Auerbach. Die Geschichte beginnt in den 90er Jahren. Damals hatten Auerbacher Winzer die Initiative ergriffen und sich für eine Neuordnung der Weinberge eingesetzt, um die lokale Reblandschaft besser bewirtschaften zu können. Dass sich die Angelegenheit aufgrund längerer Unterbrechungen zu einem Geduldsspiel entwickeln würde, hätten sie damals nicht gedacht.
Mit dem Ausbau der Wege – vor allem in den sehr steilen Lagen oberhalb von Auerbach im Bereich des Nadelöhrs Emmertalweg – konnten die Arbeitsbedingungen letztlich aber deutlich verbessert werden, so Jörg Ritter vom Amt für Bodenmanagement. Dass er der mittlerweile vierte Verfahrensleiter des Projekts ist, verdeutlicht die zeitliche Spannweite der Maßnahmen.
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1997 lag der Einleitungsbeschluss auf dem Tisch. Ein Jahr später wurde ein Vorstand gebildet, berichtete Karlheinz Weigold als Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft bei einem Austausch im Rahmen der Sommertour der SPD Bensheim, zu der Vorsitzender Jürgen Kaltwasser die Gäste begrüßte. Ortsbezirk und Fraktion informierten sich an der Schutzhütte des Lions-Clubs zwischen Schönberger Herrnwingert und Auerbacher Fürstenlager über den Fortgang des Projekts, das vor 21 Jahren genehmigt wurde. Es folgten mehrere Änderungen bezüglich des Wege- und Gewässerplans, und auch die Verhandlungen über den Zuschnitt der neuen Grundstücke in dem 59 Hektar großen Verfahrensgebiet zogen sich hin.
Motivation der Flurbereinigung war eine zersplitterte Anordnung der Flächen und eine nur ungenügende Erschließung über wenige und schlecht ausgebaute Wirtschaftswege, so Jörg Ritter. Viele Zufahrten waren nur über privaten Grund und Boden möglich und für moderne Weinbaumaschinen wie Vollernter allein aufgrund ihrer Dimensionen kaum nutzbar.
Sorge vor Verbuschung der Kulturlandschaft
Damit wuchs die Sorge vor einer Verbuschung der Kulturlandschaft aufgrund nicht bewirtschafteter und brachliegender Hangflächen. Aus 370 wurden 284 Grundstücke im neuen Bestand. Insgesamt sind 224 Eigentümer in das Verfahren eingebunden. Größter Bewirtschafter des Gebiets ist Kloster Eberbach (Domäne Bergstraße) mit einer Fläche von rund neun Hektar. Hinzu kommen mehrere mittelgroße und zahlreiche kleine Betriebe sowie Hobbywinzer, die ihre Trauben beispielsweise an die Genossenschaft liefern.
Ein weiteres Problem war, dass abfließendes Oberflächenwasser nicht im Weinberg gehalten werden konnte. Ziel war, dass lediglich der Überschuss an Niederschlag in Sammelbecken (Vorfluter) geleitet werden sollte.
Die Sanierung der Schönberger Straße für gut 265 000 Euro auf einem rund 600 Meter langen Abschnitt stellte die teuerste Maßnahme dar. Die Gabionenwand am oberen Emmertalweg zieht sich über 340 Meter als weithin sichtbare Hangbefestigungsmaßnahme. Heute ist der Pfad mit rund 1,50 Metern Breite mit Traktoren gut befahrbar, so Jörg Ritter. Diese Teilmaßnahme kostete 261 000 Euro. Zudem wurden insgesamt sechs Rückhaltebecken an der Schönberger Straße und am unteren Emmertalweg angelegt.
Die Rekultivierungsmaßnahmen betreffen mehr als drei Hektar Rebfläche. Darüber hinaus wurden Obstbäume gepflanzt, die Asphaltwege im Bestand ausgebaut und Kompensationsmaßnahmen durchgeführt. Die Gesamtkosten gibt das Amt für Bodenmanagement mit 1,95 Millionen Euro an. Die Zuschüsse von EU, Bund und Land betragen 1,41 Millionen Euro. Das entspricht einer Gesamtförderquote von 72,2 Prozent. Auf die Stadt Bensheim, die Jagdgenossenschaft und den Rotary-Club entfallen insgesamt 592 000 Euro. Karlheinz Weigold kommentierte die hohe Förderquote als Glücksfall für die Kommune.
Flächen fast komplett maschinell zu bewirtschaften
Jörg Ritter bezeichnet die Auerbacher Flurbereinigung trotz ihrer Dauer als gelungenes Verfahren. Heute seien über 99 Prozent der Flächen maschinell zu bewirtschaften. Eine Verbuschung der Weinberge habe man verhindern können. Mit einer Schlussfeststellung rechnet er im Jahr 2026. Noch in diesem Jahr erwarte man aus Wiesbaden die Genehmigung des neuen Rechtszustands.
Wenngleich sich das Projekt als Ganzes lange hinzieht, so sind viele Winzer seit Jahren auf den neu angelegten Flächen aktiv. Etliche Parzellen sind längst neu angelegt und im Ertrag, so Johannes Bürkle als Vorsitzender des Weinbauverbands Hessische Bergstraße. Für den Weinbau sei die Möglichkeit einer problemlosen Bewirtschaftung letztlich das wichtigste, ergänzt der zweite Vorsitzende Sebastian Jäger. Zwar fallen durch eine Querterrassierung der Rebflächen einige Quadratmeter weg, doch gehe es am Ende um den Erhalt der Weinberge und der Bergsträßer Kulturlandschaft als Ganzes.
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