Bensheim. Wenn er mit seinem Team in der Weststadthalle antreten muss, hat er immer ein bisschen „Bauchweh. In dieser Halle ist alles möglich, man weiß nie, was hier passieren kann.“ Ein größeres Kompliment hätte Markus Gaugisch den Flames kaum machen können. Schließlich trainiert er die dominierende Mannschaft im deutschen Frauenhandball 2022, die SG BBM Bietigheim, die neben der nationalen Meisterschaft und dem Pokal auch die European League gewonnen hat. Am Freitagabend musste der Tabellenführer alles ins Zeug legen, um sein Bundesliga-Auswärtsspiel in besagter Weststadthalle bei der HSG Bensheim/Auerbach 32:27 (14:9) zu gewinnen (wir haben berichtet).
Nach zuletzt durchwachsenen Ergebnissen und Leistungen war Flames-Trainerin Heike Ahlgrimm erleichtert über den beherzten Auftritt ihrer Truppe gegen den Top-Favoriten. „Wir haben in den letzten Wochen zurecht viel Kritik eingesteckt“, gestand sie selbstkritisch und ergänzte: „Hätten wir in diesen Spielen nur halb so gut performt wie heute, dann wäre der ein oder andere Sieg mehr herausgesprungen.“
Eine Chance, die Ilka Fickinger nutzen muss
Überglücklich feierte die SG BBM Bietigheim ihren Auswärtssieg in Bensheim, aber auch die Flames-Mannschaft tanzte nach Spielende im Kreis, als hätte sie gerade einen Erfolg errungen. Dabei skandierten die Spielerinnen: „Ohne Ilka wäre hier nix los.“ Damit ließen sie ihre Co-Trainerin Ilka Fickinger hochleben, die ihren letzten Einsatz bei der HSG hatte, weil sie in der vergangenen Woche ihren neuen Posten als Chefcoach beim Frauen-Zweitligisten FSV Mainz 05 übernommen hatte.
„Mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ leitete Flames-Geschäftsführer Michael Geil die offizielle Verabschiedung ein: „Das ist eine Chance, die sie nutzen muss. Wir verlieren eine wertvolle Mitarbeiterin und Bewohnerin des Hauses der Flames.“ Gewohnt schwungvoll waren die Dankesworte, die Sarah van Gulik für die Mannschaft sprach und die in der Aussage mündeten: „Du wirst uns und mir persönlich sehr fehlen.“
Ilka Fickinger war bestrebt, ihre Abschiedsrede „kurz und schmerzlos“ zu gestalten: „Es waren sieben geile Jahre, ich habe es sehr genossen, bei dem Spektakel hier auf der Bank zu sitzen.“ Ihr besonderer Aufruf galt den Zuschauern: „Kommt alle wieder in die Halle, die Mädels haben Eure Unterstützung verdient.“
Der Einstieg in Mainz dürfte ihr nicht schwerfallen, schließlich hat ein nicht unerheblicher Teil eine Flames-Vergangenheit und wurde (zum Teil auch in der HSG-Jugend und im Hessenkader) von Fickinger betreut: Christin Kühlborn, Larissa Platen, Saskia Fackel und Rugile Bartaseviciute beispielsweise. kr
Zum zweiten Mal in dieser Saison kamen wieder mehr als 1000 Zuschauer in die Weststadthalle. 1178 waren es nach Angaben der HSG, und die kamen voll auf ihre Kosten, sorgten für die Kulisse und Stimmung, die dieses Match verdiente. Entsprechend ging Heike Ahlgrimms „Dank an die Zuschauer in der Halle. Das ist das, was wir brauchen. Das trägt uns und das hilft uns.“
Ihr Kollege Gaugisch war froh, „dass wir das Spiel souverän nach Hause gebracht haben. Wir haben Bensheim immer auf Abstand gehalten, so dass kein Stress aufkommen konnte.“ Für Ahlgrimm war wichtig, „dass wir das Spiel mit Maßen nur mit fünf Toren verloren haben. Es besteht gegen diese Mannschaft immer die Gefahr, wenn sie ins Rollen kommt, dass man untergeht.“ Das musste nur vier Tage zuvor ausgerechnet der vermeintliche Meisterschafts-Konkurrent der Bietigheimerinnen, Borussia Dortmund, erfahren, der vor mehr als 1800 Zuschauern (!) mit einer 22:35 (11:20)-Niederlage aus der Ludwigsburger Arena gejagt worden war.
Jetzt geht’s nach Bad Wildungen
Das bekam am Freitagabend die HSG Bad Wildungen zu spüren, die in Dortmund 25:42 (12:18) unterlag. So treffen die Flames (nach u.a. Neckarsulm und Waiblingen) erneut auf einen angeschlagenen Gegner, wenn sie am kommenden Samstag beim hessischen Rivalen in Bad Wildungen antreten müssen. Zum Abschluss lenkte Heike Ahlgrimm dann auch schon den Blick auf dieses Match: „Wir haben in der letzten Saison zweimal gegen Bad Wildungen verloren. Das wollen wir nun besser machen. Wenn wir so spielen wie heute, dann geht was. Und ich hoffe, dass uns ein voller Fanbus begleitet.“
Neben einem sehenswerten Spiel durften sich die Flames-Fans am Freitag an ein paar besonderen Aktionen erfreuen. Eine sehenswerte Variante, als beim Zeitspiel nur noch zwei Pässe erlaubt waren und Lotta Heider zum Kempa-Trick für Lucie Kretzschmar auflegte – was die BBM-Abwehr aber durchschaute. Überhaupt beeindruckten die Gäste mit ihrer Dynamik und ihrer Reaktionsschnelligkeit in Angriff und Abwehr gleichermaßen.
Die insgesamt stark agierende Vanessa Fehr parierte in der ersten Halbzeit einen Siebenmeter von der Ex-Bensheimerin Julia Maidhof. Und als die Torhüterin Mitte der zweiten Halbzeit ihren Platz für Helen van Beurden räumte, hielt diese gleich den ersten Wurf, der auf ihr Tor kam, von Kim Naidzinavicius. Und dann war da noch der schnell ausgeführte Einwurf von Dionne Visser ins leere Tor, mit dem sie einmal mehr den zwischenzeitlich auf acht Tore angewachsenen Abstand auf fünf verkürzte (23:28/52.).
„Unglaublich“ für Isabell Hurst
Ein besonderer Moment war für Isabell Hurst die 27. Minute. Da gab die Kreisläuferin ihr Comeback mit der Saison-Premiere nach langer Verletzungspause. Sie rackerte vorbildlich bis zur Pause und dann noch einmal bei einem Einsatz in der zweiten Halbzeit. „Unglaublich“ war für „Isi“ der Moment, als sie aufs Feld zurückkehrte. „Ich bin so froh, jetzt gehöre ich wieder zur Mannschaft.“ Nach dem letzten Training war klar, dass Hurst Spielanteile bekommen sollte. „Wir hatten das so abgesprochen, damit Dio (Kreisläuferin Dionne Visser, die Red.) eine Verschnaufpause bekommen kann.“ Die 23-Jährige sieht für sich „noch einiges Potenzial“, um ihr Team auch in Bad Wildungen weiter zu unterstützen. kr
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