Bergstraße. Wie wäre es mal mit einer Tour in den Süden? Also in den Süden des Hessenlandes? Da sind wir doch schon? Ja, richtig – aber ein bisschen mehr Süden geht dann doch noch: Die Rede ist von Neckarsteinach, der Vierburgenstadt, in deren Stadtgebiet sich der tatsächlich südlichste Punkt Hessens befindet. Das alleine ist natürlich nur eine Besonderheit für eingefleischte Geografen, aber das Städtchen hat noch sehr viel mehr zu bieten. Und 15 Kilometer östlich von Heidelberg gelegen, ist es beispielsweise von Bensheim aus in weniger als einer Stunde bequem mit dem Auto zu erreichen und ein attraktives Ausflugsziel.
Neckarsteinach trägt den Beinamen Vierburgenstadt aus gutem Grund. Wie an einer Perlenschnur aufgereiht, ragt ein Quartett von vier Burgen aus den grünen Hängen – Vorderburg, Mittelburg, Hinterburg heißen drei von ihnen. Die vierte im Bunde trägt offiziell den Namen Burg Schadeck, ist aber als „Schwalbennest“ besser bekannt.
Zwei von vier in Privatbesitz
Vorderburg und Mittelburg befinden sich in Privatbesitz und können nur mit Genehmigung besichtigt werden – anders als ihre beiden Schwestern. Historischer Ausgangspunkt der vier altehrwürdigen Gemäuer ist die über der Altstadt gelegene und mit der Stadtmauer verbundene Vorderburg, die vermutlich bereits zum Zeitpunkt der urkundlichen Erstnennung Neckarsteinachs und der Steinacher im Jahr 1142 existierte. Sie blieb immer im Lehensbesitz der Herren von Steinach bis zu deren Aussterben im Jahre 1653. Um 1200 lebte in ihren Mauern der Minnesänger Bligger von Steinach, de einige Wissenschaftler mit dem Nibelungenlied in Verbindung bringen. Der Baubestand der Burg schrumpfte im 18. Jahrhundert durch Abbrüche auf den heutigen Rest aus Bergfried und Steinhaus.
Die Mittelburg wurde wohl gegen 1200 in topographisch eher ungünstiger Lage westlich der Vorderburg erbaut und erlebte im Laufe der Jahrhunderte Umgestaltungen zunächst im Stil der Renaissance und im 19. Jahrhundert im neogotischen Stil.
Bald nach der Mittelburg muss auch die Hinterburg entstanden sein. Der Ausbau ihrer Befestigungsanlagen zu einem dreifachen Mauerring erfolgte allerdings erst zwischen 1426 und 1450. Die Hinterburg wurde um 1630 – in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges – Ruine, doch ist sie mit ihrer erhalten gebliebenen Bausubstanz heute die eindrucksvollste der vier Burgen.
Als letzte des Quartetts entstand 1335 im Steilhang über dem Neckar Burg Schadeck, die allerdings wohl schon im späten 15. Jahrhundert zur Ruine wurde. Dank ihrer pittoresken Lage wird sie seit jeher „Schwalbennest“ genannt. Sie ist heute das Wahrzeichen von Neckarsteinach.
Von Rittern und Burgfräulein
Wer tiefer in die Geschichte der Stadt und ihrer vier Burgen einsteigen möchte, der sollte sich bei einer Stadtführung in die Zeiten von Rittern und Burgfräulein entführen lassen – oder sich zumindest im Informationszentrum des Geopark-Eingangstores Süd (Neckarstraße 47) umschauen. Im dortigen Obergeschoss erwartet die Besucher eine große Burgenausstellung. Diese Erlebnisausstellung zum Thema Burgen und Schlösser im Odenwald mit Karten und PC-Arbeitsplätzen gibt einen Überblick über die mehr als hundert sehenswerten Anlagen des Geoparkgebietes. Ebenfalls im Geopark-Infozentrum zu finden ist im zweiten Obergeschoss eine Ausstellung über Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857), der beeinflusst war von der romantischen Geistesbewegung, zu deren Zentrum des 19. Jahrhunderts Heidelberg wurde.
Man muss nicht unbedingt die Burgen hoch über Neckarsteinach erklettern, um in der Stadt am Neckar etwas zu unternehmen. Am Flussufer entlang führt eine fünf Kilometer lange befestigte Promenade ohne Autoverkehr. Am Neckar laden zudem der Nibelungengarten und mehrere Ruheanlagen zum Entspannen ein. Oder man schaut sich auf eigene Faust in den altehrwürdigen Mauern des Städtchens um: Reste der Stadtmauer sind ebenso erhalten wie alte Höfe und mehrere Brunnen – wie der Kirchenbrunnen aus dem Jahr 1790 oder der Schifferbrunnen, der aus fünf übereinander gesetzten Schiffsschrauben besteht und 1997 vom traditionsreichen Schifferverein gestiftet wurde.
Zu dem nicht einmal 4000 Einwohner zählenden Neckarsteinach gehören auch die drei Stadtteile Darsberg, Grein und Neckarhausen. Und zusammen mit dem wenige Kilometer nordöstlich und neckaraufwärts gelegenen Hirschhorn bildet das hessische Neckartal eine Exklave, eingeschlossen von baden-württembergischen Kommunen.
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