Marktplatz Bensheim

Kundgebung: 400 Menschen bekunden in Bensheim Solidarität mit der Ukraine

Von 
Thomas Tritsch
Lesedauer: 
Solidaritätskundgebung für die Ukraine in Bensheim. © Thomas Zelinger

Bergstraße. Immer mehr Gruppen schließen sich bundesweit den Protesten gegen den russischen Krieg gegen die Ukraine an. Schon am Freitag gab es zahlreiche Mahnwachen auch in Hessen. Am Samstag gingen Menschen unter anderem in Frankfurt, Fulda und Marburg auf die Straße, um gegen Putins Invasion zu demonstrieren.

Auf dem Bensheimer Marktplatz versammelten sich am Nachmittag rund 400 Menschen aus dem gesamten Kreisgebiet, um Solidarität mit der Ukraine zu bekunden und ein Zeichen für Frieden, Demokratie und Menschenrechte zu setzen.

Das Besondere: Als Veranstalter traten keine Kommune oder einzelnen Initiativen auf, sondern – wie auch in Wiesbaden und Wetzlar – verschiedene politische Jugendorganisationen. Gemeinsam haben die Junge Union, die Jusos, die Jungen Liberalen und die Grüne Jugend im Kreis Bergstraße parteiübergreifend dazu aufgerufen, den Krieg sofort zu beenden, die Truppen abzuziehen und die Souveränität der Ukraine anzuerkennen.

Ukrainische Nationalfarben

Wie vonseiten der Organisatoren um Mika Hoffmann (Jusos) und Katharina Wagner (Junge Union) zu erfahren war, habe man auf eine derart große Resonanz gehofft, aber damit nicht gerechnet. Angekündigt wurde die Kundgebung erst am Donnerstag nach dem Einmarsch des russischen Militärs in den demokratischen und unabhängigen Staat an der Schwarzmeerküste.

In Bensheim zeigten sich die Menschen am Samstag überaus besorgt über die russische Offensive. Die Jungpolitiker verurteilen das völkerrechtswidrige Vorgehen in der Ostukraine aufs Schärfste. Sie bezeichneten den zweitgrößten Staat auf dem Kontinent als integralen Bestandteil Europas und forderten den russischen Präsidenten auf, die Integrität der europäischen Grenzen zu achten.

Bundesweit gingen am Wochenende Menschen auf die Straße und demonstrierten gegen Putins Krieg in der Ukraine. Auf dem Bensheimer Marktplatz fanden sich bei einer Kundgebung rund 400 Personen ein. © Zelinger

Viele Menschen auf dem Marktplatz trugen die ukrainischen Nationalfarben blau und gelb in Form von Fahnen, Plakaten oder Transparenten. Auf Schildern stand „Hands Off Ukraine!“ („Hände weg von der Ukraine“) oder Friedensaufforderungen wie „Peace, not war, Mr. Putin!“.

„Völkerrecht mit Füßen getreten“

Die leidenschaftlichste Ansprache kam von Alexandra Kotlyarska. Das Juso-Mitglied sitzt für die SPD Viernheim im Stadtparlament und war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bergsträßer Bundestagsabgeordneten und aktuellen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Die 24-Jährige wurde in Starokostjantyniw im Westen der Ukraine geboren. Sie hat noch Verwandte in Kiew. Die Stadt ist unter Beschuss.

Die Kontakte zu ihren Leuten seien momentan lückenhaft, die Telefonverbindungen nicht immer stabil. „Das Land wird von allen Seiten beschossen“, so die junge Frau. Sie wisse aber, dass sich Teile ihrer Familie in Keller geflüchtet haben. Acht Jahre nach der rechtswidrigen Annexion der Krim – am 18. März 2014 unterzeichnete Wladimir Putin einen Vertrag über deren Eingliederung in die Russische Föderation – trete der Präsident erneut das Völkerrecht mit Füßen, so Alexandra Kotlyarska.

