Lautertal. Der Lautertaler Gemeindehaushalt 2023 ist in trockenen Tüchern. Die Gemeindevertretung nahm den Plan in der Fassung nach drei Beratungsrunden des Finanzausschusses einstimmig an. Zuvor hatten die Fraktionen zum Rundumschlag bezüglich der politischen Themen in der Gemeinde ausgeholt. Trotz der bevorstehenden Bürgermeisterwahl blieb die Stimmung dabei aber weitgehend entspannt.
Alle Fraktionen wiesen bei ihren Wortmeldungen zum Haushalt darauf hin, dass die Gemeinde vor einigen Herausforderungen stehe. Eine Million Euro Unterdeckung im Etat seien zu verkraften. Sie könnten allerdings bis zum Jahresende auch noch reduziert werden, betonte Bürgermeister Heun.
SPD: „Das Geld wird knapper“
Tobias Pöselt (SPD) kritisierte CDU und LBL dafür, die Steuern in der Gemeinde auf Kosten der Rücklagen niedrig halten zu wollen. Wäre die Grundsteuer B im vergangenen Jahr nur um 100 statt um 200 Punkte gesenkt worden, so hätte die Gemeinde 200 000 Euro mehr in der Kasse. Pöselt erinnerte daran, dass dies der Vorschlag von Bürgermeister Heun und dem Gemeindevorstand gewesen sei, bevor CDU und Bürgerliste in der Gemeindevertretung die stärkere Steuersenkung durchgesetzt hätten. Eine Reduzierung der Grundsteuer in kleinen Schritten hätte die SPD für sinnvoller gehalten.
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Nun lebe die Gemeinde von der Rücklage, die durch die „vorbildliche Haushaltsführung der Verwaltung und von Bürgermeister Heun“ aufgebaut worden sei. Diese werde aber bald aufgebraucht sein. Die Gemeinde müsse daher in Zukunft umsichtig handeln. Investitionen müssten priorisiert werden, die Ortsbeiräte müssten ihre Ansprüche zurückschrauben. „Das Geld wird knapper“, so Pöselt. Es sei nicht gut, dass die CDU einerseits beklage, dass die Friedhofsgebühren stark angehoben werden sollten, andererseits aber Wünsche nach Investitionen auf den Friedhöfen unterstütze.
Kerstin Eckel (LBL) dankte den Bürgern und Gewerbetreibenden für ihre Steuerzahlungen, die letztlich die Lage der Gemeinde deutlich verbessert und die „satten Überschüsse“ der Jahre 2019 bis 2021 erst ermöglicht hätten. Eckel verwies darauf, dass unter anderem wegen der steigenden Energie- und Personalkosten das Jahr 2023 schwierig werde. Immerhin gebe es auch in diesem Jahr noch gute Steuereinnahmen. Die Senkung der Grundsteuer 2022 sei „richtig und wegweisend“ gewesen.
Die LBL habe auch für den aktuellen Etat eine zehnprozentige Sperre bei den Sach- und Dienstleistungen durchgesetzt, erinnerte Eckel. Dies werde die Gemeinde „zum Sparen anhalten“. Bei den Friedhöfen lehnt die Bürgerliste eine Gebührenerhöhung ab. Hier sei stattdessen „ein gänzlich neues Konzept nötig“. Bestattungen müssten für die Bürger bezahlbar bleiben. Eckel, erinnerte auch an den Antrag ihrer Fraktion, in diesem Jahr 100 000 Euro für die Förderung von Photovoltaikanlagen bereitzustellen.
Ziel: Investitionsstau abbauen
In der kommenden Zeit sei es weiter wichtig, den „über Jahrzehnte aufgebauten Investitionsstau“ abzubauen. Geld sei unter anderem nötig für die Trinkwasserversorgung, den Straßenbau, die Feuerwehren und die Kindergärten.
Auch Frank Maus von den Grünen verwies auf die Vielzahl an Investitionen, die in Lautertal nötig seien. „Dafür braucht man sich nicht zu loben“, fand er allerdings. Es handele sich schließlich um Pflichtaufgaben. Dass der Investitionsstau nicht schneller abgebaut werde, liege auch daran, dass der Haushaltsplan nicht früher fertig geworden sei. Hier sei in den Gremien viel Zeit verloren worden.
Azubis sollen bleiben können
Kritik übte Maus am „Bürgermeister-Bashing“ der CDU im Rahmen eines Pressegesprächs. Es sei sicher nicht so, dass die Beratungsfirma, derer sich die Gemeinde bediene, die Aufgaben des Bürgermeisters übernommen habe. Bei allem Verdienst für die externen Helfer sei doch viel in der Verwaltung selbst geschafft worden.
