Bergstraße. Die Wälder strahlen derzeit in saftigem Grün. Denn es ist Vegetationszeit. In der Forstwirtschaft steht der Begriff für den Zeitraum von März bis September, in dem die Bäume wachsen. Doch ein genauerer Blick zeigt: Die Baumkronen der Buchen sind licht. Wer vom Stamm aus nach oben schaut, sieht keine kugelrunde Laubkrone, sondern viele dürre Äste.
„Die Bäume kämpfen immer noch mit den Folgen der Trockenjahre“, berichtet Michael Jakob. Er ist Revierleiter für das Forstgebiet Bergstraße-Süd. Jakob spielt auf die Jahre 2018, 2019 und 2020 an, in denen es jeweils fast sechs Monate lang nicht richtig regnete. Die eigentlich grüne Belaubung der Bäume verfärbte sich schon in den Sommermonaten braun. „So etwas haben wir im Forst noch nicht erlebt. Und die wenigen Regentropfen, die es gab, sind schon verdunstet, bevor sie dort angekommen sind, wo sie gebraucht werden.“ Damit meint Jakob die Wurzeln der Bäume. Denn der verbliebene Schaden liegt vor allem unter der Erde und ist für den Waldbesucher nicht sichtbar. „Die Wurzeln werden noch fünf bis zehn Jahre brauchen, bis sie sich erholt haben“, meint der Forstexperte.
Fichte stark betroffen
Wie setzt sich der Holzpreis zusammen?
Aus einem Baum können verschiedene Rohstoffe gewonnen werden, deshalb gibt es für Baumsorten unterschiedliche Preise – genau wie für die einzelnen Bestandteile eines Baums. Holzpreise schwanken je nach Lage. Besonders wichtig für den Holzpreis ist die Fichte.
Als Leitbaumart gibt sie den Preis für andere Arten wie die Buche vor. Das Stammholz einer Buche liegt derzeit 70 bis 80 Euro pro Festmeter (fm). Kronenholz gibt es 40 bis 50 Euro pro fm. Dieses Holz wird als Industrieholz für die Herstellung von Taschentüchern oder Papier verwendet. Die Eiche ist wiederum besonders stabiles Holz, das zum Möbelbau verwendet wird. Die Preise können im Bereich von mehreren Hundert Euro pro fm liegen.
Über zu hohe Holzpreise ärgern sich gerade Bauunternehmen. Im Bezirk Odenwald von Förster Udo Banspach stiegen die Preise nach dem Tief der Trockenzeit von 25 bis 30 Euro wieder auf 100 bis 110 Euro pro fm. Zurückzuführen sei das auf den Bau-Boom in den USA, die wegen starken Käferbefalls ihr Holz nicht mehr aus Kanada beziehen und es stattdessen aus Europa importieren. Dadurch entstand eine große Nachfrage, die nicht bedient werden konnte. Denn wegen der Trockenheit gab es viel dürres Holz und damit wenig stabiles Bauholz. „In nächster Zeit sollte sich der Preis wieder einpendeln, weil Holz nachkommt und der Bedarf gedeckt werden kann“, vermutet Revierleiter für Bergstraße-Süd, Michael Jakob. vs/ü
Ähnliches beobachtet Förster Udo Banspach für den Forstbezirk Odenwald, der von Mannheim über Heidelberg und Weinheim bis nach Wertheim reicht. In zehn Revieren bewirtschaftet das Forstamt jeweils 13 000 Hektar Waldfläche. „Die Bäume sind nach wie vor gestresst“, fasst der Förster zusammen. Vor allem die Hauptbaumart Fichte hat es im Forstgebiet stark getroffen. Sie braucht besonders viel Feuchtigkeit, da sie nicht so tief wurzelt wie andere Baumarten.
Neben den Folgen der Trockenheit kommt noch ein weiteres Problem hinzu. Und das ist nur so groß wie der Kopf eines Streichholzes: Der Borkenkäfer befällt vor allem Fichtenbestände und bringt auch gesunde Bäume zum Absterben. „Die Trockenheit hat die Ausbreitung des Käfers sehr begünstigt“, erklärt Banspach. Im Wirtschaftsjahr 2020/21 hat das Forstamt rund 100 000 Festmeter (entspricht einem Kubikmeter) Holz eingeschlagen, davon anteilig rund 39 000 Festmeter Fichtenholz. Auf diese Menge kamen wiederum 14 000 Festmeter Käferholz. „Die Menge an Käferholz hat sich aber reduziert, weil wir den Befall wieder besser im Griff haben“, so der Förster.
Nässe und kühle Temperaturen
Grund dafür ist der bisher recht milde Sommer. Denn Nässe und kühle Temperaturen mögen die Schädlinge gar nicht. „Deshalb geht es dem Wald auch besser als in den Vorjahren. Das ist eine gute Verschnaufpause. Aber die macht die Schäden natürlich nicht rückgängig,“ betont auch Joachim Weirich aus Bad Dürkheim. Dort hat das Forstamt üblicherweise jedes Jahr mit Waldbränden zu kämpfen. „Dieses Jahr hatten wir keinen einzigen Waldbrand“, berichtet Weirich. Eigentlich ist der Pfälzerwald mit seinem Sand- und Sandsteinboden besonders anfällig dafür, weil die Bäume mit weniger Wasser versorgt werden und austrocknen.
„Das Harz der Bäume fungiert dann auch noch als natürlicher Brandbeschleuniger.“ Weil der Sand- und Sandsteinboden Wasser schlechter speichern kann als Gestein aus Lehmschichten, wachsen im Pfälzerwald auch weniger Fichten. „Unsere Hauptbaumart ist die Buche. Die Fichte macht nur sechs Prozent aus.“ An der Bergstraße sowie in Mannheim und Heidelberg gibt es mehr Fichtenbestände.
Und wie steht es um den Wald? „Aktiv können wir nichts zur Gesundung der Bäume beitragen, sondern müssen uns auf Licht und Regen verlassen“, meint Jakob. Für die kommenden Jahre ist allerdings eine Düngungsaktion geplant, die vom Land gefördert wird, verrät der Revierleiter. „Damit können wir die Bäume zumindest in puncto Nährstoffe unterstützen.“
Und bis dahin führen auch Banspach und seine Kollegen das „Monitoring“ fort. „Damit überwachen wir zumindest den Käferbefall, der uns in den Sommermonaten gefährlich werden kann.“ Und entdecken sie Bohrmehl oder Harz an den Bäumen, laufen meist ganz schnell die Motorsägen. /ü
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