„Seit Menschengedenken Auer genannt“, BA vom 6. Februar
Da hat der Bach halt Pech gehabt, weil der Name Auer so nicht aufgeschrieben wurde. Übrigens die Auer und „die Bach“ sind in Auerbach sympathischer Weise weiblich. Als alter Auerbacher muss ich für meinen leider schon verstorbenen Freund Fritz Krauß eine Lanze brechen, wenn es um unsere Auer geht.
Ach, wieso ich „alter Auerbacher“? Kann doch gar nicht sein, weil es mir so nicht aufgeschrieben ist? Obwohl ich hier an Mühlbach und Auer aufgewachsen bin. Recht hat er, der Fritz. Die Auer wurde sicher schon vor mehr als 500 Jahren erwähnt, denn sie existiert sehr real. Sie hatte es nicht nötig aufgeschrieben zu sein, ihr Name war und ist in aller Auerbacher Munde. Sie war schon immer da, lange vor einer Besiedlung des Tales. Wie sonst hätte der Ort diesen Namen Auerbach je erhalten können? Auch nicht das Auerbacher Schloß. Schon wieder so eine Ungenauigkeit. Die „veste auf dem auersperk“ war immer eine Burg und nie ein Schloss, selbst wenn das große Herrenhaus in der Burg Respekt verlangen darf.
Als Bub im Bach des Mühltals, zwischen Wiemers Mühle und Dorfmühle spielend, war für mich die Sache so: Der Mühlbach kam von Hochstädten dem Mühltal folgend heruntergeflossen und hatte dort dereinst zuvor in mindesten 5 Mühlen seine Arbeit leisten müssen. Also war dies sein Berufsname. Angelangt am Wiesengrund als Mühlbach etwa auf Höhe Waldruhe, hatten die Müller der Familien Kadel ihm ein Wehr errichtet. Teile seines Wassers zwangen sie in ihren Mühlgraben, um damit die Turbine der Kadels Mühle anzutreiben. Das nicht benötigte, überlaufende Wasser dagegen floss in „die“ tieferliegende „Alte Bach“. Dieses breite Bachbett ist die Wiege der Auer! Hier hatte der Mühlbach seine Schwester bekommen die nunmehr zur Zierde in der „Frühmess“ wurde. So heißt das Viertel vor dem Eingang des Fürstenlagers. Und etwa auf Höhe des alten Jägerhauses nimmt Schwester Auer ihren Bruder Mühlbach wieder auf, nachdem er unter der Kadels Mühle hindurch wieder hervorgurgelt. Vereint umfließen die Wasser der Beiden nun die Häuser der oberen Bachgasse, bis Bruder Mühlbach auf Höhe des Treppenwegs zur Bergkirche zum Dienst in der Dorfmühle verpflichtet und erneut in einen Mühlgraben geleitet wird. Während er entlang des Berges seine Fallhöhe für das Mühlenrad behalten muss, versteckt sich Schwesterlein Auer durch Beton verdolt unter einem Bürgersteig der oberen Bachgasse folgend. Endlich, auf Höhe des alten Auerbacher Rathauses, darf sie heraustreten, um mit ihrer unvergänglichen Schönheit den Verlauf der Bachgasse zu dominieren.
Da ist sie nun, die Auer!
So darf sie nun sprudeln in den Herzen der Auerbacher, gemeinsam mit ihrem Bruder Mühlbach im Arm. Offen zu bestaunen bis zum historischen Hotel Krone. Später gefällt es ihr noch ein wenig, mit dem Kronepark und dem Bangert zu posieren. Aber alle Drei müssen schließlich zu Auers Genugtuung unter der Auerbrücke hindurch, bevor sie den Winkelbach begrüßen können!
Und ich meine, wir sollten glatt einen großen Schluck des guten Auerbacher Rott wider den tierischen Ernst trinken und damit unsres lieben Fritz Krauß gedenken, unseres tapferen und streitbaren Heimatforschers!
Wolfram Ziegler
Bensheim