Maus wies auch die Behauptung der CDU zurück, der Stellenplan sei zu umfangreich. Er gewährleiste vielmehr, dass die jungen Leute, die die Gemeinde ausbilde, auch hier bleiben könnten. Das sei angesichts des Mangels auf dem Arbeitsmarkt „genau der richtige Weg“. Dass die Teilzeitstelle eines Waldarbeiters auf Betreiben der CDU gestrichen wurde, sah Maus dagegen als Fehler an. Dass man Geld spare, wenn man dessen Arbeit durch einen Unternehmer erledigen lasse, sei „eine Milchmädchenrechnung“.
Ebenfalls keine gute Entscheidung sei es gewesen, die Sanierung des Rathauses auf drei Jahre zu strecken. Hier gehe es auch darum, die Arbeitsplätze der Verwaltung ordentlich zu gestalten. „Stattdessen werden Scheiben in Friedhofshallen eingebaut.“
CDU und LBL warfen Maus vor, „Kraft und Mut für Reformen verloren“ zu haben. Bürgermeister Jürgen Kaltwasser (SPD) sei immer vorgeworfen worden, die Gebühren für die Bürger künstlich stabil zu halten. Bei den Friedhöfen mache die CDU dies nun selbst. Es sei unter sozialen Gesichtspunkten nicht unbedingt verkehrt, so zu handeln, so Maus.
Das Gleiche zeige sich bei der Grundsteuer. Hier sei Bürgermeister Heun von CDU und LBL zunächst vorgeworfen worden, mit der Senkung um 100 Punkte ein „Wahlgeschenk“ machen zu wollen. Nur um anschließend mit einer „Wendung um 180 Grad“ eine noch größere Steuersenkung zu beschließen. „Geld verschenkt“ hätten CDU und LBL dann noch durch die Ablehnung der Gewerbesteuer-Anhebung. Diese wäre für die Unternehmen in Lautertal kostenneutral gewesen, hätte Lautertal aber im Jahr 40 000 Euro mehr Einnahmen gebracht.
Erich Sauer (CDU) sagte, die CDU habe die Grundsteuer-Senkung zunächst abgelehnt, weil „ganz andere Voraussetzungen“ vorgelegen hätten. „Da stehen wir dazu.“ Die Steuersenkung sei aber nicht der Grund für das Defizit im Haushalt 2023. Die Gemeinde habe vielmehr ein Problem mit den Einnahmen. So fehle es an Einkommensteueranteilen, weil die beschlossenen Neubaugebiete nicht vorankämen.
Kurzsichtigkeit beim Bauland?
CDU und LBL stünden für ordentliche Gemeindehaushalte und hätten in der Hinsicht gut gearbeitet. Das sei ihnen letztlich auch bei der Kommunalwahl 2021 von den Bürgern bescheinigt worden. „Die LBL war keine Eintagsfliege“, sondern ein Ruf der Bürger nach mehr Mitsprache, sagte Sauer.
Es sei bemerkenswert, wenn die SPD nun darauf verweise, dass die Gemeinde ihre Ansprüche reduzieren und sich auf die Pflichtaufgaben zurückziehen müsse. Das habe in der Finanzkrise noch ganz anders geklungen, als CDU und LBL eine Reduzierung der Vereinsförderung und der Jugendpflege hätten beschließen müssen, um den Haushalt zu sanieren.
Kurzsichtig sei die Politik der SPD in der Vergangenheit beim Bauland gewesen. Wären nicht zur Stützung des Haushalts alle Grundstücke im Gewerbegebiet Elmshausen verkauft worden, dann hätte die Gemeinde heute einen Bauplatz für den neuen Kindergarten.
Konstruktive Beratungen
Carsten Stephan (CDU) sagte, die Grundsteuersenkung um 200 Punkte sei von der SPD mitbeschlossen worden. Es sei daher nicht richtig, sie jetzt zu beklagen. Stephan verwies darauf, dass überhaupt zahlreiche Beschlüsse zur Finanzpolitik einmütig gefasst worden seien. Auch bei der Haushaltsplanberatung in diesem Jahr sei es im Finanzausschuss ruhig und konstruktiv zugegangen.
Die Überschüsse der Jahre 2019 bis 2021 seien unter anderem ein Verdienst der Politik von CDU und LBL. „Die Retter der Finanzen sind aber die Bürger“, die schließlich die Steuern zu zahlen hätten. Dass Lautertal nun von diesen Reserven zehre, sei kein Problem der Gemeinde. Im Finanzausschuss sei schließlich berichtet worden, dass dies bei zahlreichen Kommunen aktuell der Fall sei.
Bürgermeister Andreas Heun wies Erich Sauers Darstellung zurück, die Gemeinde habe zu wenig Einkommensteuer-Einnahmen. Lautertal schneide im Vergleich überdurchschnittlich ab. Zu den Friedhofsgebühren sagte Heun, die Gemeinde müsse sich an den Grundsatz halten, Steuern erst einzusetzen, wenn kostendeckende Gebühren erhoben würden. Das sei bei den Friedhöfen nicht der Fall. Da seien auch keine neuen Konzepte nötig. Es sei schlicht so, dass die Gemeinde vergleichsweise viele Friedhöfe habe.
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