Jubiläum

Dentsply Sirona: 60 Jahre dentale Innovationen „made in Bensheim“

Dentsply Sirona feiert mit 2000 Mitarbeitern / Eine Reise durch die Biografie des größten Arbeitgebers im Landkreis Bergstraße

Von 
Thomas Tritsch
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© Thomas Neu

Bergstraße. Dentsply Sirona hat Standorte in über 40 Ländern der Erde. Doch seine erste Reise als CEO führte Simon Campion nach Bensheim. Mit gutem Grund: Die Stadt ist nicht nur der weltweit größte Fertigungsstandort der Dentalindustrie, sondern steht auch seit 60 Jahren für regelmäßige Produkt-Innovationen und kontinuierliches Wachstum. „Dieser Erfolg wurde dank der Menschen möglich, die hier tätig sind“, so der gebürtige Ire, der am 12. September zum neuen Chef des weltweit größten Branchen-Players ernannt wurde.

Es sei ihm eine Herzensangelegenheit, persönlich beim Jubiläum dabei zu sein, so Campion. Die rund 2000 Mitarbeiter und Führungskräfte hätten an der örtlichen Erfolgsgeschichte einen maßgeblichen Anteil. Der Standort verfüge über einen enormen Wissens-Schatz, der ein großes Erbe darstelle. Im Rahmen des Familientags, den das Unternehmen am Samstag im großen Stil gefeiert hat, besichtigte der neue CEO unter anderem die Produktionswerkstätten und die beiden Innovationszentren auf dem Firmenareal an der Werner-von-Siemens-Straße, das sich in sechs Jahrzehnten beachtlich entwickelt hat: Vom kleinen Industriegebiet auf einem Ackerland im Westen der Stadt zum größten Produktionsstandort der Unternehmensfamilie.

Zum „Tag der Familien“ kamen am Samstag knapp 4000 Menschen auf das Betriebsgelände von Dentsply Sirona in Bensheim. Viel Spaß hatten auch die Kinder, die Zahnärzte spielen durften. © Thomas Neu

In den vergangenen 60 Jahren haben sich die Dentalbranche und das Unternehmen grundlegend gewandelt, so Jan Siefert, Vice President Operations und Geschäftsführer am Standort Bensheim, bei einer vitalen Tour d’Horizon vor Pressevertretern. Am Pioniergeist und der Innovationskraft habe sich in alle den Jahren aber nichts verändert. Siefert, der seit über 30 Jahren im Unternehmen tätig ist, blickte zurück auf die Anfänge des Standorts im Jahr 1962, als die damaligen Siemens Reiniger Werke aus Erlangen an der Bergstraße den Grundstein für die größte und eine der modernsten Dentalfabriken der Welt gelegt haben.

Damals zog die komplette Dentalsparte von Siemens mitsamt 60 Mitarbeitern nach Bensheim, in erster Linie aufgrund chronischen Platzmangels in der fränkischen Heimat. Rein zufällig bot die Stadt ein Grundstück auf der landwirtschaftlich genutzten Gemarkung Kälberpfad zum Verkauf an. „Gutes Hinterland für männliche Arbeitskräfte“, hieß es im Zeitungsinserat. Die Lage zwischen dem, was man heute Metropolregionen nennt, war attraktiv, und der Nachschub an Ingenieuren und dental gut ausgebildeten Akademikern erfreulich. Die Wurzeln begannen zu wachsen. 1985 festigte Bensheim seinen innovativen Ruf mit dem Cerec-System, eine CAD/CAM-Methode zur Rekonstruktion von Zahnrestaurationen, die den Dentalmarkt revolutioniert hat.

Simon Campion: „Ich bin ein Bensheimer“





Zur Geburtstagsfeier (60 Jahre Standort Bensheim) am Samstagabend kam überraschend auch der neue Konzernchef von Dentsply Sirona, Simon Campion, aus den USA angereist. Er ist erst seit zwei Wochen im Amt. „Das nenne ich Wertschätzung“, begrüßte ihn Jan Siefert, Geschäftsführer am Standort Bensheim.

Campion streichelte die Mitarbeiter-Seele in seiner Geburtstagsrede. Der Standort habe schon heute seinen Platz in der Historie der Dentalbranche, hob er hervor. Und nahm daraufhin selbst eine Anleihe in der Geschichte. „Ich bin ein Bensheimer“, sagte er in Anlehnung an den US-Präsidenten John F. Kennedy. „Ich bin ein Berliner“, rief dieser im Jahr 1963 Zehntausenden vor dem Schöneberger Rathaus zu. Er stellte damit klar, dass die USA West-Berlin nicht dem sowjetischen Kommunismus überlassen werden.

