitätsziele angepasst hat. So war am Wochenende bekannt geworden, dass SAP unter anderem die angepeilte Frauenquote von 40 Prozent in der Belegschaft aufgibt. DSW-Geschäftsführerin Hölz räumt zwar ein, dass SAP mit dem Schritt kurzfristige Risiken für das US-Geschäft ausräume. „Aber wer Vielfalt opfert, verliert nicht nur Talente, sondern auch und vor allem Glaubwürdigkeit“, sagt sie.

SAP-Vorstandschef Christian Klein, dessen Vertrag kürzlich bis 2030 verlängert worden ist, rechtfertigt unterdessen das Vorgehen des Unternehmens. In den USA gebe es nun mal entsprechende Dekrete, die SAP einhalten müsse. „Dabei tritt völlig in den Hintergrund, was die persönliche Sichtweise auf die Dinge ist. Das gilt es, bei der Aufgabe dann auch zu trennen“, so Klein. Der Vorstandsvorsitzende bekräftigt gleichzeitig, dass die bestehenden Vielfaltsprogramme im Unternehmen weiter bestehen und vorangetrieben werden sollen. Wichtiger als gesetzliche Vorgaben und Quoten sei am Ende das, „was wir in der Realität tun für das Thema Diversität.“

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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