Welterbe

Kolloquium in Lorsch zu Zaubersprüchen, Beschwörungen und Segen

Von 
red
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Lorsch. Eine am Mittwoch beginnende Tagung im Unesco Welterbe Kloster Lorsch beschäftigt sich mit frühmittelalterlichen Segen, Beschwörungen und Zaubersprüchen. Der „Lorscher Bienensegen“ ist ein kurioser Segensspruch von wenigen Zeilen aus dem 10. Jahrhundert. Es geht darum, einen davongeflogenen Bienenschwarm zurückzuholen. Mit „Sizi, sizi, bîna“ („Setz dich, sitze, Biene!“) verkündet er in der Tradition älterer Zaubersprüche den Willen Christi und der Jungfrau Maria, er möge heimkommen und „godes uuillon“ (Gottes Willen) wirken.

Der in rheinfränkischer Volkssprache verfasste Segen ist kopfüber eingetragen am unteren Rand einer Seite in einem Kodex der Karolingerzeit. Bei dem interdisziplinären Kolloquium der Universität Greifswald mit dem Titel „Unheil bannen – Ordnung stiften“ wird er viel Aufmerksamkeit erhalten: Von Mittwoch, 31. August, bis Freitag, 2. September, kommen in Lorsch vor allem Altgermanisten zusammen.

Religiosität, Magie und Medizin

Die Wissenschaftler wollen sich über frühmittelalterliche Segen, Beschwörungen und magische Sprüche zwischen Religiosität, Magie und Medizin austauschen, die aus dem Althochdeutschen überliefert sind – einer Epoche der Sprachgeschichte von etwa 750 bis 1050. Diskutiert wird dabei besonders der „Lorscher Bienensegen“ von „Folio 58r“, einer in Rom verwahrten Sammelhandschrift zur Gestaltung von Predigten, die im ehemaligen Reichskloster Lorsch im 9. Jahrhundert entstand und später um den Nachtrag ergänzt wurde.

"Heilung, Magie und Zauber in den Chroniken und Viten des ...

"Heilung, Magie und Zauber in den Chroniken und Viten des frühen Mittelalters" ist ein öffentlicher Vortrag von Prof. Wolfgang Haubrichs betitelt, zu dem am morgigen Mittwochabend, 31. August, im Rahmen des Kolloquiums eingeladen wird.

Nach den Erläuterungen der Organisatorin Prof. Tina Terrahe, Universität Greifswald, und ihres Kooperationspartners Hermann Schefers, Leiter der Welterbestätte, entstanden solche Sprüche mit dem Begehren, ein drohendes Unheil aufzuhalten oder zu besänftigen, wenn es schon eingetreten war: „Man möchte mit ihnen Krankes heilen, Wertvolles schützen und Gefahren abwehren.“

Es handele sich bei den Texten um „Kleinst-Epik“ und diese sei meist nur als Streuüberlieferung in Handschriften zu finden, in denen sie eigentlich keinen Platz gehabt habe. Diese Literatur versuchte, so Terrahe und Schefers, eine aus den Fugen geratene Ordnung wiederherzustellen.

Die Arbeitsrunden des Kolloquiums behandeln die Themenfelder „Medizin und Heilkunde zwischen Antike und Frühmittelalter“, „Medizin, Religion und Magie“, „Glossographie zwischen Latein und Volkssprache“, „Praxeologie im Pal. lat. 220 (Lorscher Bienensegen)“, „Marginalität und Materialität“, „Magie, Heilung und Ritual“, „Segen und Wunder: heilige Magie?“ sowie „Zwischen Magie und Liturgie“. red

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