Wirtschafts-Vereinigung

Flames werben um Investitionen in den Bundesliga-Frauenhandball in Bensheim

Perspektiven und Herausforderungen im Dialog - auch infrastrukturell steht der Verein vor neuen Herausforderungen.

Von 
Thomas Tritsch
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Sportlicher Business-Treff der Wirtschafts-Vereinigung Bensheim (WVB) mit den Flames: Rechts Michael Geil, Geschäftsführer der Bundesliga-Handballerinnen, neben ihm WVB-Vorsitzender Jan Siefert. © Thomas Neu

Bergstraße. Einige sprachen vom „Schock der zweiten Halbzeit“: Vor 1006 Zuschauern in der Weststadthalle hatten die Bundesliga-Handballerinnen der Flames am Sonntag nach einem umkämpften Match mit 27:30 gegen Buxtehude verloren. Beim anschließenden Business-Treff der Wirtschafts-Vereinigung Bensheim (WVB) wurden aber nicht die technischen Patzer und Abwehrfehler des Heimspiels bilanziert. Geschäftsführer Michel Geil warf einen spannenden Blick in die Zukunft des weiblichen Leistungshandballs – und die damit einhergehenden Herausforderungen für das Bensheimer Vorzeigeteam und das System dahinter.

„Wir brennen für die Region“

WVB-Vorsitzender Jan Siefert begrüßte die Teilnehmer in der Villa Lacus zu einem rundum sportlichen Business-Treff, der zwar mit der Heimniederlage der Flames nicht allzu überschwänglich begonnen hatte, mit dem späteren Unentschieden der deutschen Fußballer gegen den WM-Titelfavoriten Spanien aber ein einigermaßen mutmachendes Finale erlebt hat.

Was Michael Geil zuvor als die DNA der Flames skizzierte – Teamgeist, Leidenschaft, Dynamik und eine starke Siegermentalität – würde auch der Nationalelf von Hansi Flick in den anstehenden Spielen nicht schaden. „Wir brennen für die Region“, so der Geschäftsführer der Auerbacher Handball Sport und Marketing GmbH, die sich um die sportliche und kaufmännische Führung sowie die Verwaltung und Vermarktung des Leistungsbereichs Frauen unter der „Dachmarke“ HSG Bensheim/Auerbach kümmert.

Ein langer Weg zurück

Klares Ziel sei eine feste Positionierung in der Ersten Bundesliga und eine nachhaltige Förderung von jungen Talenten, um sich aus eigener Kraft den Nachwuchs für die Zukunft zu sichern. Gleichermaßen will man nach der Corona-Delle mit vielen Geisterspielen und sinkendem Publikumsinteresse wieder für mehr Begeisterung am und abseits des Spielfelds sorgen. Von den durchschnittlich 1200 Zuschauern pro Heimspiel vor Ausbruch der Pandemie ist man noch ein Stück entfernt, doch die Tendenz in der Bundesligastadt Bensheim stimmt. „Es ist ein langer Weg zurück.“

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Die Fans erleben einen attraktiven Handball mit jungen Spielerinnen, die sich mit der Region identifizieren und dort einbringen, so Michael Geil, der seit 2006 Geschäftsführer ist und ein hohes Maß an Zusammenhalt und Unterstützung innerhalb einer „verschworenen Gemeinschaft“ feststellt. Die „Flames Community“ laufe rund, müsse sich jetzt aber für die kommenden Jahre ein Stück weit neu positionieren, um im Oberhaus am Ball bleiben zu können.

Das durchgängige Konzept über alle Altersklassen und Ligen gehe in Bensheim seit Jahren auf, sagte er beim Business-Treff. Die Flames haben sich nach sechs konstanten Jahren in der Ersten Liga im Mittelfeld etabliert, aktuell sind vier Spielerinnen im erweiterten Kader der Nationalmannschaft. Mit dem Aufstieg in die dritte Liga haben die Junior-Flames im vergangenen Jahr sportlich überzeugt und bestätigt, dass hier der Nachschub für die Spitze herangezogen wird.

