Bergstraße. Einen Zweig mit mehreren Hülsen hat der Wattenheimer Landwirt Siegbert Ochsenschläger noch von seiner Kichererbsen-Ernte aus diesem Jahr übrig. Eine halbe Tonne der Hülsenfrüchte hat ihm der Anbau auf einem Hektar Ackerfläche als Ertrag gebracht.
Wird der Zweig hin und her bewegt, erzeugen die kleinen Kügelchen in den Hülsen ein leises Rascheln, das an ein Kichern erinnern könnte. Das würde zur Bezeichnung Kichererbse passen, meint Dagmar Ochsenschläger, die sich über den Anbau der alten Kulturpflanze im Familienbetrieb freut. Denn warum importieren, wenn diese Hülsenfrucht hier wachsen kann.
Die Kichererbse ist in Deutschland inzwischen ein beliebtes Lebensmittel, in dem viel Eiweiß und Ballaststoffe stecken. Sie machen satt und tragen laut Fachleuten zur gesunden Ernährung bei. Verarbeitet als Falafel oder Hummus hat sie viele Anhänger gefunden. Doch beim Thema Nachhaltigkeit gibt es einige Defizite. Denn bislang wird die Hülsenfrucht vor allem als Importware angeboten. In der heimischen Landwirtschaft sind die runzligen Kügelchen noch selten zu finden.
Das soll sich ändern: Die Kichererbse wird jetzt – wie bereits kurz berichtet – auch in Südhessen angebaut. Mit dem Projekt „Hier bin ich! Kann die Kichererbse in Südhessen heimisch werden?“ wird erforscht, ob die Anbaubedingungen in Südhessen für Kichererbsen geeignet sind. Das Projekt ist auf zwei Jahre ausgerichtet und wird mit Landesmitteln in Höhe von 95 000 Euro gefördert. Die Betreuung erfolgt dabei durch zwei Managerinnen der Ökomodellregion Süd: Sylvia Barrero-Stadler (Odenwaldkreis) und Alexandra Hilzinger (Landkreis Darmstadt-Dieburg). Mehrere Landwirte nehmen daran teil.
Die Kichererbse mag Wärme und hält Trockenheit gut aus
Die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Proteinquellen und die veränderten Bedingungen durch den Klimawandel rücken die trockenheitsresistente Kichererbse stärker in den Fokus. Aber kann sich die Hülsenfrucht, die aus viel wärmeren und trockeneren Gebieten im Mittelmeerraum und Kleinasien stammt, an wechselhafte Sommer anpassen? Und können Hummus und Falafelbällchen schon bald aus viel mehr Kichererbsen zubereitet werden, die aus der eigenen Region kommen und nicht über weite Strecken transportiert werden müssen?
Diese Fragen stellt sich Siegbert Ochsenschläger schon länger und hat daher die Kichererbse bereits in den Vorjahren angepflanzt. „Die Pflanze mag es trocken und heiß“, berichtet er. Ist es in den Sommermonaten zu kühl oder zu nass, falle die Ernte schlechter aus. In diesem Jahr hat er eine halbe Tonne Kichererbsen geerntet. „Der Ertrag entspricht dem, was bei einem so feuchten Jahr zu erwarten war“, sagt der Landwirt. Wetterverhältnisse wie im Jahr 2022 hätten ihr besser gefallen.
„Wir müssen eben die passende Sorte finden“, sagt Siegbert Ochsenschläger. Diesen Sommer probierte er vier verschiedene Sorten aus. Im kommenden Jahr sollen es dann nur noch zwei sein. Weitermachen will er mit dem Anbau auf jeden Fall.
Ein wichtiger Schritt für eine gute Ernte sei die rechtzeitige Entfernung von Unkraut. „Das ist dieses Jahr gut gelungen.“ Im Einsatz war zunächst ein Unkrautstriegel, der an den Traktor angehängt wird. „Damit lässt sich das Unkraut aus dem Boden holen, noch bevor es sichtbar ist“, betont der Landwirt. Was trotzdem noch an die Oberfläche kommt, wird später von der Hackmaschine erfasst, die ebenfalls mit dem Traktor über die Anbaufläche gefahren wird. Im Mai erfolgte die Aussaat, im September die Ernte.
Die Kichererbsen aus Wattenheim befinden sich nun bei einer Mühle, wo sie zunächst mit Hilfe von Sieben gereinigt und dann verpackt werden. Dann geht’s an die Vermarktung, für die Siegbert Ochsenschläger schon die Kontakte zu Abnehmern aus der regionalen Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung geknüpft hat. „Ein Teil meiner Kichererbsen geht in die Großküche der Firma Freudenberg in Weinheim.“ Dorthin liefert der Wattenheimer Landwirt bereits seit einiger Zeit einen Teil seiner Erzeugnisse.
Der Konzern Freudenberg bereitet am Hauptsitz täglich mehr als 1000 Essen zu, berichten die Managerinnen der Ökomodellregion Süd in einer Pressemitteilung. Die Kichererbse stehe fast täglich auf dem Speiseplan. Dass jetzt eine regionale Kichererbse verfügbar werde, sei ein Glücksfall. Denn der Betrieb steuere in Richtung „Green Canteen“. Dies sei eine EU-Gewährleistungsmarke, die Gastronomen für nachhaltiges Wirtschaften belohne. So kurze Lieferwege wie vom Hof Ochsenschläger in Biblis-Wattenheim bis nach Weinheim würden dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.
Am Vortag einweichen und dann kochen
Ein weiterer Interessent für seine Kichererbsen sei der Spitzenkoch Nils Henkel, freut sich Ochsenschläger. Henkel kocht mit seiner Crew im Hotel Papa Rhein in Bingen. Aber auch im eigenen Hoflädchen in Wattenheim sollen die selbstangebauten Kichererbsen angeboten werden.
„Vor dem Verzehr müssen sie einen Tag lang eingeweicht und dann gekocht werden“, gibt Dagmar Ochsenschläger schon mal einen wichtigen Tipp. Denn roh sind Kichererbsen nicht verzehrbar. /ü
Wie die Kichererbse zu ihrem Namen kam
Der lustige Name Kichererbse soll tatsächlich gar nichts mit Kichern zu tun haben. Das ergeben einige Nachforschungen zur Bezeichnung der Pflanze.
Die Römer hätten das Gewächs „cicer“ genannt. Das Wort könnte als „kiker“ ausgesprochen worden sein. Im Althochdeutschen soll daraus „kihhira“ geworden sein, was zu Kichererbse geführt haben könnte. Mit der grünen Erbse seien die Samen in den Hülsen an den krautigen Pflanzen aber nicht näher verwandt. ps/ü
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