Genuss

Erfrischung aus dem Bembel: Wie aus Äpfeln Apfelwein entsteht

Von der Geschichte über die Herstellung bis hin zu einem Rezept - rund um das beliebte Getränk gibt es anlässlich des Weltapfelweintags hier auf einen Blick.

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So kennt man ihn, den Apfelwein, im Gerippten und aus dem Bembel. © Arne Dedert

Bergstraße. Ob pur oder gespritzt, ob auf dem heimischen Balkon oder im Biergarten: "Äppler", wie der Apfelwein auch genannt wird, gehört auch an der Bergstraße und im Odenwald zu einem der beliebtesten Getränke.

Gekühlt und stilecht im Bembel und Gerippten serviert ist er fruchtig, erfrischend und hat noch dazu mit fünf bis sechs Prozent einen geringeren Alkoholgehalt als Wein aus Trauben. Aber wie wird das Getränk eigentlich hergestellt? Und was kann man daraus noch alles zaubern? Alle Infos zum Thema hat die Redaktion anlässlich des Welt-Apfelwein-Tages zuammengetragen.

Die Geschichte des Apfelweins

  • Apfelwein ist ein Fruchtwein, der aus einer Mischung verschiedener, relativ säurehaltiger Äpfel gekeltert und alkoholisch vergoren wird. Der natürliche Alkoholgehalt beträgt meist 5 bis 7 Volumenprozent.
  • Je nach verwendeten Apfelsorten muss der Geschmack nicht notwendigerweise herb oder sauer empfunden werden.
  • Schon die Griechen und Römer kannten die Herstellung des Apfelweines. Auch ist belegt, dass die Germanen, bereits bevor die Römer kamen, sich in der Herstellung des Obstweines auskannten.
  • In Frankfurt ist der Apfelwein um das Jahr 1600 nachgewiesen. Bereits 1638 wurde per Ratsverordnung eine Reinhaltungsbestimmung festgelegt, an die sich die Apfelweinkelterer noch heute halten müssen.
  • 1754 wurde die erste Schankerlaubnis in Frankfurt erteilt, seit diesem Zeitpunkt wurde das Getränk auch versteuert.
  • Damals war der Apfelwein ein schlichtes Alltagsgetränk, das die kleinen Leute im Hauskeller gären ließen.
  • Als preisgünstiger Ersatz zum „edlen Tropfen“ wurde Apfelwein vor allem durch die in den 1860er-Jahren in Europa einsetzende Reblausplage populär. Viele der verödeten Rebflächen wurden fortan als Obstgärten genutzt.
  • Lebensmittelrechtlich gehört Apfelwein sowie die anderen Gärprodukte des Apfelsüßmostes (Apfel-Perlwein, Apfelschaumwein, Sidre etc.) in die Kategorie der „weinähnlichen Getränke“.
  • Seit März 2022 gilt der hessische Apfelwein und seine handwerkliche Herstellung als immaterielles Unesco-Kulturerbe.

Dass das Getränk in Hessen längst Kult-Status erlangt hat, zeigt auch der Blick auf die Zahlen: Rund 30,5 Millionen Liter Apfelwein haben die größeren hessischen Apfelwein-Betriebe im vergangenen Jahr produziert. Das waren elf Prozent mehr als noch im Jahr zuvor, wie das Statistische Landesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte.

Da sich die Angaben auf Produktionsbetriebe von Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern beziehen, wurden fünf hessische Betriebe von der Statistik erfasst. Der 2022 dort produzierte Apfelwein hatte einen Wert von 31,5 Millionen Euro.

Für einen gelungenen Apfelwein braucht man vor allem eines: reife und gesunde Äpfel. © Sebastian Gollnow

Zu den kleineren lokalen Betrieben an der Bergstraße und im Odenwald gehört die Apfelkelterei Bitsch im Schlierbachtal. Seit 1969 gibt es den Familienbetrieb. Wo früher noch Oma und Opa tatkräftig angepackt haben, sind jetzt hauptsächlich Reinhard Bitsch und seine Frau Tanja am Werk, aber auch die Kinder packen mit an.

