Bergstraße. Generationswechsel im Weinbauverband Hessische Bergstraße: Bei der jüngsten Mitgliederversammlung wurde Johannes Bürkle zum Nachfolger des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Otto Guthier gewählt. Guthier führte den Zusammenschluss von Winzern im Anbaugebiet 26 Jahre lang.
Mit dem 37-jährigen Zwingenberger, seit 2021 stellvertretender Vorsitzender, setzt sich die Verjüngung in der Vereinsspitze weiter fort. Bürkles Stellvertreter ist der Bensheimer Sebastian Jäger (27), die Position der Schriftführerin bleibt bei Charlotte Freiberger-Rabold (33) aus Heppenheim. Anja Antes-Breit (34), ebenfalls aus Heppenheim, ist weiterhin Schatzmeisterin. Aus der Kreisstadt, Sitz des Verbands, kommen auch die Beisitzer Patrick Amthor (35) und Christina Lulay, die mit 37 Jahren ebenfalls zur jungen Garde zählt. Geschäftsführerin bleibt Lisa Jung.
Am Dienstag kam der Vorstand zu seiner ersten Sitzung im Weingut der Stadt Bensheim zusammen. Johannes Bürkle berichtete von einer harmonischen Mitgliederversammlung mit eindeutigen Wahlergebnissen. Gegenkandidaten gab es nicht. Es gehe nun darum, die Weichen für die Zukunft zu stellen, relevante Themen zu definieren und die Arbeit des Verbands auf mehrere Schultern zu verteilen. Die neue Spitze versteht sich als Team, das die Interessen der Bergsträßer Winzer und Weingüter nach innen und außen vertritt.
Warum Wein immer teurer wird
- Kritisch beobachten die Mitglieder des Weinbauverbandes Hessische Bergstraße den sinkenden Absatz deutscher Weine am Weinmarkt, der 2023 gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent eingebrochen war, was sicher auch an den hierzulande deutlich gestiegenen Verkaufspreisen liegen dürfte.
- Anja Antes-Breit verweist in diesem Zusammenhang auf die allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen: Massiv gestiegene Betriebskosten machten Preiserhöhungen oftmals unumgänglich, um den erhöhten Aufwand zumindest etwas auffangen zu können.
- Der Marktanteil deutscher Weine war nach Angaben des Deutschen Weininstituts (DWI) zuletzt um zwei Prozentpunkte auf 42 Prozent gesunken. tr
Als berufsständische Organisation vertritt der Verband – parteipolitisch neutral – die weinbaurechtlichen und wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder. Er sieht sich als Stimme der Winzer gegenüber der Politik, Behörden und Institutionen. Zu seinen Aufgaben gehören sämtliche Maßnahmen zur Förderung eines zukunftsfähigen und qualitätsorientierten Weinbaus sowie Imagepflege, Marketing und Werbung. Aushängeschild bleibt die Weinlagenwanderung am 1. Mai. „Ohne Weinlagenwanderung kein Weinbauverband“, betont Johannes Bürkle. Die Großveranstaltung ist und bleibt nicht nur eine riesige Werbeplattform, sondern trägt auch maßgeblich zur Finanzierung der Vereinsaktivitäten bei. In diesem Jahr war die 35. Weintour zwischen Heppenheim und Zwingenberg wieder recht gut besucht.
Das Wetter hatte mitgespielt, die rund 18 Kilometer lange Strecke durch die Weinberge war von sechs Probierständen gesäumt. Die Tour ist eine exklusive Bühne für den Bergsträßer Wein. Die Veranstalter achten darauf, dass keine anderen alkoholischen Getränke mitgebracht werden. Ab 2018 griff ein neues Konzept mit Sicherheitspersonal, Pfandsystem und einer Festordnung, um Besucher zu Not vom Areal weisen zu können. Eine Reaktion auf alkoholische Exzesse und zu viel Müll entlang der Strecke. Mit Erfolg: in den Jahren danach hatte sich die Lage deutlich verbessert.
