Gastronomie

Der Watzenhof in Hemsbach schließt im Oktober 2024

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer und Zurückzahlung der Coronahilfe führte bei dem Restaurant zu Umsatzeinbußen. Die Zukunft des Restaurants ist ungewiss.

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cal/ü
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Dominik Rautenberg – hier auf der großzügigen Terrasse des Watzenhofes – macht Schluss. Elf Jahre war er Pächter des Traditionshauses. Von der Selbstständigkeit hat er genug. © Michael Callies

Rhein-Neckar. Jetzt ist es kein Gerücht mehr. Der Pächter des weit über Hemsbach hinaus bekannten Restaurants „Der Watzenhof“ in Balzenbach, Dominik Rautenberg, hört auf. Auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte Rautenberg, „dass wir am 30. September zum letzten Mal öffnen werden“.

Seit elf Jahren – genauer seit 1. März 2013 – betreibt der ehemalige Chefkoch der Fuchs´schen Mühle (Weinheim) das Traditionshaus, das bereits im 12. Jahrhundert, zu Barbarossas Zeiten, im Lorscher Codex erwähnt wurde. Ob Zirbelstube, Gut Stubb oder Bauernstube – in den urigen und rustikalen Räumen im „Watzenhof“ musste man sich einfach wohlfühlen und durfte sich immer auf qualitativ hochwertige Speisen aus der Region und kreative Ideen freuen – ebenso lud die großzügige Terrasse immer zum Verweilen ein.

Bei Kochevents wurden Gäste im Restaurant "Der Wartzenhof" verwöhnt

Auch zahlreiche erfolgreiche Kochevents fanden hier statt und lockten nicht nur Gäste aus der Umgebung in den Hemsbacher Stadtteil. Kulinarisch verwöhnten Rautenberg und sein Team auch die Gäste beim „Comedy Club“, zu dem erst im vergangenen Jahr wieder Franz Kain in die Alte Druckerei nach Weinheim eingeladen hatte.

„Der Watzenhof“ hat sich unter der Führung von Rautenberg und trotz Corona wieder einen erstklassigen Namen erarbeitet, auch wenn es nach Rautenbergs Aussage immer schwieriger wurde, genügend Personal zu bekommen.

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Deshalb überrascht die Ankündigung des Pächters jetzt umso mehr. Der macht unter anderem die Rücknahme des zu Pandemiezeiten eingeführten ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für seinen Entschluss verantwortlich.

Die Speisen auf der Karte wurden teurer

Im Januar dieses Jahres wurde die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder von 7 auf 19 Prozent angehoben, die am 1. Juli 2021 mit dem Corona-Steuerhilfegesetz von der Bundesregierung zunächst gesenkt worden war. Damit wurden auch die Speisen auf seiner Karte teurer. „Wir haben das direkt am Umsatz gemerkt“, sagt Rautenberg.

Erschwerend kam hinzu, dass der „Watzenhof“ noch nie auf Laufkundschaft bauen konnte, sondern immer schauen musste, „dass Gäste gehalten werden, damit sie wiederkommen“. Rautenberg: „Durch die Erhöhung kamen jetzt einfach weniger Gäste. Es hat sich für uns nicht mehr rentiert.“

Klage vor Gericht wegen Coronahilfe

Rautenberg klagt außerdem vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Obwohl der „Watzenhof“ während Corona einmal zwei Monate und einmal über sieben Monate schließen musste und während dieser Zeit nachweislich erhebliche Umsatzeinbußen hatte, musste Rautenberg die Coronahilfe komplett zurückzahlen. „Das lasse ich mir nicht gefallen“, begründet er seinen Schritt, jetzt vor Gericht zu ziehen.

Dass Rautenberg in den vergangenen Jahren durchaus kreative Ansätze hatte, das Tagesgeschäft gewinnbringender zu gestalten, macht auch die Tatsache deutlich, dass es im Gartenbereich seit gut zwei Jahren eine Partnerschaft mit der Partyhüttenvermietung Uding gab.

Das Aus für die Eventlocation Almhütte

Die Partylocation für bis zu 50 Personen im Almhüttenstil konnte für Feiern, Jubiläen, Hochzeiten oder Geburtstage angemietet werden. Das Getränke- und Speisenangebot wurde hier individuell mit dem Watzenhof-Team abgestimmt. Die Buchung der Hütte wurde ebenfalls über den „Watzenhof“ abgewickelt – eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Vorteil für alle Partygänger waren auch die Übernachtungsmöglichkeiten direkt vor Ort im Hotel.

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Mit dem Aus des Pächters sucht auch Vivien Fath aus Nieder-Liebersbach, die für die Partyhütte verantwortlich zeichnet, dringend eine neue „Bleibe“. Auf Nachfrage unserer Zeitung sagt Fath: „Wir hoffen, dass wir bald einen neuen Standort finden.“ Mit dem Abtransport der Hütte, die rund 100 Quadratmeter Innenfläche und einiges an Gewicht hat, werde es keine Probleme geben. Vor Corona wurden die Hütten mobil angeboten und mussten von Wochenende zu Wochenende „umziehen“. Im Auf- und Abbau sei man also fit.

45 Mitarbeiter sind von der Schließung des "Watzenhofs" betroffen

Vom Aus des „Watzenhofes“ betroffen sind insgesamt fünf Festangestellte und rund 40 freie Mitarbeiter. Alle wurden laut Dominik Rautenberg bereits über den Entschluss, das Hotel-Restaurant zu verlassen, rechtzeitig informiert. „Ich bin optimistisch, dass sie mir bis zum Schluss die Treue halten und mich jetzt nicht allein lassen.“ Rautenberg selbst hat bereits Alternativen im Blick, wie es für ihn beruflich weitergehen kann.

Fakt ist: „Ich werde nicht mehr in die Selbstständigkeit gehen, sondern andere Möglichkeiten nutzen.“ Soll heißen, dass Rautenberg wohl auf der Suche nach einer Festanstellung ist. In welchem Bereich, ließ er offen. Bis zum 30. September will er für seine Gäste die Frischeküche aufrechterhalten und hofft in den letzten Wochen als Pächter des „Watzenhofes“ auf jede Menge Arbeit.

Wie geht es jetzt weiter mit dem „Watzenhof“? Eine Stellungnahme von Manuel Konstantin Rücker von der Besitzer-Familie war kurzfristig nicht zu bekommen. cal/ü

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