Sonnengereifte Äpfel als Basis

Hier auf dem Hof ist man glücklich mit dem Jahrgang 2022. „Das Ergebnis war sehr zufriedenstellend“, sagt Tanja Bitsch. „Wir hatten eine gute Ernte. Durch die viele Sonne, die die Äpfel gekriegt haben, ist das Aroma sehr gut ausgeprägt.“

Wie der diesjährige Jahrgang ausfallen wird, kann sie aber noch nicht sagen: „Bisher läuft alles sehr gut. Die Apfelblüte war Ende April, also nicht zu früh, und die Bäume haben reichlich geblüht.“ Dadurch geht Bitsch davon aus, dass die Äpfel nicht zu früh reif werden: „Für den Apfelwein ist es optimal, wenn die Äpfel erst Ende Oktober, Anfang November reif sind“, erklärt sie.

Das "Gerippte"

Wer an der Bergstraße oder im Odenwald schon mal einen Apfelwein bestellt hat, weiß dass das Getränk in seinem eigenen Glas kommt. Das „Gerippte“ gehört zum Apfelwein einfach dazu. Das Glas wird von unten nach oben leicht weiter und ist rundum mit dem ikonischen Rautenmuster versehen.

Das Muster sorgt dafür, dass sich Licht im Glas reflektiert und funkelt. Das offizielle Stadtportal der Stadt Frankfurt begründet die Form damit, dass der Apfelwein, der damals vorwiegend naturtrüb war, ein Funkeln im Glas verliehen bekommt.

Die Form des Musters könnte aber auch daher kommen, dass früher häufig ohne Besteck gegessen wurde. Damals zählten Gläser mit einem Volumen von 0,3 Litern als Standard. Heutzutage sind vorwiegend kleine Gläser mit 0,25 Litern und große Gläser mit 0,5 Litern vertreten.

„Klar und honigfarben muss er sein und rund im Geschmack“, so beschreibt Reinhard Bitsch den für ihn perfekten Ebbelwoi. Besonders lecker – so findet Bitsch – wird der Apfelwein, wenn der Saft verschiedener Äpfel verwendet wird. „Ein Apfel-Cuvée quasi. Außerdem müssen die Äpfel natürlich reif und gesund sein. Dann gibt es einen runden Geschmack.“

Keltereien wie jene der Bitschs sind über die Jahre seltener geworden in der Region. Früher brachten vor allem Kunden aus der näheren Umgebung ihre Äpfel nach Glattach. Im Laufe der Jahre hat sich das Einzugsgebiet vergrößert, vereinzelt kommen auch Kunden aus Aschaffenburg. Der Anreiz liege für sie darin, direkt mitzuerleben, wie das eigene Obst verarbeitet wird, schätzt Reinhard Bitsch.

Kelterei

Wie aus Äpfeln Apfelsaft und Apfelwein wird

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Von der Presse in Flasche, Kanister oder Beutel

Diesen Prozess können sie vor der halboffenen Halle, in der die Presse steht, mitverfolgen.

 Zur Apfelwein-Saison bringen Kunden kleine bis große Mengen Äpfel vorbei. Die ganzen Äpfel werden maschinell gewaschen, grob zerkleinert – etwa halb so groß wie der Fingernagel eines kleinen Fingers – und landen dann in der sogenannten Packpresse.

Dort werden die Apfelstücke in Tücher eingepackt und mithilfe von Blechen gepresst. „Dadurch, dass der Saft durch die Maische durchläuft, klärt er sich übrigens quasi von selbst“, berichtet der Diplom-Geologe, der sich sein Wissen bei der Arbeit auf dem Hof, aber auch durch Kurse angeeignet hat.

Kochen und Backen mit Apfelwein



Nicht nur im Glas sorgt Apfelwein für kulinarische Erlebnisse. Auch in anderen Gerichten, lässt sich das Getränk vielfältig einsetzen. Sei es als Apfelweintorte oder –kuchen oder als Hauptbestandteil einer Sauce, um dort dem küchenüblichen Weiß- und Rotwein den Rang abzulaufen. Aber auch als fruchtige Alternative zum morgendlichen Brotaufstrich, weiß Apfelwein zu überzeugen, zum Beispiel als Apfelwein-Marmelade. Und im Winter sorgt ein heiße Tasse Glühapfelwein mit Zucker, Zimt und Gewürznelken für ein wolliges Wärmegefühl, das nach Heimat schmeckt. Apfelwein muss nicht immer gleich Apfelwein sein und lädt zum Ausprobieren und kreativen Kochen ein.

Für eine Apfelweintorte benötigen Sie folgende Zutaten:

Für den Teig:

  • 250g Mehl
  • 1,5 TL Backpulver
  • 125g Zucker
  • Eine Packung Vanillezucker
  • 1 Ei
  • 1 EL Wasser
  • 125g Butter
  • 2 EL Semmelbrösel

Aus diesen Zutaten, mit Ausnahme der Semmelbrösel, machen Sie einen Teig. Nachdem er eine Stunde im Kühlschrank geruht hat, kommt der Teig in eine Springform. Dort stellen Sie einen ungefähr 4cm hohen Rand. Den Boden des Teigs bestreuen sie jetzt mit den Semmelbröseln. Schälen sie 1Kg Äpfel und schneiden daraus dünne Streifen. Damit wird der Boden des Teigs ausgelegt, bevor er mit Zimt bestreut wird. Darauf kommt dann eine Apfelwein-Pudding-Creme. Dafür benötigen Sie:

  • 2 Packungen Vanillepuddingpulver
  • 2 EL Zucker
  • 750 ml Apfelwein
  • 1 Packung Vanillezucker

Der daraus gemischte Pudding wird dann über die Äpfel gegossen und zwar direkt nach dem Kochen, wenn er noch heiß ist. Das Ganze kommt dann bei 180 Grad Ober-/Unterhitze für etwa eine Stunde in den Backofen. Danach bleibt der Kuchen eine Stunde im ausgeschalteten und offenen Ofen stehen, bevor er ganz abgekühlt wird und über Nacht in den Kühlschrank wandert. Am nächsten Tag lässt sich der Kuchen dann mit Sahne, Kakao, Zimt, gehakten Pistazien und ähnlichem versehen, bevor er serviert wird. Guten Appetit!

Für hundert Liter Saft benötigt man 150 Kilogramm Äpfel. Verwertet wird übrigens der ganze Apfel – was nach dem Pressen übrigbleibt, ist Viehfutter.

Tausende Liter Saft entstehen hier pro Saison. Die Kunden – Private, aber auch Gastronomen – fragten hauptsächlich nach Apfelsaft. Apfelwein müssen sie nach dem Pressen selbst gären lassen, die Kelterei übernimmt das nicht für sie. Die Gärung ist nicht überall erfolgversprechend, es braucht etwa meist einen Keller oder einen Kühlraum.

Noch heute beliebt bei Jung und Alt - ganz ohne Kampagnen

Wenn der Saft zum Apfelwein veredelt werden soll, dann muss er auf der Hefe so lange in den Fässern reifen, bis er geschmacklich überzeugt.

Verkauft wird der Wein aus Äpfeln auf dem Hof in Glattbach übrigens nicht in Flaschen oder in Kanistern, sondern in Kunststoff-Beuteln – unter anderem aus Gewichtsgründen.

Seit 2022 ist der hessische Apfelwein und seine handwerkliche Herstellung immaterielles Unesco-Kulturerbe. Auf die Nachfrage habe sich das nicht ausgewirkt, sagt Bitsch – die sei schon vorher da gewesen. Mit Beginn der 2000er Jahre sei das geschichtsträchtige Getränk gerade auch bei jungen Menschen immer beliebter geworden – und das ganz ohne große Kampagnen.

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Anderen Staaten – etwa Spanien und Frankreich – seien jedoch besser darin, die Alleinstellungsmerkmale von lokalen Produkten herauszustellen.

„Absolut, das ist längst überfällig“, antwortet Bitsch auf die Frage, ob er den Status des alkoholischen Getränks als Kulturerbe für verdient hält. Vermarktung im großen Stil gibt es bereits, etwa über die Kelterei Krämer unter der Überschrift „Bembel with care“. Nicht ausgeschöpftes Potenzial sieht Bitsch im Bereich von Cuvées, von Mischungen hochwertigerer Sorten. Noch gebe es dafür, anders als für den Wein, keinen Markt, auch die Anzahl der Sorten halte sich in Grenzen.

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