Mannheim. Die eigentliche Bloßstellung der Rhein-Neckar Löwen folgte erst nach dem Spiel. Was angesichts des klaren Resultats schon etwas zu bedeuten hatte. Schließlich glich die hochverdiente 28:36-Heimniederlage des wieder einmal schockierend schwachen Handball-Bundesligisten gegen die Füchse Berlin schon einer Demütigung. Doch es kam noch schlimmer. Der dänische Superstar Mathias Gidsel vom Spitzenreiter aus der Hauptstadt sprach davon, dass eine „mittlere“, also eine durchschnittliche Leistung seiner Mannschaft, für den Kantersieg gereicht habe.
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Damit erst gar kein falscher Eindruck entsteht: Gidsels Worte hatten nun wahrlich nichts mit einer absichtlichen Erniedrigung der Löwen zu tun. Im Gegenteil: Der als tadelloser Sportsmann anerkannte Ausnahmekönner lag ganz einfach richtig. Was übrigens auch Löwen-Rückraumspieler Philipp Ahouansou so sah: „Man muss ihm wahrscheinlich leider zustimmen. Die Berliner haben keine Topleistung gebracht, trotzdem hat es gereicht für sie. Umso bitterer ist das für uns, wenn wir sehen, wie weit der Abstand zu den Topteams ist.“
Meisterschaft und Champions-League?
Nicht zum ersten Mal gingen die Mannheimer in dieser Saison gegen einen der Spitzenclubs unter. Dabei wollen sie doch selbst bis 2027 wieder zu diesem erlauchten Kreis gehören, der um Meisterschaft und Champions-League-Plätze spielt. Oder etwa doch nicht?
Dyn-Reporterin Hannah Nitsche fragte Löwen-Managerin Jennifer Kettemann im Halbzeit-Interview, ob die Zeit reiche, um die langfristigen Ziele zu erreichen. Schließlich seien zwei Jahre vom 2022 formulierten Fünf-Jahresplan zur Rückkehr in die Spitze bald um. „Was macht das mit Ihnen?“, wollte Nitsche wissen. Kettemann berichtete von „vielen kritischen Gesprächen“, es sei aber immer klar gewesen, dass „der Weg steinig werden kann“. Die Neuzugänge Ivan Martinovic, Tim Nothdurft und Sebastian Heymann stimmen sie mit Blick auf die neue Saison außerdem „total zuversichtlich“, sagte Kettemann. Ehe abschließend ein ganz entscheidender Satz folgte: „Ich würde im Moment nicht davon sprechen, dass wir in drei Jahren auf Tabellenplatz eins stehen. So ein Plan ist ja auch dafür da, dass man den noch einmal kritisch hinterfragt.“ In der Regel ist ein Plan aber doch vor allem dafür da, um ihn einzuhalten und seine Ziele zu erreichen. Sonst müsste man ihn ja nicht aufstellen.
Unzufriedenheit bei Torwart David Späth
Wie auch immer: Der Plan mit dieser Saison ging auf jeden Fall gründlich schief. Aus vielerlei Gründen. Das Verletzungspech allein reicht aber nicht mehr aus als Erklärung für diesen Zerfall. Entsprechend groß war auch die Unzufriedenheit bei Torwart David Späth: „Wenn wir jede Woche darüber reden, wie viele Minuspunkte (30: Anmerkung der Redaktion) wir haben, ist es kein Geheimnis, dass es nicht optimal gelaufen ist.“ Wieder einmal, ärgerte sich der erneut mit Abstand beste Löwe, habe seine Mannschaft nur 30 bis 35 Minuten gegen ein Topteam mitgehalten: „Und dann kommt dieser Bruch, wir lassen uns komplett abschließen. Das darf uns nicht passieren.“
Dieser Katalog an Unzulänglichkeiten passiert den Löwen aber regelmäßig. Und zwar nicht nur gegen starke Gegner, sondern gegen fast jeden Rivalen. Weshalb sie zuletzt acht von neun Bundesligaspielen verloren und nun drauf und dran sind, für einen neuen Negativrekord zu sorgen. 2022 beendeten die Mannheimer die Saison mit 30:38 Punkten auf Platz zehn, es war die schwächste Spielzeit seit dem Wiederaufstieg 2004. Nur zwei Jahre später spricht sehr viel dafür, dass es der Pokalsieger noch schlechter hinbekommt. Zumal auch die Heimbilanz immer mieser wird. Am 26. November gelang zuletzt ein Sieg in der SAP Arena, die einst als Festung galt. Und nun zum Selbstbedienungsladen geworden ist.
Weiter in den Play-offs
Schon am Dienstag (20.45 Uhr/live Dyn) geht es für die Mannschaft von Trainer Sebastian Hinze im Play-off-Hinspiel der European League bei RK Nexe Nasice weiter. Bislang waren die Löwen-Leistungen in diesem Wettbewerb auch besser als in der Bundesliga. Oder zumindest die Resultate.
Rechtsaußen Tobias Reichmann warnte davor, sich von dem bisherigen Abschneiden blenden zu lassen. Die beiden Siege in der Hauptrunde gegen Hannover seien seiner Meinung nach nur wegen jeweiliger Gala-Leistungen von Schlussmann Späth möglich gewesen: „20 Paraden haben die Ergebnisse ein wenig geschönt. Wir können aber nicht davon ausgehen, dass das immer so läuft. Wir müssen im Angriff stabiler, mehr mit dem Kopf spielen und die Ballverluste abstellen.“ Gelingt das nicht, droht auch in Kroatien ein böses Erwachen.
In Nasice wird Kapitän Patrick Groetzki wie schon gegen Berlin wieder im Kader stehen. Der erfahrene Rechtsaußen weiß um die schwierige Situation und die Chance, die sich in diesem internationalen Wettbewerb bietet. Er will aber „nicht sagen“, dass die European League eine Möglichkeit sei, die Saison zu retten: „Das wäre mir zu einfach und das sehe ich überhaupt nicht. Man muss das Gesamtbild betrachten. Und da finde ich die Bundesliga sogar noch einen Tick wichtiger.“
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