Walldorf. SAP-Chef Christian Klein hat die Abkehr von Diversitätszielen wegen neuer Regelungen in den USA verteidigt. Juristen hätten dem Management erklärt, „dass die Sachlage sehr eindeutig sei: Wenn wir weiterhin unser Geschäft im öffentlichen Sektor der USA behalten wollen – mit sehr vielen Jobs, die bei SAP daran hängen –, können wir unsere bislang gültigen Zielvorgaben nicht behalten. Da gab es eine klare Empfehlung und deshalb auch eine klare Entscheidung“, erklärte Klein in einem Interview mit der „Zeit“. „Egal, was man persönlich davon hält: Wir betreiben große Teile der Software und Technologie der US-Regierung, die dabei auf diesen Vorgaben besteht. Es ging bei dieser Entscheidung also um unser Geschäft in den USA.“
SAP-Chef Christian Klein: „Alles, was möglich ist, wird weitergeführt“
Klein erklärte weiter, SAP stehe in hartem Wettbewerb mit vielen US-Unternehmen, die sich an diese rechtlichen Vorgaben hielten. „An die würden wir dieses Milliardengeschäft abschenken.“ Der Vorstandsvorsitzende hob hervor, man stelle die Diversitätsprogramme ja nicht komplett ein. Alles, was möglich sei, werde weitergeführt. „Und wir stehen weiterhin voll hinter Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion – weltweit.“
Im Mai wurde bekannt, dass der Walldorfer Softwarekonzern das freiwillige globale Ziel von 40 Prozent Frauenanteil in der Belegschaft nicht weiterverfolgt. Die Schlüsselkennzahl „Frauen in leitenden Führungspositionen“ im langfristigen Anreizplan des Vorstands soll durch den breiter gefassten „Business Health Culture Index“ ersetzt werden. Heftige Kritik kam unter anderem von der IG Metall Heidelberg. Sie bescheinigte SAP ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn man so schnell bereit sei, „Werte wie Vielfalt, Gleichheit und Inklusion zu opfern“.
Klein monierte in dem Interview zudem schlechte Rahmenbedingungen für die IT-Branche – obgleich SAP dem Standort Deutschland viel zu verdanken habe. „Ich würde ein Start-up heutzutage eher in den USA gründen und nicht in Deutschland. Ich würde mir wünschen, dass uns die Politik bessere Gründe gibt, dass wir in Deutschland oder Europa bleiben“, sagte er. In Europa gebe es zu viel Gesetze und Regulierungsbehörden. Auch bei SAP habe die Rechtsabteilung zuletzt deutlich aufgestockt werden müssen. „So was sehen wir in den USA nicht und auch nicht in China. Außerhalb Europas investieren IT-Firmen vor allem in Programmierer und nicht in Anwälte.“
Rückblick auf Ex-Co-Chefin Jennifer Morgan
Mittlerweile ist Klein seit mehr als fünf Jahren Vorstandsvorsitzender von SAP. Er hat den Softwarehersteller erfolgreich auf das Cloud-Geschäft ausgerichtet. Diese Cloud-Transformation hätte es in der ursprünglichen Doppelspitze mit Jennifer Morgan nicht gegeben, zeigte sich Klein in dem Interview überzeugt. „Wir hatten (…) strategisch komplett unterschiedliche Vorstellungen.“ Morgan und Klein hatten nur wenige Monate SAP gemeinsam geführt, bis die Managerin Knall auf Fall ging.
Klein gab sich auch selbstkritisch: „Das Veränderungstempo war zuletzt sehr hoch, und ich hätte vielleicht beim einen oder anderen Thema drosseln können. Aber hätten wir dieses Tempo nicht verfolgt, dann wäre SAP irgendwann abgehängt gewesen.“ Und natürlich habe er auch Fehler gemacht. „Es wird ja viel über die Wechsel im Vorstand bei SAP geschrieben. Entscheidungen, die ich heute anders fällen würde. Das kann ich nicht auf den Aufsichtsrat schieben.“ Ins Detail ging Klein allerdings nicht.
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