Jan Siefert, der launig durch den Abend und die Geschichte des Standorts führte, richtete dann den Blick wieder nach Bensheim und nach vorne. Vor den rund 1400 Mitarbeitern im riesigen Festzelt sagte er: „Wir wachsen, wir werden weiter wachsen, wir haben hier in Bensheim eine sichere und glänzende Zukunft.“ Und machte kurz darauf aber auch klar, was ein Hemmnis für künftiges Wachstum sein könnte: Man suche neue Mitarbeiter, vor allem in der Produktion und auch in der Entwicklung. „Wer jemanden kennt, der Interesse hat, bitte melden.“ mir

Nach der Wiedervereinigung wartete der nächste Meilenstein: das Unternehmen witterte enorme Chancen auf dem Markt in Ostdeutschland. Also mietete man 1990 das ICC in Berlin und lud alle Zahnärzte der DDR ein. Im Kongresszentrum waren gante Zahnarztpraxen aufgebaut. Ein Wagnis, das sich bald auszahlen sollte: Die Aufträge explodierten, über Nacht wurde Siemens dental zum Marktführer in Gesamtdeutschland. 1995 wurde das erste digitale Panoramaröntgengerät vorgestellt.

Bis 1997 verlief alles ruhig, dann folgte der Schock: Mit dem Verkauf der Siemens Dentalsparte an einen Finanzinvestor und dem neuen Namen Sirona wurde das Unternehmen zwar internationaler und gewann immer mehr an Bedeutung, doch die Branche reagierte aufgeregt auf die Übernahme. Der Begriff „Private Equity“ hatte damals in Deutschland keinen guten Klang, so Jan Siefert. Nach mehreren Eigentümerwechseln und der Notierung an der New Yorker Tech-Börse Nasdaq im Jahr 2006 folgte zehn Jahre später die Fusion von Sirona mit dem US-Hersteller Dentsply International. „In diesem Jahr haben wir wirklich massive Veränderungen erlebt“, betont Siefert: Standorte von Dentsply wurden zusammengelegt, Unternehmenssparten in Bensheim gebündelt. Eine herausfordernde Zeit für alle, aus der man letztlich aber gestärkt hervorgegangen ist. Durch den Zusammenschluss ist Dentsply Sirona zum weltweit größten Hersteller professioneller Dentalprodukte und -technologien mit rund 16 000 Mitarbeitern und einer Vertriebspräsenz in mehr als 120 Ländern geworden.

Im Zeichen der Familie

Die Feierlichkeiten zum 60. Geburtstag von Dentsply Sirona Bensheim standen am Samstag ganz im Zeichen der Familie.

Die Mitarbeiter waren eingeladen, das Standortjubiläum beim „Tag der Familien“ groß zu feiern. Insgesamt kamen über den gesamten Tag knapp 4000 Menschen auf das Betriebsgelände, wo ein großes Unterhaltungsprogramm geboten wurde.

Bei organisierten Führungen durch den Showroom und die Fertigung erlebten Gäste historische Produkte hautnah und lernten die neuesten Innovationen bei Dentaltechnologien kennen, die in Bensheim entwickelt und produziert werden.

Eine exklusive Abendveranstaltung im großen Festzelt mit rund 1300 Gästen rundete das Jubiläumsfest ab. tr

Am Standort Bensheim sind rund 300 Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung beschäftigt, in den vergangenen 25 Jahren wurden hier mehr als 2 750 000 rotierende Instrumente, knapp eine Viertelmillion Röntgengeräte und rund 220.000 Zahnarztstühle hergestellt – rund 10 000 laufen jedes Jahr über die modernen Produktionslinien in den Montagehallen auf dem Werksgelände, das in den vergangenen zehn Jahren immer wieder baulich erweitert und aufgewertet wurde. Laut Siefert wird in den Standort jährlich ein zweistelliger Millionenbetrag investiert

Die Pandemie hatte auch Dentsply Sirona kalt erwischt – einen Monat lang wurden Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, intern hatte man in Windeseile ein Hygiene- und Sicherheitskonzept samt Monitoring eingeführt. Zudem gab es eine Impfkampagne direkt im Werk. Nach vier Monaten Corona-Pause wurden im August 2020 wieder die Tore der Dentsply Sirona Academy (das interne Schulungs- und Trainingscenter) geöffnet. Bereits 2021 hatte sich der Dental-Markt wieder regeneriert. Aktuell ist das Unternehmen wieder auf offensivem Kurs, rund 100 Mitarbeiter sollen demnächst eingestellt werden. Vor allem in der Entwicklung und in der Fertigung sucht man händeringend nach guten Köpfen.

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Das Wachstum dauert an. Und es ist abzusehen, dass der Standort weiter sein Gesicht verändern wird. Eine Phase, die Jan Siefert sehr zuversichtlich kommentiert:

Dentsply Sirona sei seit jeher ein Tempomacher in Sachen Expansion. Diese Dynamik werde durch die steigende Digitalisierung in der Branche noch zunehmen. Aufgrund der enormen Datenmengen etwa bei der Neuentwicklung von Bildgebungssystemen sei die Cloud der Weg der Zukunft: Die meisten Ausfälle in modernen Zahnarztpraxen seien überlasteten Servern geschuldet.

Man werde in Bensheim weiter investieren, sagt auch Simon Campion. Der Standort sei nach wie vor einer der bedeutendsten im weltweiten Netzwerk von Dentsply Sirona. Bensheim habe in sechs Jahrzehnten beispielhaft vorgeführt, wie man von einem deutschen Champion zu einem Global Player werden kann.

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