Bensheim. Auf dem Gelände des Tennisclubs Blau-Weiß Bensheim liegt an diesem späten Nachmittag die Sonne auf den Plätzen. Einige Spieler trainieren noch, andere packen bereits ihre Taschen. Doch am Rand des Geländes zieht etwas sofort alle Blicke auf sich: ein gläserner Court, eingefasst von massiven Metallgittern – der Padelplatz.
Ganz neu ist er nicht mehr, doch er hat nichts von seiner Faszination verloren. Zwischen Glas, Stahl und blauem Kunstrasen wirkt er fast futuristisch – wie ein Stück moderner Sportkultur mitten in der Tradition eines klassischen Tennisvereins. Und obwohl ich schon oft daran vorbeigegangen bin, zieht er mich heute förmlich an. Ich will endlich herausfinden, was hinter dieser Sportart steckt, über die gerade alle reden.
Ich spiele seit vielen Jahren Tennis, kenne Aufschlag, Topspin und Netzangriff, habe Turniere gespielt und unzählige Stunden auf dem Platz verbracht. Doch hier ist etwas anders: Der vertraute rote Sand fehlt, die Linien sind anders, das Spielfeld wirkt kompakter – fast wie eine Miniaturversion dessen, was ich gewohnt bin. Begrüßt werden meine beiden Freunde und ich schließlich von Alex Gebhardt-Roth, einem erfahrenen Padeltrainer, der hier auf der Anlage regelmäßig Unterricht gibt. Er strahlt Ruhe und Begeisterung aus, als er uns entgegenkommt.
Kleiner, schneller und mit vier Wänden
„Viele verwechseln Padel mit Squash“, sagt er gleich zu Beginn, während er ein paar Schläger aus seiner Tasche zieht. „Dabei ist es eigentlich näher am Tennis – nur kleiner, schneller und mit Wänden, die das Spiel noch spannender machen.“ Er reicht uns die Schläger, und sofort fällt auf, wie ungewohnt sie wirken: kurz, kompakt, ohne Saiten, eher wie kleine Pfannen mit Löchern. Das Material ist hart, die Schlagfläche perforiert, und ein breites Band verbindet den Griff mit dem Handgelenk – damit der Schläger bei schnellen Reaktionen nicht davonfliegt.
Die Punkte werden wie beim Tennis gezählt, aber der Aufschlag erfolgt von unten, diagonal ins gegnerische Feld. Besonders faszinierend ist die Regel, dass der Ball nach dem Aufspringen die Wand oder das Gitter berühren darf – und trotzdem weiter im Spiel bleibt. „Die Wände sind euer Freund“, meint Gebhardt-Roth und lacht.
Wir beginnen mit ein paar lockeren Grundschlägen. Vorhand, Rückhand – vieles fühlt sich vertraut an und doch ganz anders. Der Schläger liegt schwerer in der Hand, der Ball springt etwas flacher ab, und alles wirkt schneller. Nach den ersten Versuchen prallt ein Ball von der Glaswand zurück, ich reagiere zu früh – und schon landet er im Netz. Der Trainer grinst verständnisvoll. „Das passiert jedem. Ihr müsst lernen, die Wand mitzudenken. Sie ist keine Grenze, sondern Teil des Spiels.“.
Dann zeigt er uns eine Übung, die sofort ihren Zweck erfüllt. Gebhardt-Roth wirft die Bälle gezielt gegen die hintere Glaswand, und wir müssen sie dann spielen, sobald sie zurückkommen. Klingt simpel, ist aber überraschend anspruchsvoll. Der Ball kommt mal in flachem Winkel, mal mit reduziertem Tempo, manchmal prallt er sogar leicht seitlich ab. Wir müssen antizipieren, wie stark der Rückprall ausfällt und wo der Ball landet. Diese Übung schult das Gefühl für Raum, Reaktionsschnelligkeit und das Lesen der Flugbahn.
Neben der körperlichen auch eine mentale Herausforderung
Nach ein paar Versuchen klappt es immer besser. Langsam begreife ich, dass Padel nicht nur körperlich, sondern auch mental fordert. Man denkt ständig voraus – nicht nur an den nächsten Schlag, sondern an den, der nach der Wand kommt. Der Ball bleibt länger im Spiel, und man muss blitzschnell reagieren, ohne die Übersicht zu verlieren. Nach einer Weile schlägt Trainer Gebhardt-Roth vor, dass wir ein kleines Match gegeneinander spielen. Zwei gegen zwei – so, wie es sich beim Padel gehört.
Die ersten Ballwechsel sind chaotisch: Der Ball fliegt über Bande, prallt ans Gitter, springt plötzlich zurück. „Lass!“, „Meiner!“, „Achtung Wand!“ - so hallt es über den Court. Wir lachen, stolpern, rufen durcheinander und merken schnell, dass Kommunikation hier alles ist. Nach ein paar Minuten entsteht Rhythmus. Wir beginnen, die Wände zu nutzen, taktisch zu denken, uns abzustimmen. Die Ballwechsel werden länger, spannender, strategischer. Es fühlt sich fast an wie eine Mischung aus Tennis, Squash und Tischtennis – aber mit einem eigenen, unverwechselbaren Charakter.
Reaktionsschnelligkeit und Kreativität werden belohnt
Mit jedem Punkt wächst die Begeisterung. Padel ist fordernd, aber zugleich unglaublich zugänglich. Es verzeiht Fehler, belohnt Reaktionsschnelligkeit und Kreativität. Selbst wenn man meint, der Ball sei verloren, gibt es oft noch eine Chance, ihn zurückzuspielen. Das macht das Spiel dynamisch und lebendig – und sorgt immer wieder für Lachen und spontane Jubelrufe.
Nach einer guten Stunde sind wir alle verschwitzt, atemlos – aber glücklich. Was zunächst nach einer Spielerei aussah, entpuppt sich als intensives Ganzkörpertraining. Die kurzen Wege, die schnellen Bewegungen, das ständige Wechselspiel zwischen Angriff und Verteidigung – all das fordert Konzentration und Koordination. Und gleichzeitig hat das Ganze eine Leichtigkeit, die man beim Tennis selten spürt. „Das ist das Schöne an Padel“, sagt Gebhardt-Roth zum Abschluss. „Jeder kann mitmachen – egal, ob jung oder alt, ob erfahrener Tennisspieler oder kompletter Anfänger. Padel lebt vom Teamgeist.“
Ich kam mit Neugier auf den Platz und gehe mit einem breiten Grinsen. Padel verbindet die Präzision und Technik des Tennissports mit der Dynamik und Spielfreude einer ganz neuen Disziplin. Es ist intensiver, als es aussieht, und gleichzeitig einladend wie kaum eine andere Rückschlagsportart. Der Padelplatz auf der Anlage des TC Bensheim am Berliner Ring steht sinnbildlich für diesen Wandel – er zeigt, dass der Verein offen für Neues ist und dass Padel mehr ist als ein kurzlebiger Trend. Und wie Trainer Gebhardt-Roth am Ende verrät, bleibt es dabei nicht: Ein zweiter Padel-Platz ist bereits in Planung.
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