Politischer Aschermittwoch - Der Krieg in der Ukraine war das beherrschende Thema bei den Bergsträßer Liberalen

FDP Bergstraße begrüßt Aufrüstung der Bundeswehr

Von 
Jeanette Spielmann
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Zum Heringsessen am Aschermittwoch trafen sich Bergsträßer Liberale in Heppenheim im „Goldenen Engel“ am Marktplatz. Unser Bild zeigt von links Lisa-Marie Blumenschein, Gottlieb Ohl, Burkhard Vetter, Till Mansmann, dem Restaurantchefin Marianne Bräutigam gerade das Essen serviert, und Christopher Hörst. © Thomas Zelinger

Bergstraße. Das Heringsessen am Aschermittwoch hat Tradition bei der Bergsträßer FDP. Erstmals war es vor Jahren von dem Ehrenkreisvorsitzenden und ehemaligen Kreisbeigeordneten Roland von Hunnius initiiert worden. Nach coronabedingter Zwangspause zeigte sich gestern FDP-Kreisvorsitzender Christopher Hörst erfreut, sich wieder zum Heringsessen in kleiner Runde treffen zu können. Schauplatz war der Goldene Engel in Heppenheim.

Der Zeitpunkt für eine politische Standortbestimmung der FDP hätte nicht besser sein können. Drei Tage nach einer denkwürdigen Sitzung des Bundestags und angesichts dramatischer weltpolitischer Ereignisse waren der neugewählte Bundestag und die neue Regierungskoalition aus SPD, Grüne und FDP sowie die Kreistagspolitik als ursprüngliche Themenschwerpunkte in den Hintergrund gerückt. Putins Einmarsch in die Ukraine und die in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Bundestagssitzung vom Sonntag, aus der Bundestagsabgeordneter Till Mansmann „brühwarm“ berichtete, schrieben ein neues Drehbuch.

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Wie nachhaltig die Debatte in Berlin gewirkt hatte, machte Gottfried Ohl deutlich. Der ehemalige Gefahrenabwehrdezernent des Kreises Bergstraße und Oberstleutnant a.D. verwies darauf, dass er als Berufssoldat dem Land 35 Jahre lang gedient habe. Die am Fernsehen von ihm verfolgte Debatte habe in „stolz auf sein Land und die Politik“ gemacht, die es geschafft habe, innerhalb eines Tages „den Hebel umzuschmeißen“.

Uneinigkeit über Sanktionen

Dass die deutsche Politik in dieser Krise gezeigt habe, dass sie schnell reagieren kann, hob auch Mansmann hervor, der Entwicklungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion ist. Die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, für die Bundeswehr 100 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stellen zu wollen, habe überrascht, letztlich jedoch breite Unterstützung durch das Parlament bekommen.

Auch wenn für die Bereitstellung der Mittel aus Sondervermögen eventuell das Grundgesetz geändert werden müsste, sieht auch Mansmann gute Gründe für diese Vorgehensweise. Zum einen sei die Bundeswehr in einem schlechten Zustand und könne daher ihre Bündnisverpflichtungen teilweise nicht erfüllen. Zum anderen werde jetzt das Geld eingesetzt, das in den vergangenen Jahren in der Bundeswehr eingespart wurde. Die in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebauten Sicherheitsstrukturen seien durch Putin mit einem Schlag zerstört worden, sieht der FDP-Bundespolitiker die Notwendigkeit deutscher Politik, sich „ehrlich zu machen“.

Zur Sprache kam auch das zur Abschreckungspolitik der Nato gehörende Konzept der nuklearen Teilhabe Deutschlands. Es geht dabei um die in den Partnerstaaten – auch Deutschland – gelagerten Nuklearwaffen, die bis zu ihrem Einsatz unter amerikanischer Kontrolle bleiben.

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Unter dem Eindruck des damaligen amerikanischen Präsidenten Trump hatte SPD-Fraktionschef Mützenich 2017 das Ende der nuklearen Teilhabe gefordert. Dazu ist es nicht gekommen, vielmehr sei die nukleare Teilhabe auch Bestandteil des Koalitionsvertrages und dort festgeschrieben worden. Auch Bundeskanzler Scholz hatte deutlich gemacht, dass Deutschland für die alten Tornado-Jets einen modernen Ersatz beschaffen wolle.

Bezüglich der beschlossenen Sanktionen gegen Russland gibt es unterschiedliche Haltungen bei der Bergsträßer FDP. Mansmann sagte, er sei kein großer Freund von Sanktionen, wenn diese das Volk treffen, es solle nicht dafür bestraft werden, wenn es darum gehe, Widerstand gegen die politische Führung deutlich zu machen.

In einem demokratisch geführten Land würde dem auch Christopher Hörst zustimmen. In einem diktatorisch geführten Land sei das aber schwierig. Da werde die Bevölkerung nicht informiert und erfahre erst durch leere Regale von der Aggression durch ihre Regierung. Begrüßt werden von Mansmann die selektiven Swift-Maßnahmen, mit denen einzelne russische Banken vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen werden.

Die zweite Krise der Ampel

Für die Ampel-Regierung in Berlin sei es nach Corona bereits die zweite Krise, mit der sie sich seit Arbeitsbeginn auseinandersetzen musste. Corona sei zwar noch nicht vorbei, aber am 19. März laufen die bisher gültigen Maßnahmen aus. Gründe für weitere Eingriffe sieht Mansmann nicht. Vielmehr müsse man sich jetzt auf die Resilienz für die kommenden Herbst- und Wintermonate zu konzentrieren.

Nach wie vor stehe Deutschland noch vor Herausforderungen hinsichtlich des Klimaschutzes, der Energieversorgung und der Sicherheit. „Auch hier müssen wir uns ehrlich machen“, sieht der liberale Bundespolitiker etwa die Wasserstofftechnologie als Kernthema und Synonym für erneuerbare Energien.

Einig sei man sich in der Ampel-Koalition, dass das Land modernisiert werden muss. Dabei sprach Mansmann nicht nur vom Zerfall der Infrastruktur, sondern auch von der Denkweise, die im 20. Jahrhundert verhaftet geblieben sei. Auf die Notwendigkeit, das Land in seinen verschiedenen Bereichen zu erneuern, habe man sich sehr schnell geeinigt. Doch die Transformation komme nicht von allein, sie müsse gestaltet werden und das seien die großen Aufgaben der nächsten vier Jahre.

Freie Autorin

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