Handball-Akademie

Hinzu kommen erfolgreiche Jugendteams in den oberen Ligen und die angeschlossene Handball-Akademie, die seit 2015 ein sportliches Zuhause für weibliche Handballtalente aus ganz Deutschland im Alter zwischen 15 Jahren und 18 Jahren bietet. Acht Zimmer sind im ehemaligen Hotelgebäude an der Rodensteinstraße verfügbar. Die Gesamtleitung dieser „Handball-WG“ hat Volker Massoth. Der Anspruch ist es, Schule und Leistungssport unter einen Hut zu bringen. Dafür stehen professionelle Betreuungs- und Trainerteams zur Verfügung.

Mindestbudgets für Erstligisten

Als finanziellen Support haben die Flames derzeit 75 Sponsoren und lokale Unterstützer im Boot. Die 100er-Schwelle soll bald geknackt werden, so der Geschäftsführer, der von einer Marke spricht, in die es sich zu investieren lohne. Auch die digitalen Vermarktungspotenziale sollen künftig stärker erschlossen werden, da die Banden- und Spielfeldwerbung ausgereizt ist. Kurz: Es ist kein Platz mehr für weitere Logos und Banner.

Eine stabile Sponsorenbasis ist aber auch mit entscheidend, um die strukturellen Reformen in der Branche stemmen zu können. Denn der Deutsche Handballbund hat ein Strategiepapier beschlossen, um das Niveau in den Ligen zu steigern und so den weiblichen Handball in die europäische und in die Weltspitze zu bringen. In der Ersten Liga sollen ab der Saison 2024/25 nur noch zwölf statt 14 Teams spielen.

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Zudem müssen alle Vereine künftig ein höheres Mindestbudget pro Saison vorweisen, wie aus dem Grundlagenvertrag zwischen dem Deutschen Handballbund und der Handball Bundesliga Frauen (HBF) hervorgeht. Die Geschäftsführung der Flames avisiert einen Betrag von mindestens einer Million Euro.

Auch Trainerin Heike Ahlgrimm, die die ebenfalls geplante Wiedereinführung von Play-offs im Dialog mit der WVB kritisch kommentierte, hält eine Aufstockung des Budgets für wichtig, damit Bensheim dauerhaft auf hohem Niveau mithalten können.

Hoffen auf noch mehr Zuschauer

Ein solider Jahresetat ermöglicht es den Clubs, professionellere Strukturen aufzubauen und die Flames für die Spielerinnen noch attraktiver zu machen. Im Durchschnitt hat jede Mannschaft in der HBF bereits heute einen Jahresetat von knapp einer Million Euro. Einige Teams liegen aber noch deutlich darunter. Bensheim gehört dazu.

„Das Team hat einen guten Namen, die Flames gelten längst als Angstgegner“, so Kapitänin Lisa Friedberger. Die Spielerinnen hoffen, dass bald wieder konstant mehr Zuschauer den Weg in die Weststadthalle finden werden.

Anforderungen an die Spielstätte

Aber auch infrastrukturell steht der Verein vor neuen Herausforderungen. Der DHB verlangt ab 2024/25 einen reinen Handballboden und LED-Bande in der Bundesliga. Ab der Saison 2024/25 soll eine zweite Längstribüne die Hallenkapazitäten auf mindestens 1500 Zuschauer erhöhen und so den Sport besser vermarktbar und TV-kompatibler machen. Eine Umrüstung der Weststadthalle sei aber utopisch, so Michael Geil. Doch die Uhr tickt. Mittelfristig müsse man auch in Bensheim über neue Konzepte sprechen und diese umsetzen. Ohne eine taugliche räumliche Alternative beziehungsweise einen Hallenneubau spiele man bald zwangsläufig wieder in der Zweiten Liga.

Die Professionalisierung des Frauenhandballs mit all ihren finanziellen, strukturellen und personellen Konsequenzen sei ein Thema, das in der Flames-Spitze derzeit intensiv diskutiert werde. Es brauche mehr Investitionen, um die Standards halten zu können.

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