Mannheim. Hin und wieder drängt sich der Gedanke auf, dass diese Handballer der Rhein-Neckar Löwen in doppelter Ausführung existieren. Es gibt sie einfach zweimal. In unterschiedlichen Leistungskategorien. Und entsprechend mit widersprüchlichen Ergebnissen. Mit Auftritten und Resultaten, die einfach nicht zusammenpassen. Weil die Extreme so groß sind.
Bundesliga und Europapokal: Die zwei Gesichter der Rhein-Neckar Löwen
Auf der einen Seite wären da die Bundesliga-Löwen, die den eigenen Ansprüchen nicht nur kilometerweit hinterherhängen. Selbst bei klarer Sicht von der Zugspitze aus könnten sie mit einem Fernglas ihre Saisonziele nicht mehr sehen. So weit entfernt haben sich die Badener von der Spitzengruppe. Mit teils blamablen, unverzeihlichen Auftritten.
Aber dann gibt es da noch diese Europapokal-Löwen, die nun wenig bis gar nichts mit der Mannschaft gemein hat, die da in der Bundesliga von Fehlerfestival zu Fehlerfestival stolpert.
Jeder von uns hat den Anspruch, ein Bundesligaspiel zu gewinnen. Erst recht in der SAP Arena
Im Play-off-Hinspiel der European League zeigten sich die Mannheimer in dieser Woche mal wieder von ihrer guten Seite. Beim kroatischen Erstligisten RK Nexe Nasice verschafften sie sich mit einem 24:19-Sieg eine gute Ausgangslage vor dem Wiedersehen am Dienstag (20.45 Uhr) im Heidelberger SNP Dome, zuvor sind sie am Ostersonntag (16.30 Uhr/live bei Dyn) aber erst einmal gegen Frisch Auf Göppingen gefordert. Und zwar in der Liga.
Was also nun? Man kann ja schlecht so tun, als sei das baden-württembergische Landesduell plötzlich ein Kräftemessen in einem internationalen Wettbewerb. Genau das hat Trainer Sebastian Hinze aber auch nicht vor.
„Jeder von uns hat den Anspruch, ein Bundesligaspiel zu gewinnen. Erst recht in der SAP Arena“, stellt der 44-Jährige klar und spricht noch dazu von einer gewissen „Verantwortung“, die man habe. Vor allem den eigenen Fans gegenüber. Denn es sind ja nicht nur die klaren Niederlagen gegen die Spitzenteams wie die Füchse Berlin oder die SG Flensburg-Handewitt, bei denen die Löwen phasenweise vorgeführt wurden. Auch Blamagen wie die Heim-Niederlage gegen Aufsteiger ThSV Eisenach wirken nach. Seit dem 26. November, damals gegen die HSG Wetzlar, hat der Pokalsieger nicht mehr in der SAP Arena gewonnen. Das macht 127 Tage. Länger mussten die Mannheimer nur einmal auf einen Heimsieg warten. Und zwar in der Corona-Zeit. Weil da nämlich gar nicht gespielt wurde.
„Wir wollen die positiven Dinge aus der Partie in Nasice mitnehmen. Dieser Sieg kann uns Schwung geben“, glaubt Torwart Mikael Appelgren. Vielleicht hofft er es auch eher. Denn natürlich weiß der Schwede um die launenhaften Leistungen seiner Mannschaft, die in Kroatien zwar mehr oder weniger ungefährdet gewann - aber auf keinen Fall brillierte. Sie erledigte ihren Job. Was bisweilen aber schon reicht, um für Punkte infrage zu kommen.
Trainer Hinze: Kein Gensheimer-Comeback am Sonntag
„Vielleicht hilft der spielerisch gar nicht so überzeugende Auftritt“, mutmaßt Trainer Hinze: „Denn wir haben gesehen, was man mit Kontrolle, Stabilität und einfachen Dingen erreichen kann.“ Wozu also eine Mannschaft fähig ist, wenn sie keine Dinge tut, die sie auch nicht tun sollte. Oder: Wozu eine Mannschaft fähig ist, wenn sie zwar Dinge tut, die sie nicht tun sollte. Aber trotzdem die Ruhe bewahrt. Die Fehler nicht zu lange auf sich wirken lässt, sondern weitermacht. Also „bei sich bleibt“, wie es Hinze formuliert, „um den Schaden gering zu halten.“
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Ein Comeback von Vereins-Ikone Uwe Gensheimer wird es am Sonntag laut Hinze nicht geben. Nach schwerer Knieverletzung wird beim 37-Jährigen jegliches Risiko vermieden. Auch Gustav Davidsson ist nach seinem Handbruch noch keine Option, beim Schweden deutet sich aber ein Ende der Pause an. Etwa vier Wochen liegt seine Operation zurück, bald steht eine Kontrolluntersuchung an. „Und dann könnte es schnell gehen“, sagt Hinze, der den 24-Jährigen fraglos gut gebrauchen kann. Nach schwierigem Start in die Saison harmonierte der Neuzugang zu Jahresbeginn - den vielen Niederlagen zum Trotz - sehr gut mit Juri Knorr im Rückraum. Seit seinem Ausfall ist die halblinke Position aber wieder einmal der große Schwachpunkt im Angriffsspiel der Löwen.
Olle Forsell Schefvert steht zwar für Ballsicherheit, aber weniger für Durchschlagskraft und ist noch dazu im Mittelblock gefragt. Andreas Holst Jensen spielt seit Wochen keine Rolle mehr und Philipp Ahouansou bekommt zwar viel Einsatzzeit, die er bislang für Eigenwerbung aber nicht zu nutzen wusste. Seine Bilanz in diesem Kalenderjahr: 35 Würfe, sieben Tore. Das entspricht einer Trefferquote von genau 20 Prozent. Für einen Spieler wie ihn, der sich besonders über seinen Wurf definiert, ist das viel zu wenig.
Hinze fordert mehr Abschlussqualität von Ahouansou
Das sieht auch Hinze so, wenngleich er eine differenzierte Betrachtung vornimmt: „Die Quote ist nicht gut, das ist richtig. Wir brauchen von Philipp mehr Abschussqualität, da muss mehr kommen. Und das weiß er auch selbst.“ Häufig landen die Würfe über oder neben dem Tor. Es wirkt dann fast so, als verteile gerade ein Laubbläser den Ball. Weil dieser einfach irgendwo hinfliegt. Hinze attestiert dem 22-Jährigen aber ebenso Fortschritte: „Es ist in Ordnung, dass er sich diese Würfe nimmt. Bei Philipp muss einfach mal der erste Wurf drin sein.“ Damit er Sicherheit gewinnt.
So wie zu Saisonbeginn, als Ahouansou mit einer famosen Leistung zur entscheidenden Figur beim Sieg über den HC erlangen wurde. Zum Matchwinner. Auch ihn gibt es also zweimal. Weshalb man bei ihm im Speziellen und bei den Löwen im Allgemeinen gespannt sein darf, was da am Sonntag gegen Göppingen herauskommt.
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