Bergstraße. Seit einigen Monaten schon und nun noch einige Zeit länger versuchen interne und externe Ermittler in der Zentrale des Dentaltechnikkonzerns Dentsply Sirona in den USA Unregelmäßigkeiten in der Finanzberichterstattung aufzuklären. Denn zum wiederholten Mal muss der Konzern bei der Börse Nasdaq um Aufschub für die Veröffentlichung von Quartalszahlen bitten. Die Sirona-Aktie ist an der Technologiebörse Nasdaq notiert.
Die jüngste Frist der Börse wäre am 9. August abgelaufen. Das wird nach Angaben des Unternehmens nicht zu schaffen sein. Weder Dauer noch Ergebnis der Untersuchungen könne man vorhersagen, wurde mitgeteilt. Ob und inwieweit der große Sirona-Standort in Bensheim betroffen ist, ist nicht bekannt. Es gilt aber als äußerst unwahrscheinlich, dass Bensheim involviert ist.
Bisher bekannt ist, dass es bei den Ermittlungen um mutmaßliche Abmachungen mit Händlern aus den USA geht. Die könnten Ausrüstungen für Zahnarztpraxen und Verbrauchsmaterial von Dentsply Sirona auf Halde eingekauft haben. Dentsply Sirona hätte so bessere Geschäftszahlen veröffentlichen können, obwohl die Produkte nicht an Zahnärzte verkauft gewesen waren, sondern bei den Händlern lagerten. Auch von Mängeln bei internen Kontrollen ist die Rede. Die ganze Angelegenheit spielt sich offenbar in der US-Zentrale des Konzerns ab.
Der frühere Konzernchef Don Casey, der offensichtlich in die Unregelmäßigkeiten verwickelt war, musste im April diesen Jahres Knall auf Fall gehen. Ein Rauswurf. Ein Interimschef aus dem Verwaltungsrat wurde an die Konzernspitze berufen. Ein neuer Konzernchef wird noch immer gesucht. Und der einstige Sirona-Finanzvorstand Jorge Gomez, der beim Impfstoffhersteller Moderna (bekannt durch Corona-Impfstoff) anheuerte, blieb dort nur zwei Tage. Mit einer Abfindung 700 000 Dollar wurde das üppig honoriert. Ein Zusammenhang mit den Vorkommnissen bei Sirona wurde damals als Grund für den schnellen Abschied genannt.
Und weil die Finanzberichterstattung weiterhin unvollständig ist, meldete der Konzern gestern auch nur einige vorläufige Zahlen für das zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres. An der Börse kamen diese Zahlen gut an. Der Aktienkurs legte im Handelsverlauf auf 36,80 Dollar zu. Vor einem Jahr notierte das Papier jedoch noch bei knapp 60 Dollar. Seither ging es bergab.
Operativ habe sich die Leistung im zweiten Quartal verbessert, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns. Nettoumsatz und bereinigtes Ergebnis je Aktie liegen voraussichtlich über den Vergleichszahlen des ersten Quartals.
Solide Leistung in Europa
Während der Umsatz im Jahresvergleich aufgrund von Wechselkurseinflüssen (starker Dollar) zurückging, sei es operativ (ohne Währungseinflüsse) besser gelaufen. Das sei unter anderem auf eine solide regionale Leistung in Europa zurückzuführen. Im zweiten Quartal habe das Unternehmen auch eine Normalisierung der Händlerbestände feststellen können. Überdies haben Produkteinführungen und Preiserhöhungen zum Geschäft beigetragen. Dem entgegen standen anhaltende Lieferengpässe und schwächere Umsätze in China aufgrund der dortigen Corona-Lockdowns.
Und so wird ein Nettoumsatz im zweiten Quartal von mehr als 1,01 Milliarden Dollar (Vorjahr: 1,06 Milliarden Dollar) erwartet, das bereinigte Ergebnis je Aktie soll bei oder über 0,60 Dollar (Vorjahresquartal: 0,45 Dollar) liegen.
Die Marge und das Ergebnis je Aktie seien durch die zeitliche Verschiebung mancher Ausgaben positiv beeinflusst, die sich im dritten und vierten Quartal auswirken werden, heißt es in der Mitteilung weiter. Ein aktualisierter Ausblick für das ganze Geschäftsjahr soll folgen, wenn die Quartalsberichte ordnungsgemäß bei der Börse eingereicht werden.
Dass die Quartalsberichte 2022 korrigiert werden müssen, ist bekannt. Neu ist seit gestern, dass „Anpassungen bei den für das Geschäftsjahr 2021 ausgewiesenen Zahlen“ geprüft werden. Bei der Börse wurde eine weitere Fristverlängerung zur Veröffentlichung endgültiger Quartalsberichte beantragt. Stimmt die Börse dem Antrag zu, endet die nächste Frist am 7. November.
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