Auch die neue Weinkönigin Katja Simon gehört dem Beirat an
Die ideelle und finanzielle Unterstützung von Wein- und Winzerfesten gehört ebenso zum Portfolio des Verbands wie die die Krönung der Bergsträßer Gebietsweinkönigin. Die Suche nach Kandidatinnen hat sich in den vergangenen Jahren wieder etwas einfacher gestaltet, heißt es aus dem Vorstand. Die 23-jährige Katja Simon wurde gerade erst im Rahmen des Heppenheimer Weinmarktes zur aktuellen Repräsentantin des Weinanbaugebietes gekrönt. Sie gehört auch dem Beirat des Verbands an. Neben ihr wird das Gremium vertreten durch ihre Mutter Dagmar Simon (Weingut Simon-Bürkle), Rabea Trautmann und Julien Meissner (Schloss Schönberg), Lisa Edling (Weingut Edling), Annika Büchler, Patrick Staub und Thomas Schmitt (Bergsträßer Winzer eG), Dagmar Pfau (Weingut Lohmühle), Jana Petermann-Rappl (Vinum Autmundis), Jannik Jährling (Feligreno), Otto Guthier, Sebastian Kühnert (Weingut Kühnert), Christian Gärtner (Rebenhof) und Nina Kaltwasser. Personell gab es hier nur wenige Veränderungen.
Der Weinbauverband Hessische Bergstraße ist unter anderem Mitglied im Deutschen Weinbauverband sowie im Rheingauer Weinbauverband, im Regionalbauernverband Starkenburg sowie im Tourismus Service Bergstraße und im Landschaftspflegeverband des Kreises. Regelmäßig pflanzt der Verband Mandel- und Pfirsichbäume, um das Bild der Kulturlandschaft dauerhaft zu erhalten. Auch diese Aktion nach dem Motto „Blühende Bergstraße“ wird anteilig durch den Erlös der Weinlagenwanderung finanziert. Der Vorsitzende kündigt an, diese Initiative in Kooperation mit verschiedenen Partnern und Sponsoren weiterzuführen. In Zusammenarbeit mit den Kollegen an der badischen Bergstraße, die hinter Heppenheim beginnt, sollen dieses Jahr insgesamt 200 Bäume gesetzt werden.
Die Webseite des Verbandes wurde modernisiert
Beim ersten Vorstandstreffen verwies Charlotte Freiberger-Rabold auf den Stellenwert einer vitalen Öffentlichkeitsarbeit und konstanter Werbemaßnahmen. Das neu formierte Team will die Kommunikation nach außen intensivieren, um das aktuell zweitkleinste Anbaugebiet (knapp hinter der Region Mittelrhein) mit seiner besonderen Vielfalt an Weinen bundesweit bekannter zu machen. Unter anderem wurde die Webseite des Verbands modernisiert (bergstraesser-wein.de).
Zu den zentralen Themen der nächsten Jahre werden laut Johannes Bürkle die teils erheblichen Veränderungen im deutschen und europäischen Weinrecht (Bezeichnungsrecht, Weinverordnung, Lagenklassifikation) gehören, mit denen sich die heimischen Winzer intensiv auseinandersetzen müssen. Der Verband sei in diesem Kontext ein wichtiger Partner der Winzer bei der Umsetzung der gesetzlichen Reformen. Im Fokus steht hier besonders die vom Gesetzgeber geschaffene differenzierte Herkunftspyramide für Qualitäts- und Prädikatsweine, die künftig vor allem die Herkunft und nicht wie bisher den Öchslegrad der Trauben als Maßstab nimmt.
Der Verband hatte im September 2021 eine Schutzgemeinschaft „gU“ (geschützte Ursprungsbezeichnung) gegründet, um diese Entwicklung als repräsentative Vertretung der regionalen Weinwirtschaft aktiv zu begleiten. Dadurch wird mehr Selbstverwaltung und Eigenverantwortung ermöglicht. Aber auch Pflanzenschutz, Klimawandel und Lagenbewässerung stehen dick auf der Agenda des Verbands.
Frostnächte sorgten in Groß-Umstadt für hohe Ausfälle
Der Verband kümmert sich aber auch und besonders um die Probleme der Winzer vor Ort. Rund um Groß-Umstadt (Odenwälder Weininsel) haben die Frostnächte im April zu massiven Ernteausfällen geführt. Zwei Nächte in Folge, in denen die Temperatur über Stunden auf minus 3,5 Grad fiel, haben die bereits ausgebildeten, empfindlichen Triebe nicht verkraftet. Der Ertrag dürfte nach jetzigem Stand etwa 70 bis 80 Prozent geringer ausfallen als in einem durchschnittlichen Jahr.
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