Handball-WM

Warum Rhein-Neckar Löwe Patrick Groetzki so wichtig für das DHB- Team ist

Der Rekordspieler der Rhein-Neckar Löwen nimmt auch bei der Nationalmannschaft eine zentrale Rolle ein. Patrick Groetzki ist der einzige Rechtsaußen im Kader und liefert zuverlässig

Von 
Marc Stevermüer
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18 Würfe, 17 Tore: Patrick Groetzki (Mitte) ist einer der Garanten für den bisherigen WM-Erfolg der Deutschen. Rechts im Bild: Lucas Moscariello aus Argentinien. © Jan Woitas/dpa

Er zeigt es gerade allen. Vor allem seinen Kritikern. Von Genugtuung will Patrick Groetzki aber unter keinen Umständen sprechen. „Das ist mir total fremd“, betont der Rechtsaußen der deutschen Handball-Nationalmannschaft, der momentan eine überragende Weltmeisterschaft spielt und dem es schon immer relativ egal war, was andere denken oder ob ihn jemand abschreibt: „Wichtig ist mir immer nur, dass ich in den Spiegel schauen und mir sagen kann, dass ich alles getan habe.“ Und das hat er.

Seit Ewigkeiten gehört der 33-Jährige zu den Leistungsträgern beim Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen. Er ist der Rekordspieler des Clubs - und nun auch wieder in der Nationalmannschaft gefragt, auf seiner Position sogar unumstritten.

Erst ein Fehlwurf im gesamten Turnier

„Ich habe es immer zu schätzen gewusst, für Deutschland zu spielen. Ein paar Jahre lang war es selbstverständlich, dass ich dabei bin“, sagt Groetzki, für den genau das seit 2020 allerdings nicht mehr selbstverständlich ist. Bundestrainer Alfred Gislason ignorierte ihn mehrfach, doch Groetzki selbst betont, immer an „einen Weg zurück“ geglaubt zu haben, „wenn ich konstant Leistung zeige“. Das gelingt ihm momentan. Bei der WM sogar recht eindrucksvoll.

18 Mal hat der Rechtsaußen beim Turnier in Polen und Schweden bislang aufs Tor geworfen, 17 Mal drehte er jubelnd ab. Das ergibt eine Trefferquote von 94 Prozent. Mit traumwandlerischer Sicherheit verwandelt der Linkshänder seine Chancen, was ihn zu einem Torgaranten macht. Entsprechend hat er auch seinen Anteil daran, dass die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) nach dem 33:26 (15:12)-Sieg über die Niederlande bereits im Viertelfinale steht.

Bundestrainer schwärmt

Am Montag (20.30 Uhr/live in der ARD) geht es gegen Norwegen um Platz eins in der Hauptrundengruppe. Längst haben die Deutschen aber mehr im Sinn, wie Groetzki betont: „Der Traum ist, was um den Hals hängen zu haben. Sonst müssten wir hier nicht weiterspielen.“

Dass dieser Traum überhaupt erlaubt ist, liegt auch am Rechtsaußen. Bundestrainer Alfred Gislason schwärmt angesichts der konstanten Topleistungen des Pforzheimers: „Patrick macht wichtige Tore aus ganz kleinem oder gar keinem Winkel. Ich habe ihn noch nie so gesehen wie in dieser Saison.“

Nur sporadische Entlastung

Groetzki hinterlasse trotz seiner 33 Jahre einen „sehr jungen“ Eindruck, dazu käme ein „extrem reifer Kopf. Er macht kaum Fehler und ist auch ein guter Abwehrspieler.“

Gislason vertraut dem Routinier. Sogar so sehr, dass der Isländer erst gar keinen zweiten gelernten Rechtsaußen nominierte. Der Löwe bekommt sporadisch Entlastung von Rückraummann Christoph Steinert, ist ansonsten aber als Alleinunterhalter gefragt. Und muss liefern. Weil es keinen Ersatz gibt.

Rekordmann bei WM-Turnieren

Das sei zweifelsohne eine „besondere Drucksituation“, betont Co-Trainer Erik Wudtke: „Es lastet viel auf seinen Schultern.“ Vor der WM habe er darüber mit Groetzki gesprochen und ihm gesagt, dass er es keinem Spieler „mehr als ihm zutraue, diese Situation zu lösen. Patrick macht das super.“

Der 33-Jährige spielt gerade seine siebte WM. In Deutschland hat das ansonsten nur noch Torwart Silvio Heinevetter geschafft. „Ich bringe Erfahrung mit, habe viel durchgemacht“, weiß Groetzki um seine auch in dieser Hinsicht besondere Rolle.

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Seismograph im Nationalteam

Keiner im deutschen Team ist älter als er, keiner hat mehr Länderspiele bestritten. Zwangsläufig rückt er da in eine Führungsrolle, die der Linkshänder aber nicht nur gerne annimmt, sondern der er auch gewachsen ist. So wie bei den Rhein-Neckar Löwen. Seit dieser Saison sogar als Kapitän. Nicht als „Mega-Lautsprecher“, dafür aber als Mann mit einem guten Gespür.

Der 33-Jährige ist eine Art Seismograph. Er merkt schnell, wie es seinen Mitspielern geht, hat ein offenes Ohr. Steht mit Rat und Tat zur Seite. Das bewundern sie bei den Löwen. Und im Nationalteam.

Ansprechpartner für die Jungen

„Patrick ist einfach ein geiler Typ. Was der hier zeigt, ist Wahnsinn. Bei jedem Wurf hat man das Gefühl, dass er den reinmacht. Der läuft das Ding auf Rechtsaußen alleine ab. Wie eine Nähmaschine. Es ist fantastisch, was er da leistet“, adelt Linksaußen Rune Dahmke seinen Mitspieler, der längst auch die Rolle eines Mentors eingenommen hat.

Groetzki gehe „voran, er gibt uns Jüngeren die Richtung vor und sagt, was wir besser machen“ können“, sagt Flügelflitzer Lukas Mertens über den Austausch mit dem Routinier, der schon immer mit einer angenehmen Verlässlichkeit und einem großen Pflichtbewusstsein ausgestattet war. In der jüngeren Vergangenheit reifte der Pforzheimer nach eigener Aussage aber auch als Mensch noch einmal deutlich. „Einige sind mit 25 Jahren in ihrer Persönlichkeit weiter. Bei mir hat es ein bisschen länger gedauert, bis ich meine Mitte gefunden habe.“

Drei kleine Kinder halten ihn und seine Frau Jenny mittlerweile nicht nur auf Trab, sondern hätten auch seinen „Blickwinkel auf die Sache“ - also den Handball - verändert: „Meine Familie gibt mir Halt. Ich bin so viel mit den Kindern beschäftigt, dass ich mir kaum Gedanken über Handball machen kann.“ Groetzki fühlt sich frei. Macht sein Ding. Und zeigt es gerade allen.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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