Nach UN-Schätzungen gibt es in dem Konflikt bisher mehr als 14 000 Tote. „Dies war zu keinem Zeitpunkt eine Ukraine-Krise, das Land war und ist nicht geteilt.“ Die Grenzen seien unantastbar, Putin müsse dies endlich akzeptieren. „Niemand in der Ukraine möchte diesen Krieg.“ Lea May ist Sprecherin der Grünen Jugend Bergstraße und Mitglied im Kreisvorstand ihrer Partei. Sie verurteilte die „narzisstische Willkür und den eklatanten Machtmissbrauch eines größenwahnsinnigen Despoten“. Putin habe den über 70-jährigen Frieden in Europa beendet, so die 21-Jährige aus Einhausen.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Sie nannte die Bensheimer Kundgebung ein wichtiges Zeichen der Solidarität und ein Signal für Frieden, Freiheit und Humanität. Für die Jugendorganisation der FDP (Junge Liberale) sprach Kreisvorsitzender Ole Wilkening (20) von einem völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine und damit auch auf die gesamte westliche Demokratie. Putin werde als Kriegsverbrecher in die Geschichte eingehen.

Caroline Ommer, als Beisitzerin im Vorstand der Bergsträßer Jungliberalen aktiv, forderte die Nato und die EU dazu auf, den Präsidenten endlich in seine Grenzen zu weisen. „Die Ukraine ist nicht Putins Spielplatz, sondern ein demokratisches und unabhängiges Land.“

Wie sie, so appellierte auch Leon Bell aus dem Hessischen Landesvorstand der Jungen Union dafür, dass Russland umgehend aus dem Zahlungsverkehrssystem Swift ausgeschlossen wird, um dem Regime maximal wehzutun. Das internationale Zahlungssystem dient Banken dazu, sich gegenseitig Geld zu überweisen. Über Swift begleicht Deutschland aber auch seine Rechnungen für russisches Gas. Ein Ausschluss Russlands wurde am Samstag immer wahrscheinlicher, innerhalb der Europäischen Union zögerte da nur Deutschland noch. „Die Bundesregierung muss endlich zustimmen“, so Caroline Ommer.

Großes Lob für die Jungpolitiker

Wenige Stunden war diese Forderung erfüllt: Die Vereinigten Staaten, Frankreich, Kanada, Italien, Großbritannien, die EU-Kommission und Deutschland beschlossen einen Ausschluss russischer Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk. Das teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Samstagabend in Berlin mit.

Landrat Christian Engelhardt, der das geschlossene Engagement der Jungpolitiker ausdrücklich lobte, betonte in Bensheim, dass der Kreis bereit sei, flüchtende Menschen aus der Ukraine jederzeit aufzunehmen. „Ab jetzt sind alle friedliebenden Menschen auf der Welt Ukrainer!“ Der aggressive Akt Putins habe den Krieg zurück nach Europa gebracht. Zwischen Berlin und der Hauptstadt Kiew liegen nur 1200 Kilometer Luftlinie.

Mehr zum Thema

Ukraine

Friedensgebet in Heppenheim: Die Fastnacht ist derzeit ganz weit weg

Veröffentlicht
Von
fran/ü
Mehr erfahren
Ukraine-Konflikt

Gedenken in Winterkasten: Schweigen als Protest gegen den Krieg

Veröffentlicht
Von
Philipp Kriegbaum
Mehr erfahren
Tischtennis

Fehlheim sorgt sich um seine ukrainischen Spieler

Veröffentlicht
Von
Dirk Rosenberger
Mehr erfahren

Engelhardt zitierte die frühere Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die von einem historischen Versagen der deutschen Politik in den letzten Jahren sprach. Auf Twitter erklärte sie, dass Verhandlungen immer den Vorrang haben sollten, aber man auch militärisch so stark sein müsse, dass ein Nichtverhandeln für die andere Seite keine Option darstellen könne. Der Landrat unterstützt diese Haltung. Er forderte zu einer Schweigeminute für die Menschen in der Ukraine auf.

Auch Bensheims Bürgermeisterin Christine Klein sah in der Kundgebung ein positives Zeichen für Zusammenhalt im Kreis Bergstraße über Parteigrenzen hinweg. Auf dem Marktplatz waren unter anderem Bürgermeister und Stadträte aus Wald-Michelbach, Fürth, Lampertheim, Neckarsteinach und Abtsteinach anwesend. Auch Bundes- und Landtagsabgeordnete verschiedener Parteien sowie weitere Bergsträßer Kommunalpolitiker nahmen teil.

Darüber hinaus hatten auch weitere Personen Gelegenheit, das Wort zu ergreifen. Darunter zwei Frauen aus der Ukraine. Die Organisatoren wiesen die Teilnehmer (zumeist erfolgreich) darauf hin, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

Bei der Demonstration wurden außerdem Spenden gesammelt. Laut Veranstalter geht das Geld an die Aktion „Deutschland Hilft“ und an das Bündnis Entwicklung Hilft für Menschen in Not.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger