Bergstraße. Es war ein Wechsel mit Ankündigung: Der bisherige Vorstand der Stiftung Weltkulturerbe Kloster Lorsch hatte sich bereits im April einvernehmlich entschieden, nicht mehr für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. Vorstandsvorsitzender Karl Härter (Heppenheim), Schriftführer Ernst-Ludwig Drayß (Bensheim) und Schatzmeister Bruno Eichhorn (Lorsch) haben damit den Weg frei gemacht für eine neue Mannschaft, die sich bereits um eine Nachfolge beworben hatte und jetzt im Gewölbekeller des Museumszentrums einstimmig gewählt wurde.
Im engen Dialog
Neuer Vorsitzender ist Lothar Rist aus Lorsch, ein gelernter Bänker, der als Gästeführer ehrenamtlich für das Museum tätig ist. Die Kasse verwaltet der promovierte Chemiker Wolfgang Egel-Hess, der Pensionär lebt wie Rist ebenfalls in der Klosterstadt. Schriftführerin ist Eva Bambach aus Bensheim. Die Kunsthistorikerin arbeitet als freie Redakteurin und wurde 2017 für ihr Projekt zur innovativen Vermittlung des Welterbe-Gedankens (eine App für Smartphones) mit dem Lorscher Stifterpreis ausgezeichnet. Bei der Stifterversammlung kündigte sie an, sich jetzt mit ihren Kollegen intensiv in die Ausrichtung der Stiftung einarbeiten zu wollen und dabei einen engen Dialog mit den ausgeschiedenen Mitgliedern sowie mit dem Kuratorium Unesco Welterbe Kloster Lorsch pflegen zu wollen.
Beirat neu gebildet
Der Vorsitzende der Stifterversammlung, Robert Beier, sieht die Stiftung durch den personellen Neubeginn für die kommenden Jahre gut aufgestellt. Zumal das bisherige Führungstrio in einem neu gebildeten Beirat weiterhin als beratendes Team im Boot bleibt. In der Satzung ist ein solches Gremium ausdrücklich vorgesehen. Jetzt werde dies mit Leben gefüllt, so Beier, der ohne Gegenstimmen in seinem Amt bestätigt wurde. Durch den Beirat könne man jetzt noch professioneller agieren, sagte er.
Karl Härter betonte, dass es sich bei der Personalie nicht um einen Rücktritt im engeren Wortsinn handele. Man habe mit Ratio und Weitblick entschieden, die Weichen rechtzeitig neu zu stellen: „Es ist der richtige Moment für einen Wechsel.“ Die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren sei harmonisch und konstruktiv verlaufen, so der Rechtshistoriker. Eigentlich wäre die Amtszeit des Vorstands erst im März 2023 abgelaufen. Durch die vorgezogenen Neuwahlen wollte man aber verhindern, dass die Stiftung personell in einem mehrmonatigen Schwebezustand ohne klare Postenverteilung verharrt. Es sei allen Beteiligten wichtig, dass die Arbeit der 2011 gegründeten Stiftung ohne Bruch weiterlaufen kann und der Vorstand lückenlos handlungsfähig bleibt.
Die bisherige Spitze war in dieser Zusammensetzung seit 2017 aktiv und wurde bei der Zusammenkunft einstimmig entlastet. Damals folgte Härter auf Norbert Bräuer, der nach zwei Wahlperioden nicht mehr für eine Verlängerung zur Verfügung stand. Ernst-Ludwig Drayß wechselte vom Vorsitz der Stifterversammlung in den Stiftungsvorstand, dessen Aufgabe es ist, Projekte und Aktivitäten zu fördern, die die europäische Bedeutung der Welterbestätte und ihre kulturellen Aspekte unterstreicht. darüber hinaus kümmert sie sich um internationale Partnerschaften und die Unterstützung der Museumspädagogik in Lorsch.
Schwierige Zeiten
Aktuell fördert sie die Produktion eines Films zur laufenden Ausstellung „Geschichte schöpfen – Quellen aus einem Brunnen“ im Schaudepot Zehntscheune, der künftig für die Besucher des Klosters und über die Webseite zugänglich sein soll. Eines der jüngsten unterstützten Projekte hatte den Titel „Lorsch und das Wasser“. Dabei geht es um die vielfältige Bedeutung, die die Weschnitz, aber auch der Rheinhafen bei Zullestein für das Kloster Lorsch im Mittelalter hatte, wie Karl Härter in seinem letzten Bericht als Vorsitzender erklärte. Im vergangenen Jahr hatte es aufgrund der Pandemie keine Stifterversammlung in Präsentform gegeben. Mit Blick nach vorn hofft Härter, dass es dem neuen Vorstand gelingt, gemeinsam mit allen Akteuren die herrschafts- und bildungsgeschichtliche Bedeutung des Welterbes noch stärker in die Region zu tragen.
In seinem Kassenbericht bilanzierte Bruno Eichhorn schwierige Zeiten für jede Stiftung. Durch dauerhaft niedrige Zinsen falle es schwer, das Kapital real zu erhalten. Ende 2021 betrug der Grundstock gut 140.000 Euro. Dennoch sei die Finanzlage durch eine kluge Kapitalverwaltung – ein Lob ging an Ernst-Ludwig Drayß – weiterhin stabil und die Verfolgung des Satzungszwecks in keiner Weise gefährdet, so Eichhorn, der langfristig wieder von besseren Rahmenbedingungen ausgeht.
Erinnerung an Verstorbene
„Die Stiftung steht auf gesunden Beinen“, so Robert Beier, der in der Sitzung auch an die verstorbenen Stifter Alfred Jünge (Lorsch) und Michael Reckeweg (Bensheim) erinnert hat. Unter den Teilnehmern waren Bürgermeister Christian Schönung, Michael Heuss aus dem Kuratorium und Bela Konrad aus dem Verein Noah, der ebenfalls zu den Stiftern gehört und sich für die kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Armenien engagiert.
An diesem Sonntag (11.) gastiert das Vahagn Hayrapetyan Trio auf deren Einladung im Paul-Schnitzer-Saal.
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