Bürgermeisterwahl in Lautertal:
Die von Bürgermeister Andreas Heun propagierte überparteiliche Zusammenarbeit, ist mir in meiner Zeit als Kommunalpolitiker gar nicht aufgefallen, um es höflich zu sagen. Eine überparteiliche Zusammenarbeit mit allen Fraktionen ist aber nicht nur wünschenswert und im Sinne der Bürger absolut notwendig.
In der Gemeindevertretung nimmt der Bürgermeister seine Sprecherrolle des Gemeindevorstandes wahr. Darüber hinaus schlüpft er gern in die Rolle des Oppositionsführers. Das ist nicht die Aufgabe eines angeblich parteilosen Bürgermeisters. Im Vorstand sieht sich der Bürgermeister sich als „ausgleichender Faktor“, wie er zuletzt berichtete, was gleichbedeutend ist damit, dass die demokratischen Grundregeln der Mehrheitsverteilung aufgelöst werden können.
Dass, wie am 30. März in der Gemeindevertretersitzung geschehen, Bürgermeister Heun mit einem Eilantrag zum Thema Friedhöfe – ohne Abstimmung im Vorstand – vorprescht, ist schon sehr eigenwillig. Das von ihm in der Begründung angeführte Gutachten lag seit dem Oktober auf seinem Tisch.
Bekanntlich haben Erfolge immer viele Väter. Es wäre fair, wenn die wahren Urväter und Ideengeber dieser Vorschläge zumindest erwähnt würden. Auf der Homepage von Andreas Heun kann man „Eine Bilanz, die Raum schafft für Zukunft“ alle Ereignisse nachlesen, die in der Vergangenheit in Lautertal geschehen sind. Der neu geschaffene Busverkehr, die Toilettenanlage am Felsenmeer, die ausgeglichenen Haushalte ab 2017, die Wasserversorgung und nicht zuletzt der Kauf des Gasthauses Zur Siegfriedsquelle waren aber die Vorschläge anderer.
Das Verlassen des Rettungsschirmes hat mit der Amtszeit von Bürgermeister Heun rein gar nichts zu tun. Das Land Hessen hat 2012 insgesamt 5,4 Millionen Euro und 2018 nochmals drei Millionen Euro Schulden der Gemeinde übernommen. Zusätzlich wurden weitere 3,3 Millionen Euro durch die Hessenkasse abgelöst, und werden durch die Gemeinde mit 180 000 Euro im Jahr getilgt.
Das sind allein die Erfolge der Lautertaler Bürger, die die Hinterlassenschaft von Heuns Vorgänger durch eine massiv hohe Grundsteuerbelastung ausbaden mussten und finanziell getragen haben. Und es ist vor allem die Landesregierung Hessen gewesen, die hier mit der Einrichtung der Hessenkasse nochmals der Gemeinde massiv unter die Arme gegriffen hat.
Die Gemeinde braucht Baugebiete
Im Sinne der Verbesserung der Einnahmen sollte Lautertal eigentlich neue Bürger für seine Ortsteile gewinnen. Mangels eigener bebaubarer Gewerbeflächen für mehr Gewerbesteuer-Einnahmen hätte sich die Gemeinde Lautertal zumindest als Wohn- und Schlafstelle bewerben können. In den prosperierenden Gewerbeflächen in den Nachbargemeinden und -städten sind viele neue Arbeitsplätze entstanden, und die liegen nicht zu weit weg von Lautertal für diese Idee. Um dies zu erreichen, benötigt die Gemeinde aber dringend Baugebiete und Wohnräume.
In den vergangenen fünf Jahren sind keine neuen Baugebiete entstanden, obwohl das für die Einnahmen der Gemeinde sehr wichtig gewesen wäre. Potenzielle Einnahmenausfälle liegen bei rund 100 000 Euro pro Jahr. Das wichtige Projekt neuer Kindergarten in Elmshausen kam in den letzten fünf Jahren nicht voran.
Die Folgen hieraus dürften mit einer massiveren Kostensteigerung begleitet sein. Die Investitionskosten für den Bau eines neuen Kindergartens lagen in den ersten Beratungen bei etwa fünf bis sechs Millionen Euro. Durch die inflationsbedingten Kostensteigerungen, sowie die bereits wieder gestiegenen Kreditzinsen werden sich die Gesamtkosten auf mindestens 10 Millionen Euro erhöhen, und die Bürger zusätzlich belasten.
Seit Beginn seiner Amtszeit waren nahe alle Gespräche und Diskussionen mit Bürgermeister Heun stets mit einem gewissen Unbehagen begleitet. Das SPD-Drama um Bürgermeister Jürgen Kaltwasser und seinen Finanzabteilungsleiter war eine bittere Lehre für die Gemeinde, hat aber sein gutes Ende gefunden. Bürgermeister Heun hat stets nur für die SPD und Grünen die Fahne hochgehalten.
Fünf Jahre Stillstand sind aber genug. Wir müssen jetzt konstruktiv die Einnahmenseite der Gemeinde weiter – und vor allem nachhaltiger – durch den Zuzug von Bürgern verbessern. Um das zu erreichen, müssen wir jetzt wieder neue Wege gehen.
Martin Grzebellus
Reichenbach